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Zitieren als:
BSG, Beschluss vom 03.12.2009 - B 10 EG 6/08 R - asyl.net: M16806
https://www.asyl.net/rsdb/M16806
Leitsatz:

Der Senat hält die Anspruchsvoraussetzungen für Bundeserziehungsgeld für Ausländer mit humanitärem Aufenthalt für verfassungswidrig, soweit diese davon abhängig sind, dass derjenige, der Bundeserziehungsgeld beansprucht, im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem SGB III bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt.

Das vorliegende Verfahren wurde daher ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht wurde die Frage vorgelegt, ob § 1 Abs. 6 Nr. 2 Buchstabe c i.V.m. Nr. 3 Buchstabe b Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) mit Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz vereinbar ist.

Schlagwörter: Erziehungsgeld, Wohnsitz, Prognose, Elternzeit
Normen: AufenthG § 23a Abs. 1, BErzGG § 1 Abs. 6, GG Art. 100 Abs. 1, GG Art. 3 Abs. 1, SGB X § 2 Abs. 2, BErzGG § 24 Abs. 3
Auszüge:

[...]

Das Verfahren ist, soweit es die Gewährung von BErzg für die Zeit vom 11.7.2006 bis 4.3.2007 betrifft, gemäß Art 100 Abs. 1 GG auszusetzen. Der Senat sieht sich an einer Entscheidung des Rechtsstreits gehindert. Er ist überzeugt, dass die durch das AuslAnsprG in § 1 Abs. 6 BErzGG 2006 erfolgte Neuregelung der Voraussetzungen, nach denen ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer einen Anspruch auf BErzg geltend machen kann, insoweit mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist, als danach Ausländer, denen ein ufenthaltstitel nach § 23 Abs. 1 AufenthG wegen eines Krieges in ihrem Heimatland oder nach §§ 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG erteilt wurde, nur dann anspruchsberechtigt sind, wenn sie (neben der weiteren Voraussetzung einer gewissen Mindestaufenthaltsdauer iS des § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe a BErzGG 2006) im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig sind, laufende Geldleistungen nach dem SGB III beziehen oder Elternzeit in Anspruch nehmen. Mit dieser Regelung werden Ausländer mit den genannten Aufenthaltstiteln nach Auffassung des Senats schlechter gestellt als Deutsche und vor allem als Ausländer mit anderen Aufenthaltstiteln, ohne dass diese Unterscheidung gerechtfertigt ist. Über die Verfassungswidrigkeit dieser gesetzlichen Bestimmung zu entscheiden, ist nach Art 100 Abs. 1 GG dem BVerfG vorbehalten.

A. Entwicklung der für den Rechtsstreit bedeutsamen Vorschriften

Das BErzg wurde durch das Gesetz über die Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub (BErzGG) vom 6.12.1985 (BGBl I 2154) eingeführt. Es ist eine sozialrechtliche Leistung des Familienlastenausgleichs. Ihre nähere gesetzliche Ausgestaltung hat wiederholt Änderungen erfahren. Was die Höhe anbelangt, so betrug es im hier maßgeblichen Zeitraum - abhängig von der Einkommenssituation der Eltern - entweder 450 Euro pro Monat bei einer Bezugsdauer von einem Jahr (BErzg als sog Budget, vgl § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BErzGG idF vom 9.2.2004 <BGBl I 206>; im Folgenden: BErzGG 2004) oder 300 Euro pro Monat bei einer Bezugsdauer von zwei Jahren (BErzg als sog. Regelbetrag, vgl § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BErzGG 2004). [...]

Das BErzg wurde zunächst unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Anspruchstellers gewährt. Voraussetzung war allerdings, dass dieser einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte. Umstritten war, ob und unter welchen Umständen Ausländer, insbesondere Asylbewerber, einen Wohnsitz oder ihren ständigen Aufenthalt in diesem Sinne begründen konnten (vgl. BSG SozR 7833 § 1 Nr. 1; SozR 7833 § 1 Nr. 4). Zuletzt stellte das Bundessozialgericht (BSG) im Rahmen der sog Prognoserechtsprechung darauf ab, ob bei vorausschauender Betrachtungsweise damit zu rechnen sei, dass der ausländische Anspruchsteller dauerhaft in Deutschland bleibe (BSG SozR 7833 § 1 Nr. 7). Zu den ungeschriebenen Voraussetzungen eines Anspruchs auf BErzg rechnete das BSG, dass der Anspruchsteller in Deutschland arbeiten dürfe. Dies folge aus dem Zweck der Leistung, eine Alternative zur Erwerbstätigkeit zu bieten (vgl BSG SozR 3-7833 § 1 Nr. 1). [...]

Über die Verfassungsmäßigkeit des § 1 Abs. 1a BErzGG 1993 hatte das BVerfG mit Beschluss vom 6.7.2004 - 1 BvR 2515/95 - (BVerfGE 111, 176 = SozR 4-7833 § 1 Nr. 4) zu entscheiden. Es erklärte die Vorschrift für mit Art 3 Abs. 1 GG unvereinbar. Zur Begründung führte es aus: Zwar sei es ein legitimes gesetzgeberisches Ziel, nur denjenigen Ausländern BErzg zukommen lassen zu wollen, von denen erwartet werden könne, dass sie auf Dauer in Deutschland blieben. Der generelle Ausschluss von Ausländern mit Aufenthaltsbefugnis sei jedoch kein geeignetes Abgrenzungskriterium. Allein die formale Art des Aufenthaltstitels eigne sich nicht als Grundlage einer Prognose über die Dauer des Aufenthalts in Deutschland. Der weitere Zweck des BErzg, Eltern die eigene Betreuung ihrer Kinder durch Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit oder durch deren Einschränkung zu ermöglichen, rechtfertige es zwar, Ausländer vom BErzg auszuschließen, die aus Rechtsgründen nicht erwerbstätig sein dürften. Dies treffe jedoch nicht ohne Weiteres auf alle Inhaber von Aufenthaltsbefugnissen zu, da diese nicht schon aufgrund der Art ihres Aufenthaltstitels vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen seien.

Über die Verfassungsmäßigkeit der Nachfolgeregelungen zu § 1 Abs. 1a BErzGG 1993 entschied das BVerfG ausdrücklich nicht; es gab jedoch dem Gesetzgeber insoweit auf, diese Bestimmungen nach den aufgezeigten Kriterien ebenfalls auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu überprüfen. [...]

Zum 1.1.2007 wurde das BErzg abgeschafft und stattdessen durch das "Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit" (BEEG) vom 5.12.2006 (BGBl I 2748) das Elterngeld eingeführt (zur grundlegend anderen Konzeption des Elterngeldes vgl BSG, Urteil vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr. 1). Auch das BEEG enthält allerdings in seinem § 1 Abs. 7 zur Regelung von Ansprüchen nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer eine dem § 1 Abs. 6 BErzGG 2006 entsprechende Vorschrift, die in der jetzt gültigen Fassung vom 5.2.2009 (BGBl I 160) wie folgt lautet:

"(6) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer oder eine nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin ist nur anspruchsberechtigt, wenn diese Person

1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt,

2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde

a) nach § 16 oder § 17 AufenthG erteilt,

b) nach § 18 Abs.. 2 AufenthG erteilt und die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit darf nach der Beschäftigungsverordnung nur für einen bestimmten Höchstzeitraum erteilt werden,

c) nach § 23 Abs. 1 AufenthG wegen eines Krieges in ihrem Heimatland oder nach den §§ 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG erteilt,

d) nach § 104a AufenthG erteilt oder

3. eine in Nr.. 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und

a) sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält und

b) im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem SGB III bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt." [...]

Nach § 30 Abs. 3 Satz 1 SGB I hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen inne hat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Dabei ist entscheidend, ob ein an den objektiven Verhältnissen zu messender realisierbarer Wille vorhanden ist, an einem bestimmten Ort zu wohnen (vgl hierzu Irmen, in Hambüchen, Kindergeld, Erziehungsgeld, Elternzeit, Stand: Juni 2001, § 1 BErzGG RdNr. 29). Die polizeiliche Meldung allein reicht nicht aus (vgl BSG, Urteil vom 10.12.1985 - 10 RKg 14/85 - SozR 5870 § 2 Nr. 44). Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§ 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I).

Die Rechtsprechung des BSG bezieht in die Beantwortung der Frage, wann diese Voraussetzungen vorliegen, auch ein prognostisches Element mit ein. Die Bejahung eines Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland soll daher nach § 30 SGB I auch von einer Prognose über die Dauer des Aufenthalts einer Person in Deutschland abhängen (vgl hierzu Schlegel, in jurisPK-SGB I, 1. Aufl 2005, RdNr. 55). [...]

Auch in den folgenden Gesetzesfassungen hat der Gesetzgeber an eigenständigen Vorgaben zur Beurteilung des weiteren Verbleibs eines nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländers in Deutschland festgehalten. Seit dem 1.1.2001 (zunächst aufgrund des Dritten Gesetzes zur Änderung des BErzGG vom 12.10.2000, BGBl I 1426, geändert durch das Zuwanderungsgesetz vom 30.7.2004, BGBl I 1950, sowie das AuslAnsprG vom 13.12.2006) findet sich eine entsprechende Regelung in § 1 Abs. 6 BErzGG. Auch damit hat der Gesetzgeber sicherstellen wollen, dass nur diejenigen Ausländer, die voraussichtlich dauerhaft in Deutschland bleiben, anspruchsberechtigt sind (vgl hierzu beispielhaft die Begründung zum Gesetzentwurf des § 1 Abs. 6 BErzGG 2006, BT-Drucks 16/1368 S 8).

