OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Urteil vom 20.10.2009 - 11 LB 56/09 - asyl.net: M16266
https://www.asyl.net/rsdb/M16266
Leitsatz:

1. Zum Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt AufenthG bei einem in Deutschland aufgewachsenen Ausländer.

2. Zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Altfallregelung in § 104a Abs. 1 und 2 AufenthG.

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: Ausweisung, Ermessensausweisung, libanesisch, türkisch, Staatsangehörigkeit, Registerauszug, Personenstandsregister, Mardin, Erziehungsregister, Jugendstrafe, Verwertungsverbot, Lebensunterhalt, außergewöhnliche Härte,
Normen: AufenthG § 23 Abs. 1, AufenthG § 104a, AufenthG § 25 Abs. 5, AufenthG § 25 Abs. 4 S. 2, AuslG § 45 Abs. 1, AuslG § 46 Nr. 2 1. Alt., AufenthG § 55 Abs. 2 Nr. 1 1. Alt., AuslG § 92 Abs. 1 Nr. 7, AuslG § 92 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt., AufenthG § 55 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt., BZRG § 63 Abs. 1, BZRG § 63 Abs. 4, BZRG § 51 Abs. 1, AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 1, AufenthG § 5 Abs. 2, AufenthG § 104a Abs. 1 S. 1, GG Art. 6 Abs. 1, GG Art. 2 Abs. 1, EMRK Art. 8 Abs. 1,
Auszüge:

[...]

Die Klage des Klägers hat Erfolg, soweit sie auf Aufhebung der im Bescheid des Beklagten vom 29. Juli 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Bezirksregierung Hannover vom 13. Januar 2004 verfügten Ausweisung gerichtet ist. Dagegen ist die Berufung des Beklagten insoweit begründet, als das Verwaltungsgericht ihn verpflichtet hat, die Aufenthaltsbefugnis des Klägers als Aufenthaltserlaubnis gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG zu verlängern. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach §§ 104a Abs. 1 und 2, 25 Abs. 5 oder 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG. [...]

1. Die auf § 45 Abs. 1 i.V.m. § 46 Nr. 2 1. Alt. AuslG (jetzt: § 55 Abs. 2 Nr. 1 1. Alt. AufenthG) gestützte Ermessensausweisung des Klägers erweist sich im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Senats (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 -, NVwZ 2008, 434) als rechtswidrig. Zwar hat der Senat in dem die Eltern des Klägers und seiner Geschwister N. und O. betreffenden Berufungsverfahren 11 LB 136/07 mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 29. Januar 2009 die Rechtmäßigkeit der gegen sie ebenfalls ergangenen Ermessensausweisung bejaht, doch gilt dies nicht für den heute 27-jährigen Kläger. Allerdings hat der Senat keine Zweifel, dass der Kläger neben der libanesischen Staatsangehörigkeit auch die türkische Staatsangehörigkeit besitzt. Der Senat hat im rechtskräftigen Urteil vom 29. Januar 2009 (a.a.O.) festgestellt, dass der Vater des Klägers (Kläger zu 1)) türkischer Staatsangehöriger war und seine Mutter (Klägerin zu 2)) türkische Staatsangehörige ist. Dazu ist Folgendes ausgeführt worden:

