SG Hildesheim

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Zitieren als:
SG Hildesheim, Urteil vom 24.03.2010 - S 44 SO 221/08 - asyl.net: M16850
https://www.asyl.net/rsdb/M16850
Leitsatz:

Weiterhin Leistungsanspruch nach dem SGB XII und nicht nach dem AsylbLG, da keine Unterbrechung des rechtmäßigen Aufenthalts. Denn der Bescheid der Ausländerbehörde, mit dem der Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis abgelehnt worden war, wurde wieder aufgehoben (vgl. § 84 Abs. 2 AufenthG).

Schlagwörter: SGB XII, Unterbrechung, rechtmäßiger Aufenthalt, Asylbewerberleistungsgesetz, Abgrenzung, Fiktionswirkung
Normen: SGB XII § 23 Abs. 1 S. 3, AufenthG § 81 Abs. 4, AufenthG § 84 Abs. 2
Auszüge:

[...]

Die Klägerin hat als iranische Staatsangehörige Anspruch auf Leistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII. Danach ist Ausländern, die sich im Inland tatsächlich aufhalten, Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe bei Krankheit, Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft sowie Hilfe zur Pflege nach diesem Buch zu leisten. Die Vorschriften des Vierten Kapitels bleiben unberührt. Im Übrigen kann Sozialhilfe geleistet werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist. Die Einschränkungen nach Satz 1 gelten nicht für Ausländer, die im Besitz einer Niederlassungserlaubnis oder eines befristeten Aufenthaltstitels sind und sich voraussichtlich dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten. Rechtsvorschriften, nach denen außer den in Satz 1 genannten Leistungen auch sonstige Sozialhilfe zu leisten ist oder geleistet werden soll, bleiben unberührt.

Die Klägerin war (u.a.) seit dem 05.04.2005 bis zum 21.04.2007 gemäß § 23 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung. Am 12.04.2007 beantragte sie bei der Stadt Göttingen die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis. Hieraufhin erteilte ihr die Stadt Göttingen am 12.04.2007 und am 08.10.2007 Bescheinigungen über die Beantragung eines Aufenthaltstitels. Im Hinblick hierauf galt § 81 Abs. 4 AufenthG, wonach bei Beantragung der Verlängerung des Aufenthaltstitels der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend gilt. Mit Bescheid vom 08.10.2007 lehnte die Stadt Göttingen die Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung ab. Diesen Bescheid hob die Stadt im Zuge eines von der Klägerin erwirkten Beschlusses des Verwaltungsgerichts Göttingen vom 08.05.2008 - Az.: ... - mit Schreiben vom 23.06.2008 (wieder) auf. Laut Verfügung vom 26.05.2008 erteilte die Stadt Göttingen der Klägerin gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG eine bis zum 10.07.2010 gültige Aufenthaltsgenehmigung.

Entscheidend ist im Hinblick hierauf, dass die für den Beklagen handelnde Stadt Göttingen den Bescheid vom 08.10.2007, mit dem sie die Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung der Klägerin abgelehnt hatte, unter dem 23.06.2008 aufgehoben hat. Danach gilt § 84 Abs. 2 letzt. Satz AufenthG, wonach eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts nicht eintritt, wenn der Verwaltungsakt durch eine behördliche oder unanfechtbare gerichtliche Entscheidung aufgehoben wird. Hiernach hatte sich die Klägerin in dem Zeitraum vom 11.01.2008 bis zum 30.06.2008 rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten bzw. galt ihr bis zum 21.04.2007 gültiger Aufenthaltstitel bis zu der stattgebenden Entscheidung der Stadt Göttingen über ihren Verlängerungsantrag am 26.05.2008 gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG fort. Danach war die Klägerin fortlaufend im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung, so dass sie für den hier im Streit stehenden Zeitraum einen Anspruch auf die begehrten Grundsicherungsleistungen nach den Vorschriften des SGB XII hat.

Die Auffassung des Beklagten. dass die "im Juli 2008" erteilte Aufenthaltserlaubnis nicht rückwirkend (ab dem 12.01.2008) erteilt worden sein soll, ist im Hinblick auf die Vorschriften der §§ 84 Abs. 2 letzt. Satz und 81 Abs. 4 AufenthG nicht nachvollvollziehbar; denn nach Aufhebung des von der Klägerin erfolgreich angefochtenen Ablehnungsbescheides vom 08.10.2007, war erneut über den Verlängerungsantrag der Klägerin vom 12.04.2007 zu entscheiden. Dies war mit dem stattgebenden Bescheid vom 26.05.2008 geschehen. Hieran ändert auch der handschriftliche Zusatz in den Verwaltungsakten "2 Jahre ab Erteilung (Neu) 10.07.2010" nichts. Denn dieser Zusatz ist nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts der Klägerin in dem Zeitraum vom 12.04.2007 bis zur Erteilung der Verlängerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung am 26.05.2008 in Frage zu stellen. [...]