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VGH Hessen

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Zitieren als:
VGH Hessen, Beschluss vom 21.01.2010 - 7 B 3163/09 - asyl.net: M16554
https://www.asyl.net/rsdb/M16554
Leitsatz:

Nach einer Rücknahme der Einbürgerung lebt die frühere Niederlassungserlaubnis nicht wieder auf.

Schlagwörter: Niederlassungserlaubnis, Wiederaufleben, Rücknahme, Einbürgerung, Rechtsfolgen, Erlöschen
Normen: HVwVfG § 43 Abs. 2, EMRK Art. 8 Abs. 1
Auszüge:

[...] Regelung der Einbürgerung des Antragstellers war dessen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit. Die Beendigung der Wirksamkeit des zu diesem Zeitpunkt vom Antragsteller inne gehabten Aufenthaltstitels war nicht Regelungsgegenstand der Einbürgerung, sondern trat gemäß § 43 Abs. 2 HVwVfG kraft Gesetzes ein: Der Aufenthaltstitel erledigte sich in anderer Weise aufgrund des Wegfalls seines Regelungssubjekts - der Antragsteller war nicht mehr Ausländer im Sinne des § 2 Abs. 1 AufenthG - und infolge der Gegenstandslosigkeit der Regelung des Aufenthaltstitels, dem Antragsteller ein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet zu verschaffen. Die auf der Grundlage des § 48 HVwVfG verfügte Rücknahme der Einbürgerung mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens hat den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit des Antragstellers von Anfang an beseitigt, so dass der Antragsteller zu keinem Zeitpunkt Deutscher gewesen ist. Die Rückwirkung der Rücknahme der Einbürgerung hat dagegen nicht zur Folge, dass die durch die zunächst wirksame Einbürgerung des Ausländers ausgelöste Erledigung dessen Aufenthaltstitels ihrerseits rückwirkend entfallen und so der (frühere) Aufenthaltstitel wieder aufgelebt ist. Die gegenteilige Rechtsauffassung des Antragstellers gründet auf der Erwägung, dass eine zunächst wirksame Einbürgerung, die mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens zurückgenommen worden ist, ebenso wie eine nichtige Einbürgerung schlechthin keine Rechtsfolgen hat herbeiführen können. Die rückwirkende Beseitigung eines zunächst wirksamen, aber fehlerhaften Rechtsaktes durch eine behördliche Regelung ist indes eine rechtliche Fiktion. Die Bestimmung der Reichweite dieser Fiktion, namentlich im Hinblick auf solche Rechtsfolgen, die der rückwirkend aufgehobene Rechtsakt nicht selbst gesetzt hat, sondern die mittelbar an ihn angeknüpft haben, obliegt dem Gesetzgeber und ist vom Rechtsanwender durch Auslegung des jeweils einschlägigen materiellen Rechts - hier des Aufenthaltsgesetzes - zu ermitteln. Der (rückwirkenden) Fiktion des Wiederauflebens eines erloschenen Aufenthaltstitels steht entgegen, dass das Aufenthaltsgesetz sowohl die Begründung als auch den Fortbestand von Aufenthaltstiteln prinzipiell der (begleitenden) ausländerbehördlichen Kontrolle unterwirft (vgl. § 81 Abs. 1 AufenthG, §§ 51 ff. AufenthG). Diese entfiele bei Annahme eines rückwirkenden Wiederauflebens eines erloschenen früheren Aufenthaltstitels nach erfolgter Rücknahme einer Einbürgerung mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt deren Wirksamwerdens (ein Wiederaufleben des ursprünglichen Aufenthaltstitels des Ausländers nach rückwirkender Rücknahme dessen Einbürgerung verneinend auch: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31. Januar 2008 - 18 A 4547/06 - InfAuslR 2008, 208: OVG Niedersachsen, Beschluss vom 30. September 2009 - 12 LC 77/07 -; Hess. VGH, Urteil vom 14. Dezember 2009 - 9 A 2024/08 -; a.A. Marx, InfAuslR 2009, 303). Die hieraus folgende rechtliche Konsequenz, dass die Rücknahme der Einbürgerung den Wegfall der deutscher Staatsangehörigkeit und damit die Eigenschaft, Ausländer im Sinne des § 2 Abs. 1 AufenthG zu sein, rückwirkend fingiert, nicht aber die bis zur Einbürgerung vom Ausländer inne gehabte Aufenthaltsposition, verstößt auch nicht gegen grundgesetzliche und konventionsrechtliche Gewährleistungen. Namentlich dem Anspruch des Ausländers auf Achtung seines Privatlebens gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK kann und muss im Rahmen eines Antragsverfahrens auf Erteilung eines (neuen) Aufenthaltstitels Rechnung getragen werden. [...]