Hat der Gesetzgeber in diesem Sinne konkrete Maßstäbe zur Beurteilung der Bleibeprognose eines Ausländers anhand einer eigenen Vorschrift vorgegeben, ist die Klärung der Frage, ob ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer voraussichtlich auf Dauer in Deutschland bleibt, nicht mehr Bestandteil der im Rahmen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BErzGG vorzunehmenden Prüfung des Vorliegens von Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Bundesgebiet. Sie ist vielmehr allein anhand der Maßstäbe zu beurteilen, die sich in der hierzu erlassenen spezielleren Regelung (hier § 1 Abs. 6 BErzGG 2006) finden.

Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BErzGG 2006 ist folglich bezogen auf die Klägerin nur danach zu beurteilen, ob sie ein "reales Verhalten in Bezug auf einen Lebensmittelpunkt" gezeigt hat, also ein erkennbarer Wille vorhanden war, an einem bestimmten Ort in Deutschland zu wohnen. Davon ist nach den Feststellungen des SG auszugehen. Die Klägerin ist seit vielen Jahren in Deutschland. In dem hier maßgeblichen Zeitraum lebte sie mit ihrem Kind in der Stadt Br. Sie hat daher erkennbar ihren Lebensmittelpunkt nach Deutschland verlagert und einen Wohnsitz in Deutschland begründet. Ob die Klägerin aus damaliger Sicht auch voraussichtlich dauerhaft hier bleiben würde, ist vorrangig nach § 1 Abs. 6 BErzGG 2006 zu prüfen.

bb) Die Klägerin hat nach § 1 Abs. 6 Nr. 2 Buchstabe c iVm Nr. 3 BErzGG 2006 keinen Anspruch auf BErzg. Zwar ist sie nicht schon allein aufgrund ihres Aufenthaltstitels von einem BErzg-Anspruch ausgeschlossen. Sie erfüllt jedoch nicht beide in § 1 Abs. 6 Nr. 3 BErzGG 2006 für Personen mit einem Aufenthaltstitel nach § 23a Abs. 1 AufenthG aufgestellten zusätzlichen Voraussetzungen. Während sie sich im Sinne von § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe a BErzGG 2006 schon seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhielt, fehlt es an den Tatbestandsmerkmalen des Buchstaben b dieser Vorschrift. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des SG (§ 163 SGG) war die Klägerin im hier streitigen Zeitraum weder erwerbstätig noch bezog sie Leistungen nach dem SGB III noch nahm sie - bei Ruhen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses - Elternzeit in Anspruch. [...]

b) Das damit gefundene Ergebnis, dass die Klägerin die einschlägigen Voraussetzungen des § 1 Abs. 6 BErzGG 2006 nicht erfüllt, lässt sich nicht dadurch vermeiden, dass die Anwendbarkeit dieser Vorschrift aus verfassungsrechtlichen Erwägungen verneint wird.

aa) An der Anwendbarkeit von § 1 Abs. 6 BErzGG 2006 ändert sich zunächst nichts durch die vom BVerfG in seiner Entscheidung vom 6.7.2004 (BVerfGE 111, 176 = SozR 4-7833 § 1 Nr. 4) ausgesprochene Erklärung der Unvereinbarkeit von § 1 Abs. 1a BErzGG 1993 mit Art 3 Abs. 1 GG. Der Senat vermag der Auffassung der Klägerin nicht zu folgen, dass die Entscheidung des BVerfG vom 6.7.2004 (aaO) auch für ihren Fall Gesetzeskraft beanspruche und ihr daher BErzg auf der Grundlage des § 1 BErzGG in der bis zum 26.6.1993 geltenden Fassung zustehe, weil der Gesetzgeber seinem Regelungsauftrag nicht innerhalb der ihm vom BVerfG gesetzten Frist nachgekommen sei. Ihre Argumentation wird zwar in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung zum Kindergeldrecht jedenfalls insoweit geteilt, als Zeiträume bis zum 1.1.2005 betroffen sind (vgl etwa zur gleich gelagerten Problematik im Kindergeldrecht das Finanzgericht <FG> Köln, Urteil vom 9.5.2007 - 10 K 6473/03 - juris RdNr. 21 ff, sowie das Niedersächsische FG, Urteil vom 23.1.2006 - 16 K 12/04 - juris RdNr. 28). Sie überzeugt den Senat indes nicht. Denn sie setzt sich über den begrenzten Entscheidungsumfang und die entsprechend eingeschränkte Gesetzeskraft des Beschlusses des BVerfG vom 6.7.2004 (aaO) hinweg.

Das BVerfG hat in dem zitierten Beschluss dem Gesetzgeber zwar in der Tat aufgegeben, die verfassungswidrige Norm bis zum 1.1.2006 durch eine Neuregelung zu ersetzen, und hat für den Fall der nicht fristgerechten Umsetzung die Anwendung des bis zum 26.6.1993 geltenden Rechts auf die noch offenen Fälle angeordnet. Diese Sanktion betrifft aber nur die Fälle, die der für verfassungswidrig erklärten Regelung unterliegen. Die gemäß § 31 Abs. 2 BVerfGG mit Gesetzeskraft versehene Entscheidungsformel des Beschlusses lautet - soweit hier von Interesse - wie folgt:

"1. § 1 Absatz 1a Satz 1 BErzGG idF (…) vom 23.6.1993 (…) war mit Art 3 Abs. 1 GG unvereinbar.

2. Ersetzt der Gesetzgeber die verfassungswidrige Regelung nicht bis zum 1.1.2006 durch eine Neuregelung, ist auf noch nicht abgeschlossene Verfahren das bis zum 26.6.1993 geltende Recht anzuwenden."

Unter Nr. 1 des Tenors wird also die Unvereinbarkeitserklärung auf eine ganz bestimmte Fassung des § 1 Abs. 1a Satz 1 BErzGG bezogen, nämlich auf diejenige vom 23.6.1993, die am 27.6.1993 in Kraft getreten ist. Daher sind "noch nicht abgeschlossene Verfahren" im Sinne der Nr. 2 des Tenors allein solche, in denen Erziehungsgeldansprüche nach eben dieser Vorschrift des § 1 Abs. 1a Satz 1 BErzGG 1993 zu beurteilen sind. Die Sanktion betrifft dagegen nicht diejenigen Fälle, in denen spätere Fassungen des BErzGG zur Anwendung kommen. Das ergibt sich im Übrigen nicht nur aus dem Inhalt des Tenors. Vielmehr folgt dies ausdrücklich auch aus den Entscheidungsgründen.

Das BVerfG hat darin (BVerfGE 111, 176, 190 = SozR 4-7833 § 1 Nr. 4 RdNr. 41) ausgeführt, dass § 1 Abs. 6 Satz 2 Nr. 3 BErzGG in den Fassungen des Dritten Gesetzes zur Änderung des BErzGG vom 12.10.2000 sowie des Zuwanderungsgesetzes vom 30.7.2004 nicht in die Unvereinbarkeitserklärung einzubeziehen gewesen seien, weil diese Regelungen den Kreis der Berechtigten weiter gefasst hätten als die angegriffene Vorschrift. Es hat daher über diese Nachfolgeregelungen nicht selbst entschieden, sondern die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit insoweit dem Gesetzgeber überlassen. Die damit ausdrücklich nur für § 1 Abs. 1a Satz 1 BErzGG 1993 geltende Sanktion des BVerfG kann das BSG nicht in eigener Zuständigkeit auf § 1 Abs. 6 BErzGG 2006 übertragen. Dies fällt ausschließlich in die Kompetenz des BVerfG im Rahmen der ihm obliegenden verfassungsrechtlichen Prüfung (wie hier auch das Landessozialgericht <LSG> Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.6.2009 - L 13 EG 4/09 - juris RdNr. 34 ff; vgl entsprechend auch der Bundesfinanzhof <BFH> zur gleich gelagerten Problematik im Kindergeldrecht, Urteil vom 22.11.2007 - III R 54/02 - BFHE 220, 45 ff). Auch das BVerfG könnte im Übrigen - von einstweiligen Regelungen abgesehen - nicht die Anwendung von Normen untersagen, die es nicht für verfassungswidrig erklärt hat (vgl dazu allgemein M. Graßhof in Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl 2005, § 78 RdNr. 76 ff).

bb) In der Rechtsprechung wird vereinzelt die Auffassung vertreten, mit § 24 Abs. 3 BErzGG 2006 habe der Gesetzgeber keine explizite Neuregelung des Erziehungsgeldrechts für die vom 1.1.2001 bis zum 18.12.2006 geltenden Fassungen getroffen. Unter Beachtung der Entscheidung des BVerfG verweise der Gesetzgeber mit dieser Vorschrift vielmehr indirekt auf die alte Rechtslage des BErzGG in der bis zum 26.6.1993 geltenden Fassung und verfüge deren weitere Gültigkeit für alle am 19.12.2006 noch anhängigen Erziehungsgeldfälle von nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländern iS des § 1 Abs. 6 BErzGG 2006, soweit nicht die am 19.12.2006 gültige Fassung für den Anspruchsteller günstiger sei (so das SG Düsseldorf, Urteil vom 11.9.2008 - S 32 EG 14/07 - unveröffentlicht).