Die von dem Beklagten zusammengetragenen Indizien tragen seine Annahme, die Klägerin zu 2) sei türkische Staatsangehörige. Der Beklagte verweist zunächst auf die Aussage der Eltern der Klägerin zu 2), die unter dem Namen AB. und AC. im Bundesgebiet in AD. leben. Diese gaben bei getrennten Befragungen durch die Ausländerbehörde der Stadt AD. am 17. September 1998 an, dass sie eine Tochter mit dem Vornamen AE. hätten, die in B. lebe. Bei dieser Tochter handelt es sich um die Klägerin zu 2), die diese Angaben nicht angreift. Die Eltern der Klägerin zu 2) gaben ferner übereinstimmend an, dass sie eine weitere Tochter mit dem Vornamen AF. hätten. Mit Hilfe der Ausländerbehörde AG. stellte der Beklagte fest, dass die Tochter AF. mit einem türkischen Staatsangehörigen verheiratet ist und den Nachnamen AH. trägt. Eine Überprüfung des türkischen Reisepasses von Frau AH. ergab, dass dort als Vornamen der Eltern der Passinhaberin S. und AI. eingetragen sind. Mit Hilfe der Registerdaten dieses Ausweispapieres gelangte der Beklagte in den Besitz eines Registerauszuges aus dem türkischen Personenstandsregister für die Familie AJ. aus dem Dorf Ückavak bei der Kreisstadt Savur (Provinz Mardin) mit der Registernummer (Hane) .... Dort sind unter den laufenden Nummern 1 und 2 Personen mit dem Namen S. und AI. sowie unter der laufenden Nummer 7 eine Person mit dem Namen AF. aufgeführt, für die als Geburtsort Ückavak und als Geburtsdatum der 22. Juli 1961 genannt werden. Diese Angaben decken sich wiederum mit Eintragungen in dem türkischen Reisepass von Frau AF.. Angesichts dieser Übereinstimmungen ist davon auszugehen, dass es sich bei S. und AI. um die Eltern der Klägerin zu 2) und bei AF. um die Schwester der Klägerin zu 2) handelt. Wegen ihrer Abstammung von türkischen Eltern ist auch die Klägerin zu 2) türkische Staatsangehörige (Artikel 1 des Türkischen Staatsangehörigkeitsgesetzes Nr. 403 vom 11.2.1964 - tStAG -). Dass die Klägerin zu 2) im Registerauszug der Familie nicht aufgeführt ist, spricht nicht gegen ihre türkische Abstammung. Zwar besteht in der Türkei eine standesamtliche Registrierungspflicht für türkische Staatsangehörige. Dieser wird aber häufig nicht oder nicht in dem vorgeschriebenen Zeitraum nachgekommen, insbesondere dann nicht, wenn sich die türkischen Staatsangehörigen im Ausland aufhalten.

Der Kläger zu 1) hat im Verfahren auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbefugnis (vgl. etwa die Folgeanträge vom 20.1.1992, 14.12.1993 und 1.11.1994) ebenfalls unrichtige Angaben zu seiner Staatsangehörigkeit gemacht. Er war zum Zeitpunkt der Antragstellung türkischer Staatsangehöriger. Nach den Feststellungen des Beklagten wurde der Kläger zu 1) erst am 27. März 2003 aus der Türkei ausgebürgert. Der Beklagte stützt sich hinsichtlich seiner Annahme, der Kläger zu 1) sei türkischer Staatsangehöriger gewesen, auf eine Aussage der Mutter des Klägers zu 1), der Frau AK., die diese anlässlich einer Vorsprache am 2. September 2002 bei seiner Ausländerbehörde gemacht hat. Sie gab an, in Mardin in der Türkei geboren worden zu sein, später in der Türkei ihren Ehemann AL. geheiratet zu haben und mit diesem nach der Eheschließung in den Libanon ausgewandert zu sein. Ihr Ehemann habe in der Türkei Wehrdienst geleistet und sei Ende der 60er Jahre verstorben. Die Eltern ihres Ehemannes hießen AM. und AF.. Ihr Ehemann habe neben einer Schwester noch einen Bruder AN. in AD.. Diese Angaben glich der Beklagte mit dem Inhalt eines weiteren Auszugs aus dem türkischen Personenstandsregister der Familie AJ. aus Ückavak ab. Dabei stellte er zahlreiche Übereinstimmungen fest. In dem Auszug werden als Eltern von AO., dem Vater der Klägerin zu 2), AP. und AF. genannt. Ferner ist als Sohn von AP. und AF. und Bruder von S. ein R. erwähnt, der nach der alten türkischen Zeitrechnung im Jahre 1336 (entspricht nach der gregorianischen Zeitrechnung dem Jahr 1920) geboren wurde und am 1. Mai 1972 verstorben ist. Angesichts dieser namentlichen Übereinstimmungen ist als erwiesen anzusehen, dass es sich bei dem von der Mutter des Klägers zu 1) mit dem Vornamen AL. bezeichneten Ehemann um R. handelt. Dieser wiederum ist ein Bruder von AQ.. Der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) sind somit Cousin und Cousine. Für die türkische Herkunft des Klägers zu 1) sprechen nicht nur die Übereinstimmung zwischen den Angaben seiner Mutter zu einzelnen Familienmitgliedern und den namentlichen Registrierungen im standesamtlichen Auszug der Familie U.. AQ., der Vater der Klägerin zu 2), hat bei seiner Vorsprache in der Ausländerbehörde des Beklagten die Vornamen seiner Eltern mit AP. und AF. angegeben. Der Kläger zu 1) selbst hat im Rahmen einer Vorsprache bei der Ausländerbehörde des Beklagten als Onkel väterlicherseits AN. benannt. Hierbei handelt es sich offenkundig um AQ., den Vater der Klägerin zu 2). [...]

