VG Saarland

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Zitieren als:
VG Saarland, Beschluss vom 03.05.2010 - 10 L 192/10 - asyl.net: M17015
https://www.asyl.net/rsdb/M17015
Leitsatz:

Ein Ausländer ist nur dann im Verständnis des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG erforderlichen Visum eingereist, wenn er das für den aktuell begehrten Aufenthaltszweck notwendige Visum erhalten hat.

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: Aufenthaltserlaubnis, Studium, Besuchsvisum, Visumsverfahren, Ermessen
Normen: AufenthG § 16, AufenthG § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, AufenthG § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 2
Auszüge:

[...]

Der Erteilung der von dem Antragsteller begehrten Aufenthaltserlaubnis steht bereits entgegen, dass er nicht die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG erfüllt. Nach dieser Bestimmung setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis voraus, dass der Ausländer mit dem erforderlichen Visum eingereist ist (Nr. 1) und die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat (Nr. 2). Welches Visum i.S.v. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG erforderlich ist, ergibt sich aus § 6 AufenthG. Ein Schengen-Visum kann nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG nur für die Durchreise oder für kurzfristige Aufenthalte erteilt werden, während nach § 6 Abs. 4 Satz 1 AufenthG für längerfristige Aufenthalte ein Visum für das Bundesgebiet (nationales Visum) erforderlich ist, das vor der Einreise erteilt wird. Mit einem solchen nationalen Visum ist der Antragsteller nicht in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, obwohl die Absicht eines längerfristigen Aufenthaltes zum Zwecke des Studiums zu diesem Zeitpunkt unzweifelhaft vorgelegen haben dürfte. Die Behauptung des Antragstellers, vor der Einreise lediglich die Absicht gehabt zu haben, seine Mutter zu besuchen, und den Entschluss zum Studium erst nach der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland gefasst zu haben, ist vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller sich in der Vergangenheit bereits mehrere Male erfolglos um ein Studentenvisum bemüht hat, nicht glaubhaft. Davon abgesehen dürfte sich die Vorschrift zur Erforderlichkeit des Visums ohnehin an demjenigen Aufenthaltstitel orientieren, dessen Erteilung konkret beantragt ist. Es kommt daher im Rahmen von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG nicht auf den früheren, sondern maßgeblich auf den aktuell angestrebten Aufenthaltszweck an (ebenso OVG Lüneburg, Beschluss vom 01.03.2010, 13 ME 3/10, sowie VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.03.2006, 11 S 1797/05, jeweils zitiert nach juris).

Zwar kann von dem Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung der Einreise mit dem erforderlichen Visum nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Indes steht dem Antragsteller weder ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 1 AufenthG zu, noch sind besondere Umstände erkennbar, aufgrund derer es ihm unzumutbar wäre, das Visumverfahren nachzuholen.

Die Erteilung der von dem Antragsteller begehrten Aufenthaltserlaubnis zum Studium steht gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 AufenthG im Ermessen der Ausländerbehörde und vermittelt dem Antragsteller daher lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, der selbst bei einer Ermessensreduzierung auf Null einem nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vorausgesetzten strikten Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht gleichzusetzen ist (vgl. dazu OVG des Saarlandes, Beschluss vom 27.12.2007, 2 A 323/07, sowie OVG Berlin, Beschluss vom 06.10.2006, 7 S 32.06, DVBl. 2007, 68; ferner Renner, Ausländerrecht, 8. Auflage 2005, § 5 AufenthG Rdnr. 60, m.w.N.).

Von dem Vorliegen besonderer Umstände, die im Fall des Antragstellers eine Nachholung des Visumverfahrens unzumutbar erscheinen ließen, ist ebenfalls nicht auszugehen. Insbesondere hat der Antragsteller eine Unzumutbarkeit im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht mit seinem Vorbringen aufgezeigt, sowohl das Visumverfahren als auch das Studium selbst seien mit hohen finanziellen Aufwendungen verbunden und seine bisherigen Bemühungen um den Abschluss des das angestrebte Studium vorbereitenden Sprachkurses wären im Falle einer Ausreise umsonst gewesen. Dass die Nachholung des Visumverfahrens nicht unerhebliche Kosten mit sich bringt und zu Verzögerungen bei der Verfolgung des Aufenthaltszwecks führt, gehört zu den normalen Risiken einer Einreise ohne das erforderliche Visum und sind grundsätzlich ebenso wie sonstige Erschwernisse, die durch die Einhaltung des Visumverfahrens entstehen, als regelmäßige Folgen der gesetzlichen Ausgestaltung des Einreiseverfahrens hinzunehmen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 01.03.2010, 13 ME 3/10, a.a.O.; ferner Renner, a.a.O., § 5 AufenthG Rdnr. 61). [...]