Diese Ansicht beruht wie die Argumentation der Klägerin auf einem fehlerhaften Verständnis der Entscheidung des BVerfG vom 6.7.2004 (Az 1 BvR 2515/95, aaO). Wie bereits ausgeführt, ist die Sanktionsanordnung des BVerfG unter 2. des Beschlusstenors nur maßgeblich für Fälle, auf welche die mit Art 3 Abs. 1 GG für unvereinbar erklärte Vorschrift des § 1 Abs. 1a Satz 2 BErzGG 1993 Anwendung gefunden hätte, im Übrigen, also bei Geltung der zeitlich nachfolgenden Fassungen des BErzGG, dagegen nicht. Abgesehen davon, dass § 24 Abs. 3 BErzGG 2006 im vorliegenden Fall schon deshalb nicht zur Anwendung kommt, weil der streitige Leistungszeitraum unmittelbar von dem rückwirkend in Kraft getretenen § 1 Abs. 6 BErzGG 2006 erfasst wird, lässt sich die genannte Ansicht darüber hinaus mit Wortlaut, Systematik und Regelungszweck des § 24 Abs. 3 BErzGG 2006 offenkundig nicht vereinbaren. [...]

cc) Nach einer weiteren Auffassung ist dann, wenn aus § 1 Abs. 6 BErzGG 2006 ein Leistungsanspruch nicht resultiert, weil der BErzg beantragende Ausländer nicht die Voraussetzungen von Nr. 3 Buchstabe b der Vorschrift erfüllt, ein verfassungskonform ausgelegter § 1 Abs. 6 BErzGG 2005 als die iS des § 24 Abs. 3 BErzGG 2006 günstigere Vorschrift anzusehen (so das SG Aachen, Urteil vom 12.2.2008 - S 13 EG 16/07 - juris). Auch diese Ansicht führt im vorliegenden Fall schon deshalb nicht weiter, weil § 24 Abs. 3 BErzGG 2006 nicht einschlägig ist. Im Übrigen teilt sie der Senat nicht. § 1 Abs. 6 BErzGG 2005 lässt eine verfassungskonforme Auslegung unter Einbeziehung auch von Personen mit Aufenthaltserlaubnissen wie die der Klägerin nicht zu.

Das SG Aachen (aaO, RdNr. 21) hat die von ihm vorgenommene verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs. 6 BErzGG 2005 im Wesentlichen wie folgt begründet: Das Zuwanderungsgesetz sei nur knapp vier Wochen nach der Entscheidung des BVerfG in der Rechtssache 1 BvR 2515/95 (BVerfGE 111, 176 = SozR 4-7833 § 1 Nr. 4) verabschiedet worden. Der Gesetzgeber habe daher die Vorgaben aus dem Beschluss des BVerfG vom 6.7.2004 zwar kennen, aber nicht mehr rechtzeitig umsetzen können. Denn das Gesetzgebungsverfahren sei zu diesem Zeitpunkt bereits im Wesentlichen abgeschlossen gewesen. Nachdem der Gesetzgeber aber zwischenzeitlich selbst erkannt habe, dass § 1 Abs. 6 BErzGG 2005 nicht den Vorgaben des BVerfG entsprochen habe, sei die einschlägige Bestimmung "verfassungskonform im Sinne der Entscheidung des BVerfG vom 6.7.2004" auszulegen, ohne dass es insoweit einer erneuten Vorlage an das BVerfG bedürfe. Dieser Argumentation ist nicht zu folgen. Sie setzt sich in Widerspruch sowohl zur Entscheidung des BVerfG vom 6.7.2004 (aaO) als auch zum Regelungszweck des § 24 Abs. 3 BErzGG 2006. [...]

3. Im Falle einer Verfassungswidrigkeit des § 1 Abs. 6 BErzGG 2006 müsste der Senat anders entscheiden.

Das BVerfG hat klargestellt, dass es für die Entscheidungserheblichkeit in den Fällen, in denen das vorlegende Gericht die Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit eines formellen Gesetzes auf eine Verletzung der in Art 3 Abs. 1 GG verbürgten Grundrechte stützt, ausreicht, dass die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Norm dem Grundrechtsträger die Chance offenhält, eine für ihn günstigere Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen (vgl BVerfG, Beschluss vom 31.1.1996 - 2 BvL 39, 40/93 - BVerfGE 93, 386, 395; vgl hierzu auch Dollinger, in Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl 2005, § 80 RdNr. 66). Eine andere Entscheidung des vorlegenden Gerichts würde bereits in der bei bloßer Unvereinbarkeitserklärung notwendig werdenden Aussetzung des Verfahrens durch dieses Gericht bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber liegen (BVerfG, Urteil vom 29.9.1998 - 2 BvL 64/93 - BVerfGE 99, 69, 77). Etwas anderes gilt nur, wenn die Klägerin oder der Kläger des Ausgangsverfahrens von der im Gesetz angelegten Diskriminierung gar nicht betroffen ist (BVerfG, Beschluss vom 18.7.1984 -1 BvL 3/81 - BVerfGE 67, 239, 244 = SozR 2200 § 176c Nr. 5 S 9 f). Das ist hier jedoch nicht der Fall.

Vorliegend würde eine Feststellung der Verfassungswidrigkeit des § 1 Abs. 6 BErzGG 2006 durch das BVerfG gewährleisten, dass eine Neuregelung der Voraussetzungen erfolgen müsste, unter denen nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer mit einem Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 1 AufenthG wegen eines Krieges in ihrem Heimatland oder nach §§ 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG BErzg beanspruchen können. Es ist nicht auszuschließen, dass die Neuregelung für die Klägerin, die von den Tatbestandsmerkmalen der jetzigen Fassung nachteilig betroffen ist, günstiger als § 1 Abs. 6 Nr. 2 Buchstabe c iVm Nr. 3 Buchstabe b BErzGG 2006 sein könnte. Insbesondere dann, wenn der Gesetzgeber aus Gründen einer möglichst einfachen Handhabung der Norm beschließen sollte, auf das Kriterium der Arbeitsmarktintegration ganz zu verzichten, käme für die Klägerin, die sich nach den Feststellungen des SG seit mehr als drei Jahren gestattet bzw geduldet im Bundesgebiet aufhielt, zu einer Erwerbstätigkeit berechtigt war und auch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BErzGG 2006 erfüllt, ein Anspruch auf BErzg für den hier maßgeblichen Zeitraum in Betracht.

C. Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Norm

1. Für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des § 1 Abs. 6 BErzGG 2006 ist sowohl die Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit als auch die finanzgerichtliche Rechtsprechung zu den Parallelvorschriften im Kindergeldrecht von Bedeutung. Entsprechendes gilt für die einschlägigen Literaturmeinungen.

a) In der sozialgerichtlichen Rechtsprechung wird die Frage, ob das AuslAnsprG eine Neuregelung des § 1 Abs. 6 BErzGG gebracht hat, die den durch das BVerfG in seiner Entscheidung vom 6.7.2004 - 1 BvR 2515/95 - (BVerfGE 111, 176 = SozR 4-7833 § 1 Nr. 4) aufgestellten Vorgaben entspricht, überwiegend bejaht (vgl LSG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 27.2.2009 - L 13 EG 25/08 - und - L 13 EG 42/08 - beide veröffentlicht in juris - derzeit beide beim BSG anhängig unter den Az B 10 EG 8/09 R und B 10 EG 10/09 R; sowie Urteile vom 19.6.2009 - L 13 EG 4/09 - und - L 13 EG 20/08 - beide veröffentlicht in juris, beide derzeit anhängig beim BSG unter den Az B 10 EG 13/09 R und B 10 EG 15/09 R; vgl weiter das LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23.8.2007 - L 8 EG 12/06 - veröffentlicht in juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10.7.2007 - L 11 EL 2361/07 - veröffentlicht in juris). Vor allem das LSG Nordrhein-Westfalen hat sich dabei mit der Verfassungsmäßigkeit des § 1 Abs. 6 Nr. 3 BErzGG 2006, insbesondere der dort aufgestellten Voraussetzungen für einen BErzg-Anspruch von nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländern, die eine Aufenthaltserlaubnis nach den § 23 Abs. 1, §§ 23a, 24 oder 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG haben, eingehend befasst. Nach seiner Auffassung begegnet § 1 Abs. 6 Nr. 3 BErzGG 2006 keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Der Gesetzgeber habe seinen Spielraum mit der Entscheidung für eine aktuelle oder nur kurz zurückliegende Erwerbstätigkeit als maßgebliches Prognosekriterium eines Daueraufenthalts nicht überschritten. Arbeit sei ein Schlüssel für Integration. Bei Ausländern, die gearbeitet hätten oder noch arbeiteten, könne der Gesetzgeber deshalb in typisierender Betrachtung eher von einem Daueraufenthalt ausgehen als bei nicht arbeitenden Ausländern. Wer dagegen bloß arbeiten dürfe, aber es nicht tue oder nur zeitweise getan habe, unterscheide sich unter diesem Blickwinkel in seiner Aufenthaltsverfestigung weniger von einem Ausländer, dem die Erwerbstätigkeit verboten sei, als von einem Ausländer, der tatsächlich arbeite und damit ins Erwerbsleben eingegliedert sei. Ebenso wie die aktuelle Erwerbstätigkeit eigne sich aber auch das in § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b Variante 2 BErzGG 2006 genannte Kriterium des Bezugs von Leistungen nach dem SGB III als Grundlage für eine positive Aufenthaltsprognose. Wer Alg I beziehe, habe versicherungspflichtig gearbeitet und sei daher auf Dauer in den Arbeitsmarkt integriert gewesen. Die gesetzgeberische Wertung, nach ausgelaufenem Alg-I-Bezug das Indiz für einen Daueraufenthalt entfallen zu lassen, sei angesichts des weiten gesetzgeberischen Prognosespielraums nicht widerlegbar (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.2.2009 - L 13 EG 25/08 - juris RdNr. 37 ff).