Bei einer Gesamtschau der vorstehend wiedergegebenen und teilweise bereits bewerteten Indizien ist die Einschätzung des Beklagten, die Klägerin zu 2) sei türkische Staatsangehörige und der Kläger zu 1) sei bis zu seiner Ausbürgerung türkischer Staatsangehöriger gewesen, nicht zu beanstanden. [...]

An dieser Einschätzung hält der Senat nach erneuter Überprüfung fest. Der Kläger hat keine Gesichtspunkte vorgetragen, die zu einer davon abweichenden Beurteilung Anlass geben könnten.

Nach dem in der Türkei herrschenden Abstammungsprinzip (vgl. jetzt Art. 7 Abs. 1 des am 12.6.2009 in Kraft getretenen neuen Staatsangehörigkeitsgesetzes; ebenso schon die zuvor geltende Regelung des Art. 1 tStAG) hat der Kläger als Kind türkischer Eltern die türkische Staatsangehörigkeit erworben. Dass sein Vater am 27. März 2003 aus der Türkei ausgebürgert worden ist, führt nicht zum Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit seiner Kinder (vgl. Art. 30 Abs. 2 tStAG n.F.; Art. 32 u. 34 tStAG a.F.).

Die Eltern des Klägers haben unrichtige bzw. unvollständige Angaben zu ihrer Identität und Staatsangehörigkeit gemacht und damit gegen die Vorschriften des § 92 Abs. 1 Nr. 7 AuslG 1965 bzw. § 92 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. AuslG 1990 verstoßen. Dieses Fehlverhalten ihrer Eltern mussten sich ihre minderjährigen Kinder, d.h. die Klägerinnen zu 5) (N.) und 6) (O.) des Berufungsverfahrens 11 LB 135/07, zurechnen lassen (Senatsurt. v. 29.1.2009, a.a.O., S. 20 d. UA). Beim Kläger verhält sich dies anders. Zwar war er bei der Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis am 1. März 2000 noch nicht 18 Jahre alt, doch wurde er bereits am 10. September 2000 volljährig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann einem Ausländer die Täuschung seiner Eltern über ihre Identität und Staatsangehörigkeit nur für die Zeit seiner Minderjährigkeit zugerechnet werden (vgl. Urt. v. 27.1.2009 - 1 C 40.07 -, NVwZ 2009, 979; ebenso Burr, in: GK-AufenthG, § 25 Rn. 156 u. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 104 a Rn. 38). Dem Kläger kann auch nicht der Vorwurf gemacht werden, dass er nach Eintritt seiner Volljährigkeit eigene Täuschungshandlungen begangen hat. Seine Mutter hat erstmalig bei der Vorsprache am 19. März 2001 im Ausländeramt des Beklagten eingeräumt, dass die Familie ursprünglich aus der Gegend um Mardin in der Türkei stamme. Ab diesem Zeitpunkt konnte deshalb bei dem Beklagten keine falsche Vorstellung über die Herkunft der Eltern des Klägers mehr bestehen. Der Kläger selbst hat als Volljähriger seine türkische Herkunft nicht verschleiert, sondern lediglich bestritten, positive Kenntnis von seiner türkischen Staatsangehörigkeit gehabt zu haben. Dies kann mit den jahrelangen bewussten Täuschungshandlungen seiner Eltern nicht gleichgesetzt werden. Seine libanesische Staatsangehörigkeit hat er bei Stellung seines Antrags auf Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis vom 13. Mai 2002 angegeben.

