VG Kassel

Merkliste
Zitieren als:
VG Kassel, Urteil vom 18.11.2009 - 5 K 1130/07.KS.A - asyl.net: M17162
https://www.asyl.net/rsdb/M17162
Leitsatz:

Widerruf einer Flüchtlingsanerkennung aus dem Jahre 1993, da keine politisch motivierte Verfolgung wegen illegaler Ausreise aus China und Asylantragstellung mehr droht. Zwar können Verstöße gegen die Ein-Kind-Politk seit dem 1.9.2002 mit empfindlichen Geldbußen geahndet werden; darüber hinaus besteht auch die Gefahr weiterer Nachteile bis zum Arbeitsplatzverlust, insoweit fehlt jedoch die Asylrelevanz.

Schlagwörter: Widerruf, Widerrufsverfahren, Flüchtlingsanerkennung, China, Asylantrag, illegale Ausreise, Ein-Kind-Politik, Asylrelevanz, Repressalien
Normen: AsylVfG § 73 Abs. 1 S. 1
Auszüge:

[...]

Der Kläger ist chinesischer Staatsangehöriger. Er wendet sich gegen den Widerruf der Feststellung, dass Abschiebungshindernisse hinsichtlich China vorliegen. [...]

Der Widerrufsbescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 24.07.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). [...]

Die Voraussetzungen gemäß dem festgestellten Abschiebungsverbot nach § 51 Abs. 1 AuslG liegen nicht mehr vor, weil nicht ersichtlich ist, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Heimatland Verfolgung aus politischen Gründen droht. Soweit dies in der anerkennenden Entscheidung vom 28.05.1993 im Hinblick auf die illegale Ausreise aus China und Asylantragstellung angenommen wurde, kann diese Prognose nicht aufrechterhalten werden. Bei einer Rückkehr nach China ist allein deshalb nicht mit asylerheblichen administrativen oder strafrechtlichen Maßnahmen zu rechnen. In seinem Lagebericht vom 14.05.2009 führt das Auswärtige Amt aus, dass die Verletzung von Grenzübertrittsbestimmungen keine politisch begründeten, unmenschlichen oder erniedrigenden Repressalien auslöse. Eine heimliche Grenzüberschreitung werde in der Praxis nur gelegentlich und dann nur mit Geldbußen geahndet. Weiterhin heißt es dort, dass die Asylantragstellung keinen Straftatbestand darstelle. Rückkehrer hätten nur dann mit Repressalien wegen ihres Auslandsaufenthaltes zu rechnen, wenn sie als gefährlich für die Regierung oder die Partei angesehen würden, wofür im Fall des Klägers keinerlei Anhaltspunkte bestehen. Für Verstöße gegen die Ein-Kind-Politik gelte seit dem 01.09.2002 die Rechtslage, dass diese mit empfindlichen Geldbußen geahndet werden könnten. Darüber hinaus bestehe die Gefahr, weitere Nachteile bis zum vorübergehenden Arbeitsplatzverlust zu erleiden. Unabhängig davon, ob dem Kläger noch irgendwelche Repressalien wegen des vor fast 20 Jahren geborenen Kind drohen könnten, wären solche aber nicht asylrelevant.

Soweit der Kläger sich auf eine mögliche Geldbuße beruft, die im Zusammenhang mit dem Verstoß gegen die Ein-Kind-Politik drohen könnte, ist hier kein Zusammenhang mit dem asylrechtlichen Verfolgungsschutz zu erblicken. Der Kläger hat im Übrigen nicht dargetan, zu welchen strafrechtlich ahndungsfähigen Tatbeständen sein Verhalten geführt haben könnte.

Anhaltspunkte für Abschiebungsverbote im Sinne des § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG sind weder vorgetragen noch ersichtlich, so dass mit dem Wegfall der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG die Voraussetzungen für den Widerruf gegeben sind. [...]