b) Auch die Finanzgerichte haben die engen Leistungsvoraussetzungen für Ausländer mit Aufenthaltserlaubnissen nach den § 23 Abs. 1, §§ 23a, 24 oder 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG verfassungsrechtlich geprüft, und zwar bezogen auf eine entsprechende tatbestandliche Begrenzung im Kindergeldrecht. Nachdem das BVerfG am 6.7.2004 nicht nur § 1 Abs. 1a Satz 1 BErzGG 1993 (Az 1 BvR 2515/95 - BVerfGE 111, 176 = SozR 4-7833 § 1 Nr. 4), sondern entsprechend auch § 1 Abs. 3 Bundeskindergeldgesetz idF vom 21.12.1993 (Az 1 BvL 4/97 ua - BVerfGE 111, 160 = SozR 4-5870 § 1 Nr. 1) für mit Art 3 Abs. 1 GG unvereinbar erklärt hatte, findet sich nunmehr - durch Art 2 des AuslAnsprG neu geregelt - auch für das Kindergeldrecht in § 62 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (im Folgenden: EStG 2006) eine dem § 1 Abs. 6 BErzGG 2006 entsprechende Vorschrift.

Der BFH hält die Regelung des § 62 Abs. 2 EStG 2006 (also die § 1 Abs. 6 BErzGG 2006 entsprechende Vorschrift) für verfassungsrechtlich unbedenklich, und zwar nicht nur, soweit dadurch geduldete Ausländer ohne Aufenthaltstitel von einem Leistungsanspruch von vornherein ausgeschlossen werden (vgl hierzu die Entscheidung des BFH vom 15.3.2007 - III R 93/03 - BFHE 217, 443). Vielmehr hat er in weiteren Entscheidungen auch in Bezug auf Ausländer mit Aufenthaltstiteln nach § 23 Abs. 1, §§ 23a, 24 oder 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG die Auffassung vertreten, dass § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b EStG 2006 keinen verfassungsrechtlichen Bedenken mit Blick darauf begegne, dass der Gesetzgeber für die Prognose über einen voraussichtlich dauerhaften Aufenthalt "auf die Integration von Ausländern in den deutschen Arbeitsmarkt" abstelle. Mit diesem Kriterium sei der Gesetzgeber den Vorgaben des BVerfG in seiner Rechtsprechung vom 6.7.2004 (aaO) nachgekommen. Der Gesetzgeber habe verfassungskonform und im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums gehandelt, soweit er typisierend einen Daueraufenthalt erst bei einem mindestens dreijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet und bei Integration in den Arbeitsmarkt unterstelle (vgl z.B. Urteile des BFH vom 22.11.2007 - III R 60/99 -, BFHE 220, 39 und - III R 54/02 - BFHE 220, 45).

Von den Finanzgerichten wird die Auffassung des BFH teilweise geteilt (vgl z.B. das FG Düsseldorf, Urteil vom 23.1.2007 - 10 K 3095/06 Kg - juris). Vor allem das FG Köln ist jedoch von einer Verfassungswidrigkeit der fraglichen Vorschrift ausgegangen. Es hatte mit Beschluss vom 9.5.2007 die Frage, ob § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b EStG 2006 "insoweit mit dem GG vereinbar ist, als die Gewährung von Kindergeld im Falle eines gestatteten oder geduldeten Aufenthalts aus humanitären Gründen von über drei Jahren noch von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig gemacht wird" gemäß Art 100 Abs. 1 GG dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegt (Az 10 K 1690/07, juris). Darin hieß es: Es werde in § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b EStG 2006 erneut vor allem an die Art des Aufenthaltstitels angeknüpft, ohne dass dies durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei. Im Gegenteil sei festzustellen, dass die Gründe, die etwa für einen Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 1, §§ 23a, 24 oder 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG maßgeblich seien, nicht typischerweise nur vorübergehender Natur seien. Der Gesetzgeber berücksichtige nicht, dass ein Aufenthalt ohne Erwerbstätigkeit und trotz des Bezugs von Hilfe zum Lebensunterhalt gerade beim Vorhandensein von Kindern so sehr verfestigt sein könne, dass ohne Weiteres von einem Daueraufenthalt auszugehen sei. Jedenfalls wenn sich der solchermaßen gestattete Aufenthalt im Inland auf einen Zeitraum von drei oder mehr Jahren erstrecke, müsse gerade beim Vorhandensein von Kindern davon ausgegangen werden, dass der betreffende Ausländer nicht abgeschoben werden könne. Ausländer, die sich - zumindest faktisch - mehr als drei Jahre legal im Inland aufhielten, vom Anspruch auf Kindergeld auszuschließen, sei eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Denn aufgrund der mit einzubeziehenden Wertungen der Art 6 Abs. 1 und Art 20 Abs. 1 GG sei - unabhängig von der Art des Aufenthaltstitels - zu berücksichtigen, dass diese Ausländer in gleicher Weise wie Deutsche und wie Ausländer mit hinreichendem Aufenthaltstitel durch die persönlichen und finanziellen Aufwendungen bei der Kindererziehung belastet seien.

Diese Vorlage ist vom BVerfG durch Beschluss vom 6.11.2009 (Az 2 BvL 4/07, juris) als unzulässig verworfen worden. Das BVerfG hat ua hinreichende Ausführungen zur Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Norm vermisst. Das FG gebe z.B. nicht an, auf welcher Tatsachengrundlage es zu dem Ergebnis gelangt sei, dass dann, wenn sich der gestattete oder geduldete Aufenthalt im Inland auf einen Zeitraum von drei oder mehr Jahren erstrecke und Kinder "vorhanden" seien, davon auszugehen sei, dass der Betreffende faktisch auf unbestimmte Zeit nicht abgeschoben werden könne.

c) In der Literatur wird die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit von § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b BErzGG 2006 (bzw entsprechend von den vergleichbaren Regelungen des Kindergeldrechts) kaum angesprochen. Wo sie thematisiert wird, werden Zweifel an der Vereinbarkeit des § 1 Abs. 6 Nr. 3 BErzGG 2006 mit dem GG angemeldet (vgl für die sozialrechtliche Seite insbesondere Werner, InfAuslR 2007, 112, 113; ders auch schon in InfAuslR 2006, 237 ff; Keßler, in Hofmann/Hoffmann, Ausländerrecht, 1. Aufl 2008, Anhang 1 AufenthG, RdNr. 77 ff; vgl für die steuerrechtliche Seite entsprechend kritisch Hollatz, NWB Fach 3 28/2007>, 14611 ff). Dabei wird insbesondere die Vereinbarkeit des § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b BErzGG 2006 bzw des § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b EStG 2006 mit Art 3 Abs. 1 GG in Frage gestellt. Ein Ausschluss vom Leistungsbezug sei für Ausländer, die sich seit mehr als drei Jahren legal im Inland aufhielten, eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Die Leistungsberechtigung könne bei tatsächlich verfestigten Daueraufenthalten von drei und mehr Jahren weder davon abhängen, ob angesichts des Aufenthaltstitels ursprünglich ein Daueraufenthalt zu erwarten gewesen sei, noch könne sie von zusätzlichen Kriterien, wie etwa einer Erwerbstätigkeit, abhängig gemacht werden (vgl Hollatz, aaO, 14611, 14616). Auch dann, wenn ein Arbeitsverhältnis nicht bestehe, sei ein Leistungsausschluss in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen zumindest teilweise bedenklich, weil die Dauerhaftigkeit des Aufenthalts prognostisch auch bei einer solchen Fallgestaltung gegeben sein könne und nicht notwendigerweise an eine konkrete Beschäftigung oder einen nachfolgenden Leistungsbezug in Form von Alg I gebunden sein müsse (so Werner, aaO).

2. Der vorlegende Senat ist von der Verfassungswidrigkeit des § 1 Abs. 6 Nr. 2 Buchstabe c iVm Nr. 3 Buchstabe b BErzGG 2006 überzeugt. Diese durch Art 3 AuslAnsprG vom 13.12.2006 eingeführte Vorschrift ist mit Art 3 Abs. 1 GG unvereinbar. Denn sie behandelt Ausländer, die ein Aufenthaltsrecht nach § 23 Abs. 1 AufenthG wegen eines Krieges in ihrem Heimatland oder nach §§ 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG haben, anders als Deutsche und vor allem auch als Ausländer mit anderen Aufenthaltstiteln, ohne dass dies verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden kann.

a) Der allgemeine Gleichheitssatz gemäß Art 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleichzubehandeln. Dem Gesetzgeber ist damit aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Ihm kommt im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personenkreise ein Gestaltungsspielraum zu. Für den Gesetzgeber ergeben sich jedoch aus dem allgemeinen Gleichheitssatz umso engere Grenzen, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (BVerfG, Beschluss vom 6.7.2004 - 1 BvR 2515/95 - BVerfGE 111, 176, 184 = SozR 4-7833 § 1 Nr. 4 RdNr. 26 zur Verfassungswidrigkeit der früheren Ausgrenzung von Ausländern mit einer Aufenthaltsbefugnis nach dem AuslG im Erziehungsgeldrecht; ebenso BVerfG, Beschluss vom 6.7.2004 - 1 BvL 4/97, 1 BvL 5/97, 1 BvL 6/97 - BVerfGE 111, 160, 169 = SozR 4-5870 § 1 Nr. 1 RdNr. 43 f zur Verfassungswidrigkeit einer entsprechend formulierten früheren Ausschlussregel im Kindergeldrecht). Der hierbei zu berücksichtigende Schutz von Ehe und Familie (Art 6 Abs. 1 GG) enthält keine Beschränkung auf Deutsche (vgl BVerfG, Beschluss vom 4.5.1971 - 1 BvR 636/68 - BVerfGE 31, 58, 67; Beschluss vom 30.11.1982 - 1 BvR 818/81 - BVerfGE 62, 323, 329). Ob eine gesetzliche Regelung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar ist, hängt davon ab, ob für die getroffene Differenzierung Gründe von solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (BVerfGE 111, 160, 170 = SozR 4-5870 § 1 Nr. 1 RdNr. 46).

b) Ausgangspunkt des § 1 Abs. 6 BErzGG 2006 ist es, dass ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer nur einen Leistungsanspruch hat, wenn er eine Niederlassungserlaubnis, also einen nach dem AufenthG unbefristet erteilten und immer auch zur Erwerbstätigkeit berechtigenden Aufenthaltstitel besitzt (vgl § 9 AufenthG) oder aber stattdessen Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis ist, die zur Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat.