Die Ausweisung des Klägers kann auch nicht darauf gestützt werden, dass er in der Vergangenheit mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. [...]

Das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG gilt auch im Ausländerrecht (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.1.1997 - 1 C 17.94 -, InfAuslR 1997, 296; Renner, a.a.O., § 55 AufenthG Rn. 21; Hailbronner, a.a.O., § 55 AufenthG Rn. 32; Discher, a.a.O., vor §§ 53 ff. AufenthG Rn. 1136 ff.). Auch Eintragungen im Erziehungsregister fallen darunter (vgl. § 63 Abs. 4 i.V.m. § 51 Abs. 1 BZRG). Nach Jugendstrafrecht abgeurteilte Verfehlungen können bei der Ausweisung milder beurteilt werden als die Straftaten eines Erwachsenen (vgl. Hailbronner, a.a.O., § 55 AufenthG Rn. 91). Dies hat auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte für die Straftaten von Ausländern, die ihre gesamte Kindheit und Jugend oder den größten Teil davon im Gastland verbracht haben, in ständiger Rechtsprechung betont (vgl. Urt. v. 23.6.2008 - 1638/03 -, InfAuslR 2008, 333; Urt. v. 17.4.2003 - 32853/99 -, NJW 2004, 2147). Danach müssen zur Rechtfertigung der Ausweisung dieses Personenkreises besonders dann, wenn die zur Ausweisung führenden Straftaten als Jugendliche oder Heranwachsende begangen worden sind, sehr gewichtige Gründe vorgebracht werden. Hieran gemessen vermögen die strafrechtlichen Verfehlungen des Klägers eine Ermessensausweisung nicht zu begründen.

Der am 10. September 1982 geborene Kläger war im Zeitpunkt der Vorfälle, die Gegenstand staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsverfahren und jugendgerichtlicher Verfahren in den Jahren 1998 bis 2003 waren, noch Jugendlicher bzw. Heranwachsender. Ein Teil dieser Verfahren wurde nach § 45 Abs. 1 oder nach § 47 JGG eingestellt. In zwei Fällen (Urt. d. AG J. - Jugendgericht - v. 22.2.2001 u. Urt. d. AG B. - Jugendgericht - v. 22.11.2003) wurden ihm Auflagen erteilt (vgl. §§ 13 Abs. 2 u. 15 JGG). Diese Zuchtmittel haben aber - ebenso wie Erziehungsmaßregeln - nicht die Rechtswirkungen einer Strafe (vgl. § 13 Abs. 3 JGG). Alle diese Maßnahmen waren zwar in das Erziehungsregister einzutragen (vgl. § 60 Abs. 1 Nr. 2 u. 7 BZRG). Sie unterliegen aber mit Vollendung des 24. Lebensjahres des Klägers im September 2006 einem Verwertungsverbot (§ 63 Abs. 1 u. 4 i.V.m. § 51 Abs. 1 BZRG; vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 28.1.1997, a.a.O.). Die gegen den Kläger in der Folgezeit bis zum Jahr 2006 eingeleiteten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren wurden entweder gemäß § 153 Abs. 1 bzw. § 154 Abs. 1 StPO oder nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Hieran wird deutlich, dass es sich auch insofern nicht um schwerwiegende Verfehlungen des Klägers handelte. Allerdings war bei ihm bis einschließlich zum Jahr 2004 eine gewisse Neigung zu Körperverletzungsdelikten zu beobachten, die aber nicht zur Verhängung einer Geld- oder Freiheitsstrafe geführt haben. In dieser Hinsicht ist er zudem seit dem Jahr 2005 nicht mehr auffällig geworden. Unter diesen Umständen reichen die strafrechtlichen Verfehlungen des Klägers für die Rechtfertigung einer Ermessensausweisung nicht aus. Aber selbst wenn man den Tatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. AufenthG (= § 46 Nr. 2 1. Alt. AuslG) als erfüllt ansehen würde, wäre eine Ausweisung des Klägers jedenfalls mit Blick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrecht (vgl. Urt. v. 23.6.2008, a.a.O.) im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK unverhältnismäßig. Der Kläger, der im Alter von ca. 3 3/4 Jahren eingereist ist, hat den größten Teil seiner Kindheit und Jugend in Deutschland verbracht. Er hat keine schwerwiegenden Straftaten begangen. Auch bestehen Anzeichen dafür, dass er seinen früheren Hang zur Gewalttätigkeit überwunden hat.