Diesen Grundsatz, dass jeder (ehemals) zur Arbeit berechtigte Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis auch Anspruch auf BErzg haben soll, hat der Gesetzgeber für konkret benannte Fallkonstellationen (vgl § 1 Abs. 6 Nr. 2 Buchstaben a bis c, letzterer iVm Nr. 3 BErzGG 2006) wieder eingeschränkt. Durch § 1 Abs. 6 Nr. 2 Buchstaben a und b BErzGG 2006 gänzlich ausgeschlossen sind Ausländer mit Aufenthaltstiteln zum Studium bzw zur Ausbildung (§§ 16, 17 AufenthG) sowie Ausländer, die eine Arbeitsberechtigung aufgrund der Gegebenheiten des deutschen Arbeitsmarktes von vornherein nur vorübergehend erhalten haben (§ 18 Abs. 2 AufenthG). Ob diese Einschränkungen mit der Verfassung in Einklang stehen, ist im vorliegenden Fall nicht relevant.

Nach dem hier einschlägigen § 1 Abs. 6 Nr. 2 Buchstabe c iVm Nr. 3 BErzGG 2006 hat der Gesetzgeber für Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG wegen eines Krieges in

ihrem Heimatland oder nach §§ 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG zusätzliche, über die bloße (frühere) Berechtigung zur Erwerbstätigkeit hinausgehende Anforderungen gestellt. Ist ein Ausländer Inhaber eines Titels nach einer der dort genannten aufenthaltsrechtlichen Vorschriften, hat er einen Erziehungsgeldanspruch nach dem BErzGG nur dann, wenn er sich - erstens - seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält (§ 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe a BErzGG 2006) und er zusätzlich - zweitens - im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem SGB III bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt (§ 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b BErzGG 2006).

Durch § 1 Abs. 6 Nr. 2 Buchstabe c iVm Nr. 3 BErzGG 2006 werden also Ausländer mit Aufenthaltstiteln nach § 23 Abs. 1 AufenthG wegen eines Krieges in ihrem Heimatland oder nach §§ 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG schlechter gestellt nicht nur als Deutsche, sondern vor allem als Ausländer mit Aufenthaltstiteln zu anderen als den dort geregelten völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Zwecken. Während grundsätzlich neben einem Aufenthaltstitel lediglich die aktuelle oder frühere Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit hinreichende Voraussetzung für den Bezug von BErzg ist, haben Ausländer mit einem der in § 1 Abs. 6 Nr. 2 Buchstabe c BErzGG 2006 genannten Aufenthaltstitel nur unter erheblichen zusätzlichen Voraussetzungen einen Anspruch auf BErzg. Benachteiligt sind dabei insbesondere Ausländer, die - wie die Klägerin - diese weiteren Anforderungen nicht erfüllen.

c) Diese Ungleichbehandlung ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.

aa) Das BVerfG hat in seiner Entscheidung zur Verfassungswidrigkeit von § 1 Abs. 1a Satz 2 BErzGG 1993 betreffend die Frage, ob der Leistungsausschluss, der dort für Ausländer mit einer Aufenthaltsbefugnis vorgesehen war, mit Art 3 Abs. 1 GG im Einklang steht, zwei Differenzierungsziele herausgearbeitet, die eine abweichende Behandlung von nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländern grundsätzlich verfassungsrechtlich zu rechtfertigen vermögen: Zum einen hat das BVerfG speziell für das Erziehungsgeldrecht ausgeführt, dass der Gesetzgeber im Einklang mit Art 3 Abs. 1 GG handele, wenn er diejenigen Ausländer vom BErzg ausschließe, die ohnehin mangels Arbeitserlaubnis einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen dürften (Beschluss vom 6.7.2004 - 1 BvR 2515/95 - BVerfGE 111, 176, 185 = SozR 4-7833 § 1 Nr. 4 RdNr. 30). Zum anderen hat das BVerfG es als grundsätzlich zulässig erachtet, das BErzg nur denjenigen Ausländern zukommen zu lassen, von denen erwartet werden kann, dass sie auf Dauer in Deutschland bleiben - ein Differenzierungsziel, dass das BVerfG im Übrigen nicht nur für das Erziehungsgeldrecht (BVerfGE, aaO = SozR, aaO, RdNr. 29), sondern übergreifend auch im Kindergeldrecht anerkannt hat (vgl BVerfG, Beschluss vom 6.7.2004 - 1 BvL 4/97, 5/97 und 6/97, BVerfGE 111, 160, 174 = SozR 4-5870 § 1 Nr. 1 RdNr. 62).

Das erziehungsgeldspezifische Differenzierungsziel vermag die Regelung des § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b BErzGG 2006 von vornherein nicht zu rechtfertigen, weil diese Vorschrift gerade zusätzliche, über die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit hinausgehende Anforderungen stellt. In Betracht kommt daher von vornherein nur eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung im Hinblick auf das zweite Differenzierungsziel eines voraussichtlichen Daueraufenthalts.

Gerade auf dieses zweite Differenzierungsziel hat der Gesetzgeber bei Fassung des § 1 Abs. 6 BErzGG 2006 offenbar wesentlich abgestellt. In der Begründung des Gesetzentwurfs, der zwar noch nicht vollständig, wohl aber im wesentlichen Ansatz der endgültigen Gesetzesfassung entspricht, wird insoweit ausgeführt: Das BVerfG habe in seinen Beschlüssen vom 6.7.2004 (BVerfGE 111, 160 = SozR 4-5870 § 1 Nr. 1 und BVerfGE 111, 176 = SozR 4-7833 § 1 Nr. 4) im Grundsatz die Zielsetzung des Gesetzgebers, Familienleistungen nur für die ausländischen Staatsangehörigen vorzusehen, die sich voraussichtlich auf Dauer in Deutschland aufhielten, nicht beanstandet, sondern lediglich die Eignung der damaligen gesetzlichen Regelung zur Erreichung dieses Ziels. Die Zielsetzung der vom BVerfG beanstandeten Regelung werde daher unverändert beibehalten (BT-Drucks 16/1368 S 8). Von einem voraussichtlich dauerhaften Aufenthalt in Deutschland könne vor allem bei Personen ausgegangen werden, die über eine (unbefristete) Niederlassungserlaubnis verfügten. Da nach Inkrafttreten des AufenthG grundsätzlich jede Aufenthaltserlaubnis einer Verfestigung zugänglich sei, müsse bei Personen, die über eine Aufenthaltserlaubnis verfügten, ein weiteres Indiz hinzukommen, das einen voraussichtlich dauerhaften Aufenthalt in Deutschland plausibel erscheinen lasse. Dieses werde vor allem die Ausübung einer Erwerbstätigkeit bzw der Umstand sein, dass eine Erwerbstätigkeit erlaubt sei oder erlaubt werden könne. Auch bei ausländischen Staatsangehörigen, die nicht von Gesetzes wegen einer Erwerbstätigkeit nachgehen dürften, seien die Ausübung einer Beschäftigung bzw die Integration in den deutschen Arbeitsmarkt ein Indikator für einen dauernden Verbleib in Deutschland (BT-Drucks, aaO).

Zwar hat der Gesetzgeber damit ein grundsätzlich vom BVerfG gebilligtes, legitimes Differenzierungsziel verfolgt. Das BVerfG hat jedoch gerade in Bezug auf sozialrechtliche Leistungen des Familienlastenausgleichs die Auswahl geeigneter Differenzierungskriterien gefordert. Für den Ausschluss nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer von einem Leistungsanspruch hat es insoweit die Festlegung von Kriterien verlangt, mit denen der Personenkreis der voraussichtlich dauerhaft in Deutschland bleibenden Personen auch tatsächlich adäquat erfasst werden kann (vgl. BVerfGE 111, 176, 185 = SozR 4-7833 § 1 Nr. 4 RdNr. 29; ähnlich auch BVerfGE 111, 160, 174 f = SozR 4-5870 § 1 Nr. 1 RdNr. 62 ff; auf die besonderen Anforderungen bei der Auswahl geeigneter Differenzierungskriterien für den gänzlichen Ausschluss von Personenkreisen im Bereich der familiären Fürsorgeleistungen verweist auch das BSG in seiner Entscheidung vom 16.12.2008 - B 4 AS 40/07 R - juris RdNr. 24).

Bezogen auf die damals von ihm zu beurteilende Fassung des § 1 Abs. 1a BErzGG 1993 hat das BVerfG die Geeignetheit des gewählten Differenzierungskriteriums, nämlich die Art des Leistungen ausschließenden Aufenthaltstitels nach dem AuslG, verneint. Die formale Art des Aufenthaltstitels allein habe sich nicht als Grundlage einer Prognose über die Dauer des Aufenthalts in Deutschland und damit nicht als Abgrenzungskriterium bei der Gewährung von BErzg geeignet; denn die für die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis maßgeblichen Gründe seien nicht typischerweise von nur vorübergehender Natur gewesen (vgl BVerfG - 1 BvR 2515/95 - aaO unter Verweis auf die Parallelentscheidung vom selben Tage zum Kindergeldrecht - 1 BvL 4/97, 5/97 und 6/97 - aaO).

bb) Nach Überzeugung des Senats stellt auch § 1 Abs. 6 Nr. 2 Buchstabe c iVm Nr. 3 Buchstabe b BErzGG 2006 keine geeigneten Abgrenzungskriterien auf; der Kreis der voraussichtlich dauerhaft in Deutschland bleibenden Personen wird durch die dort vorgesehenen Anforderungen nicht sachgerecht bestimmt.

aaa) Grundsätzlich ist es nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber bei Aufenthaltstiteln, die ihrer Art nach nicht für einen Daueraufenthalt bestimmt sind, mehr verlangt als die bloße (frühere) Berechtigung zur Erwerbstätigkeit. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass die in § 1 Abs. 6 Nr. 2 Buchstabe c BErzGG 2006 aufgeführten Titel im Prinzip nur einen vorübergehenden Charakter haben (so die Argumentation des Staatssekretärs Hoofe in seiner Anhörung im Rahmen der 19. Sitzung des federführenden Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Protokoll Nr. 16/19, S 36; in diesem Sinne auch das BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 40/07 R - juris RdNr. 22 ff ). Dass der Aufenthalt von Ausländern, die aus bestimmten humanitären, völkerrechtlichen oder politischen Gründen eingereist sind, zunächst auf Zeit konzipiert ist, ergibt sich teilweise schon aus den Überschriften der Paragraphen (vgl etwa § 24 AufenthG "Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz"). Insbesondere aber die Regelung des § 26 Abs. 2 AufenthG über die "Dauer des Aufenthalts" macht deutlich, dass der Aufenthalt nach dem 5. Abschnitt des AufenthG vom Grundsatz des nur temporären Schutzes ausgeht (vgl Storr, in Storr/Wenger/Eberle/Albrecht/Harms, Kommentar zum Zuwanderungsrecht, 2. Aufl 2008, § 26 RdNr. 4). Danach darf eine Aufenthaltserlaubnis nach dem 5. Abschnitt (§§ 22 bis 26 AufenthG) nicht verlängert werden, wenn das Ausreisehindernis oder die sonstigen einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehenden Gründe entfallen sind. Da auch die anderen im 5. Abschnitt vorgesehenen, aber von § 1 Abs. 6 Nr. 2 Buchstabe c BErzGG 2006 nicht erfassten Aufenthaltstitel grundsätzlich derselben Verlängerungsbeschränkung unterliegen, ist allerdings nicht ohne Weiteres ersichtlich, warum die Inhaber solcher Titel nicht die besonderen Voraussetzungen des § 1 Abs. 6 Nr. 3 BErzGG 2006 erfüllen müssen. Entsprechendes gilt für Ausländer mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 30 Abs. 2 AufenthG, deren Ehegatte als Student einen Titel nach § 16 AufenthG besitzt und daher selbst unter die Ausschlussregelung des § 1 Abs. 6 Nr. 2 Buchstabe a BErzGG 2006 fällt.

bbb) Der Senat sieht keine Veranlassung, der Frage, ob bereits in der Auswahl der in § 1 Abs. 6 Nr. 2 Buchstabe c BErzGG 2006 aufgeführten Aufenthaltserlaubnisse ein Verstoß gegen Art 3 Abs. 1 GG liegt, weiter nachzugehen. Denn § 1 Abs. 6 BErzGG 2006 ist schon aus anderen Gründen als verfassungswidrig anzusehen. Die Nr. 3 dieser Vorschrift enthält nämlich nicht nur sachgerechte Differenzierungskriterien.

Es begegnet allerdings aus Sicht des Senats grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass der Gesetzgeber nach § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe a BErzGG 2006 bei Ausländern, deren Aufenthaltserlaubnis von sich aus nicht auf Dauer angelegt ist, eine gewisse Aufenthaltsdauer (mindestens drei Jahre rechtmäßigen, gestatteten oder geduldeten Aufenthalt in Deutschland) als zusätzliche Voraussetzung für den Bezug von BErzg verlangt. Die Dauer des bisherigen Aufenthalts ist ein geeignetes Kriterium, um eine Prognose über die voraussichtliche weitere Aufenthaltsdauer zu treffen. Sind die als nur vorübergehend konzipierten Aufenthaltsgründe innerhalb von drei Jahren nicht entfallen, hat sich nämlich die Prognosegrundlage zugunsten der betreffenden Person geändert. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Bleiberecht längerfristig bestehen wird, hat sich deutlich erhöht. Der Zeitraum von drei Jahren erscheint dabei als eine angemessene Richtschnur, da eine Aufenthaltserlaubnis nach dem 5. Abschnitt für jeweils längstens drei Jahre erteilt und verlängert werden kann (vgl § 26 Abs. 1 AufenthG).

Hingegen sind nach Überzeugung des Senats die in § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b BErzGG 2006 verlangten weiteren Merkmale betreffend die Arbeitsmarktsituation des Antragstellers nicht geeignet, Personen mit einer günstigen Aufenthaltsprognose von solchen mit einer ungünstigen sachgerecht abzugrenzen. Zwar kann die Integration in den Arbeitsmarkt ein wesentlicher Faktor für eine Daueraufenthaltsprognose sein (so zu Recht das LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.2.2009 - L 13 EG 25/08 - juris RdNr. 38; diesen Gedanken hat sich auch das BVerfG zu eigen gemacht, vgl Beschluss vom 6.7.2004 - 1 BvL 4/97 ua - BVerfGE 111, 160, 175 = SozR 4-5870 § 1 Nr. 4 RdNr. 66). Der Senat lässt offen, ob sich der Gesetzgeber auf diesen Faktor beschränken durfte oder nicht die Möglichkeit hätte eröffnen müssen, auch durch andere Gegebenheiten eine günstige Bleibeprognose zu begründen (vgl dazu § 9 Abs. 2 Satz 6 AufenthG). Jedenfalls hat der Gesetzgeber zur Feststellung einer hinreichenden Integration in den Arbeitsmarkt Merkmale festgelegt, deren Anwendung zu sachwidrigen Ergebnissen führt. Indem zur Voraussetzung gemacht wird, dass die BErzg in Anspruch nehmende Person entweder aktuell erwerbstätig ist oder laufende Geldleistungen nach dem SGB III (z.B. Alg I) bezieht oder aber sich - bei noch bestehendem Arbeitsvertrag - in Elternzeit befindet, wählt der Gesetzgeber zwar Personen aus, für die sich eine günstige Aufenthaltsprognose sicher bejahen lässt. Er grenzt dadurch jedoch unzulässig andere Personen aus, für die im Hinblick auf ihre Beziehung zum Arbeitsmarkt eine entsprechende Aufenthaltsprognose ebenfalls zutrifft.

Zu gleichheitswidrigen Ergebnissen führt die vom Gesetzgeber in § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b BErzGG vorgenommene Abgrenzung zum einen dort, wo die aktuelle Einbindung in den Arbeitsmarkt während der für das BErzg in Betracht kommenden Bezugszeit wegfällt oder schon vorher weggefallen ist (dazu unter (1)), zum anderen dort, wo nur der Ehepartner des Antragstellers aktuell nach Maßgabe des § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b BErzGG 2006 in den Arbeitsmarkt integriert ist (dazu unter (2)). Schließlich ist die zusätzliche Voraussetzung des aktuellen Bezugs des Antragstellers zum Arbeitsmarkt auch nicht als verfassungsrechtlich zulässige Typisierung gerechtfertigt (dazu unter (3)).

(1) Wertungswidersprüche ergeben sich insbesondere dann, wenn die in § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b BErzGG 2006 aufgeführten Voraussetzungen, anhand derer eine Integration in den Arbeitsmarkt gemessen werden soll, in der betreffenden Person zunächst vorgelegen haben, aber während der Anspruchsdauer oder kurz vor deren Beginn weggefallen sind. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift werden diese Fälle von der Gruppe der Leistungsberechtigten ausgegrenzt; die Regelung ist allein im Präsens formuliert, dh Erwerbstätigkeit, laufender Geldleistungsbezug nach dem SGB III sowie Inanspruchnahme einer Elternzeit müssen aktuell - sogar für die gesamte Dauer des BErzg- Bezugs - bestehen. Auch wer einmal erwerbstätig war, wer z.B. einmal Alg I bezogen hat oder sich in Elternzeit im Sinne des BErzGG befand und nach dem Willen des Gesetzgebers daher als voraussichtlich dauerhaft in Deutschland verbleibend zu qualifizieren war, ist von dem Tag an, zu welchem diese Voraussetzungen wegfallen, nicht mehr vom Tatbestand des Buchstaben b erfasst. Durch diese Grenzziehung wird auch Personen ein Anspruch auf BErzg versagt, denen eine positive Bleibeprognose (noch) nicht abgesprochen werden kann.

Dass das Abstellen allein auf die aktuelle Arbeitssituation kein sachgerechtes Kriterium sein kann, zeigt sich besonders plastisch dort, wo jemand über mehrere Jahre hinweg beschäftigt gewesen ist und sodann bis zur Anspruchserschöpfung Leistungen nach dem SGB III bezogen hat, eine neue Arbeitsstelle aber (im Sinne einer durch das BErzg gerade geförderten Entscheidung für die Erziehung des Kindes) erst nach Ablauf der Erziehungszeit suchen will oder kann. In dieser Fallkonstellation fängt auch das alternative Kriterium der Elternzeit die fehlende aktuelle Erwerbstätigkeit nicht auf. Denn ein Arbeitsvertrag besteht gerade nicht. Es ist nicht ersichtlich, warum eine solche Person hinsichtlich der Prognose eines Daueraufenthalts schlechter gestellt sein soll als eine Person, die seit drei Jahren - jedenfalls geduldet - in Deutschland lebt, erst unmittelbar vor der Geburt des Kindes eine erste (Teilzeit-)Tätigkeit aufnimmt und damit die Voraussetzungen des § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b BErzGG 2006 erfüllt.

Deutlich wird die fehlende Eignung der gewählten Abgrenzungskriterien auch in Fällen, in denen die beantragende Person bis zum Eintritt des Mutterschutzes gearbeitet hat, die Arbeit dann aber nicht fortführen kann. Die Opposition hat im Gesetzgebungsverfahren insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass nach vielfach üblicher Praxis oft nur befristete Beschäftigungsverhältnisse begründet werden (vgl den Entschließungsantrag von Mitgliedern und Fraktion DIE LINKE vom 18.10.2006, BT-Drucks. 16/3030 S 2) und dass sich die tatsächliche Situation am Arbeitsmarkt mit der Forderung eines durchgängig bestehenden Arbeitsverhältnisses nicht vereinbaren lasse (vgl den Entschließungsantrag von Mitgliedern und Fraktion der FDP vom 18.10.2006, BT-Drucks 16/3029 S 2). Personen mit solchen Einstellungsvoraussetzungen fallen dann oft kurzfristig wieder aus einer Beschäftigung heraus, etwa weil ein befristeter Arbeitsvertrag gerade wegen der anstehenden Ausfallzeiten nicht mehr verlängert wird. Auch hier besteht nicht die Möglichkeit einer Elternzeit. Der Senat ist auch in diesen Fällen davon überzeugt, dass die günstige Bleibeprognose nicht von einem Tag auf den anderen mit Wegfall der Arbeit in eine ungünstige umschlagen kann.

Noch weniger nachvollziehbar ist die gesetzliche Regelung für eine Person, die bislang Alg I bezogen hat, aber nach der Geburt des Kindes wegen dessen Erziehung dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung steht und daher auch keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB III mehr hat (vgl § 119 Abs. 1 Nr. 3, § 122 Abs. 2 Nr. 1 SGB III), sich nach Ablauf der Erziehungszeit aber für den Arbeitsmarkt zurückmelden (§ 122 Abs. 1 Satz 1 SGB III) und folglich von diesem Tag an Restleistungen nach dem SGB III in Anspruch nehmen kann (§ 127 SGB III), soweit die Vierjahresfrist des § 147 Abs. 2 SGB III noch nicht überschritten ist. Diese Person wäre nach der Konzeption des § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b BErzGG 2006 vor und nach der Erziehungszeit als voraussichtlich auf Dauer in Deutschland verbleibend zu qualifizieren, während der Erziehungszeit jedoch - vorübergehend - nicht. Auch hier werden Personen vom Anspruch auf BErzg ausgegrenzt, denen eine günstige Prognose auch während der Dauer der Erziehungszeit nicht abgesprochen werden kann. Entsprechendes gilt für denjenigen, der die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg I erfüllt, aber von vornherein keinen Antrag stellt, weil er dem Arbeitsmarkt aus Gründen der Kindererziehung nicht zur Verfügung steht. Denn auch für diese Person ist nicht ausgeschlossen, dass sie, z.B. nach Vollendung des ersten Lebensjahres des Kindes, Alg I bezieht und dann - wieder - als hinreichend in Deutschland integriert gilt.

Die aufgeführten Fallkonstellationen zeigen, dass das Kriterium der aktuellen Integration in den Arbeitsmarkt sich insbesondere dort als ungeeignet zur sachgerechten Abgrenzung von Personen mit und ohne günstige Bleibeprognose erweist, wo die in § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b BErzGG 2006 aufgeführten Voraussetzungen, anhand derer eine Integration in den Arbeitsmarkt gemessen werden soll, (vorübergehend) wegfallen, nachdem sie zuvor bereits vorgelegen haben. Die fehlende Berücksichtigung auch solcher Fälle ist umso unverständlicher, als der Gesetzgeber für die Einbeziehung von Personen mit anderen Aufenthaltserlaubnissen als den in § 1 Abs. 6 Nr. 2 Buchstabe c BErzGG aufgeführten Aufenthaltstiteln lediglich zur Voraussetzung gemacht hat, dass eine Erwerbsberechtigung einmal vorgelegen hat (vgl § 1 Abs. 6 Nr. 2 Halbsatz 1 BErzGG 2006).

Warum der Gesetzgeber in dem einen Fall die frühere Erlaubnis genügen lässt, in dem anderen jedoch an die aktuell bestehenden Umstände anknüpft, ergibt sich anhand der Begründung des Gesetzentwurfs nicht. Die dortigen Ausführungen (vgl BT-Drucks 16/1368 S 8), ein repräsentatives Indiz für einen voraussichtlich dauerhaften Aufenthalt in Deutschland stelle "die Ausübung einer Erwerbstätigkeit bzw. der Umstand dar, dass eine Erwerbstätigkeit erlaubt ist oder erlaubt werden könnte", erwecken vielmehr den falschen Eindruck, als seien hier jeweils ähnliche Kriterien aufgestellt worden. Entsprechendes gilt, wenn dort weiter argumentiert wird (vgl BT-Drucks, aaO), " auch bei ausländischen Staatsangehörigen, die nicht von Gesetzes wegen einer Erwerbstätigkeit nachgehen dürfen, sind die Ausübung einer Beschäftigung bzw. die Integration in den Arbeitsmarkt ein Indikator für einen dauernden Verbleib in Deutschland".

In der Gegenäußerung der Bundesregierung auf Änderungsanträge des Bundesrates wird diese offensichtlich von der später tatsächlich getroffenen gesetzlichen Regelung abweichende Darstellung sogar noch zugespitzt. So wird darauf verwiesen, für Aufenthaltserlaubnisse beispielsweise nach § 23 Abs. 1 und § 25 Abs. 5 AufenthG sei zu beachten, dass diese zwar eine Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit bzw eine Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung enthalten könnten, dies jedoch nicht immer der Fall sei. (…) "Ist die Person aber berechtigt, so kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass sie keine Perspektive der Aufenthaltsverfestigung in Deutschland hat" (vgl BT-Drucks 16/1368 S 14). Hier wird an einen Maßstab angeknüpft, den der Gesetzgeber mit § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b BErzGG gerade nicht aufgestellt hat. Auch den Gesetzesmaterialien lassen sich daher keinerlei rechtfertigende Gesichtspunkte für eine Ausgrenzung all jener Ausländer mit zur Erwerbstätigkeit berechtigender Aufenthaltserlaubnis entnehmen, deren Integration in den Arbeitsmarkt jedenfalls noch nicht vor längerer Zeit entfallen ist.

(2) Die Regelung des § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b BErzGG 2006 nimmt weiter nicht hinreichend die Gesamtsituation von Familien in den Blick. Unzulässig ausgegrenzt wird insbesondere auch diejenige BErzg beantragende Person, deren Ehepartner aktuell eine Erwerbstätigkeit ausübt oder Geldleistungen nach dem SGB III (z.B. Alg I) bezieht. In einigen solcher Fälle wird die beantragende Person zwar einen Aufenthaltstitel nach § 29 AufenthG aufgrund Familiennachzugs zu einem Ausländer mit Aufenthaltserlaubnis erhalten können. Besitzt der Ehepartner jedoch nur einen Aufenthaltstitel z.B. nach § 25 Abs. 4 oder 5 AufenthG, ist ein Aufenthaltstitel nach § 29 AufenthG wegen Familiennachzugs von vornherein ausgeschlossen (vgl Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl 2005, § 29 RdNr. 10). Nach Buchstabe b aaO wird die betreffende Person - soweit sie nicht selbst erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem SGB III bezieht oder sich in Elternzeit befindet - als voraussichtlich nicht auf Dauer in Deutschland verweilend eingestuft, obwohl der erwerbstätige Ehepartner iS des § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b BErzGG 2006 als hinreichend integriert gilt. Diese isolierte Betrachtung der BErzg beantragenden Person ist nicht sachgerecht. Auch das BVerfG hat in seiner Entscheidung zum Kindergeld aus dem Jahr 2004 (BVerfG, Beschluss vom 6.7.2004 - 1 BvL 4/97, 5/97 und 6/97 - BVerfGE 111, 160, 175 = SozR 4-5870 § 1 Nr. 1 RdNr. 66) für die Frage, ob eine günstige Prognose für einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland gestellt werden kann, auf beide Elternteile zusammen, nicht dagegen auf die Einzelperson abgestellt. Die Regelung des § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b BErzGG 2006 lässt demgegenüber gänzlich unberücksichtigt, dass aufgrund der familiären Gesamtsituation auch für die BErzg beantragende Person von einer günstigen Aufenthaltsprognose auszugehen sein kann, wenn der Ehepartner auf dem Arbeitsmarkt integriert ist. Denn es spricht einiges dafür, dass die Familie als Einheit und nicht nur der Erwerbstätige dauerhaft in Deutschland bleiben wird.

Gerade im geschilderten familiären Kontext wird zudem deutlich, dass der Gesetzgeber durch die in § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b BErzGG 2006 festgelegten Prognosekriterien letztlich den von ihm selbst mit Einführung des BErzg verfolgten Zweck, Eltern die eigene Betreuung ihrer Kinder durch Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen, konterkariert. Er grenzt mit seinen Anforderungen, dass die BErzg beantragende Person selbst einen aktuellen Bezug zum Arbeitsmarkt aufweisen muss, gerade diejenigen Elternteile aus, die den gewollten Anreizen des BErzg folgen, und treibt sie - soweit sie die Möglichkeit haben - letztlich doch wieder in Arbeit, um diesen Anreiz überhaupt in Anspruch nehmen zu können. Auch darin zeigt sich - jedenfalls im Rahmen des BErzGG (für das Kindergeldrecht trifft dieses Argument nicht zu) - die fehlende Eignung des Abgrenzungskriteriums eines aktuellen Bezugs des Antragstellers zum Arbeitsmarkt. Das BVerfG hat ausdrücklich klargestellt, dass der vom Gesetzgeber mit der Gewährung von BErzg verfolgte Erziehungsanreiz bei Ausländern - unabhängig davon, welchen Aufenthaltstitel sie innehaben - nicht weniger zur Geltung kommt als bei Deutschen, solange die Ausländer zur Erwerbstätigkeit berechtigt sind (BVerfGE 111, 176, 185 f, 188 = SozR 4-7833 § 1 Nr. 4 RdNr. 30, 35).

(3) Die durch § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b BErzGG 2006 bewirkte Benachteiligung von Ausländern mit Aufenthaltstiteln nach § 23 Abs. 1 AufenthG wegen eines Krieges in ihrem Heimatland oder nach §§ 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG ist auch nicht als verfassungsrechtlich zulässige Typisierung gerechtfertigt (aA wohl LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.2.2009 - L 13 EG 25/08 - juris RdNr. 41, wonach das Gericht die gesetzgeberische Wertung angesichts des weiten gesetzgeberischen Prognosespielraums nicht zu widerlegen vermochte).

Zwar liegt ein ausreichender Differenzierungsgrund für eine ansonsten nicht gerechtfertigte gesetzgeberische Benachteiligung in der Typisierung und Generalisierung von Sachverhalten, deren der Gesetzgeber anders nur schwer Herr werden kann (vgl so ausdrücklich das BVerfG, Beschluss vom 6.7.2004 - 1 BvR 2515/95 - BVerfGE 111, 176, 188 = SozR 4-7833 § 1 Nr. 4 RdNr. 37; vgl auch BVerfG, Beschluss vom 4.4.2001 - 1 BvL 7/98 - BVerfGE 103, 310, 319). Dies gilt insbesondere für Massenerscheinungen im Sozialleistungsrecht, also gerade auch im vorliegend relevanten Leistungsbereich (vgl BVerfG, Beschluss vom 3.4.1979 - 1 BvL 30/76 - BVerfGE 51, 115, 122 f = SozR 4100 § 112 Nr. 10 S 31). Die mit einer Typisierung verbundene Belastung ist aber nur hinzunehmen, wenn die mit ihr verbundenen Härten nicht besonders schwer wiegen und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (vgl BVerfG, Beschluss vom 6.7.2004 - 1 BvR 2515/95 - BVerfGE 111, 176, 188 = SozR 4-7833 § 1 Nr. 4 RdNr. 37).

Nach Überzeugung des Senats ist mit der in § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b BErzGG 2006 getroffenen Regelung schon keine Typisierung gelungen. Der Gesetzgeber hat dort nicht typischerweise alle jene Ausländer erfasst, denen - trotz ursprünglich nur als temporär konzipierten Aufenthalts (§ 26 AufenthG) - inzwischen eine günstige Daueraufenthaltsprognose gestellt werden kann. Zwar hat der Gesetzgeber insoweit eine konkrete Gruppe von Ausländern mit humanitärem, völkerrechtlich oder politisch veranlasstem Bleiberecht herausgegriffen, für die sich im Hinblick auf ihre aktuelle Anbindung an den Arbeitsmarkt eine entsprechende Bleibeprognose bejahen lässt. Angesichts der geschilderten Sachverhaltskonstellationen existiert daneben jedoch eine ganz beträchtliche Anzahl von Personen, die aufgrund ihrer bislang vorhandenen Nähe zum Arbeitsmarkt oder aufgrund ihrer familiären Situation ebenso voraussichtlich in Deutschland bleiben werden. Der aktuelle Bezug des Antragstellers zum Arbeitsmarkt ist daher zwar ein möglicher, jedoch in jedem Fall ein zu eng begrenzter Faktor, anhand dessen für Ausländer mit humanitären, völkerrechtlichen oder politisch begründeten Aufenthaltstiteln die Prognose eines Daueraufenthalts gestellt werden kann.

Im Übrigen wiegt aus Sicht des Senats der mit einer Versagung von BErzg verbundene Nachteil schwer. Das BVerfG hat eine entsprechende Bewertung zur Regelung des § 1 Abs. 1a Satz 2 BErzGG 1993 getroffen. Es hat insoweit ausgeführt, dass es damals um einen Geldbetrag von bis zu 14.400 DM pro Kind gegangen sei, der im Hinblick darauf, dass die getroffene Regelung nur in geringem Umfang zur Verwaltungsvereinfachung beigetragen habe, durchaus Gewicht gehabt habe (vgl BVerfGE 111, 176, 189 = SozR 4-7833 § 1 Nr. 4 RdNr. 38). Dasselbe muss auch für die hier maßgebliche Regelung des § 1 Abs. 6 Nr. 3 BErzGG 2006 gelten. Je nachdem, ob BErzg als Budget (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BErzGG 2005) oder als Regelbetrag (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BErzGG 2005) gewährt wird, geht es um einen Betrag von 5400 Euro bzw 7200 Euro pro Kind.

Es ist insoweit unzutreffend, wenn im Gesetzgebungsverfahren - unter Zitierung der Rechtsprechung des BVerfG in Sachen 1 BvL 4/97 ua (BVerfGE 111, 160, 175 = SozR 4-5870 § 1 Nr. 1 RdNr. 66) zur Verfassungsmäßigkeit begrenzter Zahlungen von Kindergeld an nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer - davon ausgegangen wurde, dass die Vorenthaltung solchermaßen beachtlicher Zahlungen im wesentlichen Eltern benachteilige, die in den deutschen Arbeitsmarkt integriert gewesen seien, da Eltern, die ausschließlich von Sozialhilfe lebten, nicht betroffen seien (vgl BT-Drucks 16/1368 S 8). Für das BErzg gilt diese Annahme nämlich nicht. Anders als das Kindergeld wurde das BErzg gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 BErzGG 2005 auf Sozialleistungen nicht angerechnet, also weder auf Alg II noch auf Sozialhilfe (vgl Irmen, in Hambüchen, Kindergeld, Erziehungsgeld, Elternzeit, § 8 BErzGG, Stand März 2006, RdNr. 8), noch - so ausdrücklich in § 8 Abs. 1 Satz 1 BErzGG 2005 geregelt - auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Der Ausschluss von Leistungen nach dem BErzGG trifft daher alle erziehenden Personen gleichermaßen in beachtlicher Weise. Die durch das gewählte Abgrenzungskriterium des § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b BErzGG 2006 gegenüber einer ausdifferenzierteren Regelung möglicherweise gewonnene Verwaltungsvereinfachung wiegt diese erhebliche Benachteiligung aus Sicht des Senats nicht auf.

3. Der Senat sieht keine Möglichkeit, § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b BErzGG 2006 dahin verfassungskonform auszulegen, dass die Klägerin als anspruchsberechtigt angesehen werden könnte.

Zwar ist der Begriff der Erwerbstätigkeit mangels gesetzlicher Einschränkung auf versicherungspflichtige Beschäftigungen weit auszulegen, so dass in § 1 Abs. 6 Nr. 3 Buchstabe b BErzGG 2006 auch geringfügige Beschäftigungen ("Mini-Jobs") ausreichen (vgl zu einem umfassenden Erwerbstätigkeitsverständnis in der entsprechenden Vorschrift zum Elterngeldrecht auch Irmen, in Hambüchen, BEEG-ESTG-BKGG, Stand April 2007, § 1 BEEG RdNr. 85). Das Erfordernis einer aktuellen Erwerbstätigkeit lässt sich jedoch jedenfalls dann nicht mehr bejahen, wenn eine Beschäftigung längere Zeit vor der Geburt des Kindes beendet war.

Die Vorschrift selbst ist ausdrücklich im Präsens formuliert; sie verlangt, dass jemand erwerbstätig "ist". Wenn der Senat versuchen wollte, die gewählte Verbform im Sinne von "ist oder gewesen ist" zu interpretieren, um auf diese Weise auch eine f