2. Dagegen steht dem Kläger kein Anspruch auf Verlängerung oder Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen zu, wie sie sich aus Abschnitt 5 des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes ergibt. Nicht zu prüfen war, ob der Kläger einen Anspruch auf Verlängerung der ihm erteilten Aufenthaltsbefugnis als Aufenthaltserlaubnis gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG in Verbindung mit den früheren Niedersächsischen Bleibeerlassen hat. Denn sein damaliger Prozessbevollmächtigter hat in der mündlichen Verhandlung vom 29. Januar 2009 ausdrücklich erklärt, dass er auf eine Weiterverfolgung dieses - vom Verwaltungsgericht positiv beschiedenen - Antrags verzichte. Da aber die vom Kläger begehrte Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis als Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen auch Ansprüche erfasst, die auf Neuerteilung gerichtet sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.1.2009, a.a.O.), und bei ausländerrechtlichen Verpflichtungsklagen grundsätzlich auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz abzustellen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.9.2007 - 1 C 43.06 -, BVerwGE 129, 226), kommt als neue Anspruchsgrundlage die am 28. August 2007 in Kraft getretene Altfallregelung des § 104 a AufenthG in Betracht. Allerdings vermag diese Vorschrift nur einen Anspruch für die Zeit ab ihrem Inkrafttreten zu begründen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.1.2009, a.a.O.). Des Weiteren ist die Erteilung bzw. Verlängerung eines - ebenfalls humanitär begründeten - Aufenthaltsrechts nach § 25 Abs. 5 und § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG Streitgegenstand des Berufungsverfahrens. Die Voraussetzungen dieser Bestimmungen sind jedoch nicht erfüllt.

a) Nach § 104 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG soll einem geduldeten Ausländer abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und weitere, im Einzelnen unter Nr. 1 bis 6 bezeichnete Voraussetzungen vorliegen. Dass der Kläger nicht - wie von der Vorschrift vorausgesetzt - förmlich geduldet wird, ist nach Auffassung des erkennenden Senats unschädlich. Die Situation des Klägers ist mit der eines geduldeten Ausländers vergleichbar. Zwar ist er ausreisepflichtig, doch war die Ausreisepflicht nicht vollziehbar, da das Verwaltungsgericht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die aufschiebende Wirkung seiner Klage angeordnet hatte. Ihm konnte keine Duldung erteilt werden, weil diese voraussetzt, dass die Ausreisepflicht vollziehbar ist (vgl. Funke-Kaiser, a.a.O., § 60 AufenthG Rn. 111). Eine Ungleichbehandlung dieser Personengruppen wäre nur schwer verständlich. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Frage im Urteil vom 27. Januar 2009 (a.a.O.) nicht abschließend entschieden. Der Beklagte geht nach Absprache mit dem Niedersächsischen Innenministerium ebenfalls davon aus, dass der Umstand einer fehlenden förmlichen Duldung bzw. Duldungsbescheinigung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a AufenthG an den Kläger nicht entgegensteht.

Zwar dürfte der Kläger auch die übrigen aufenthaltsrechtlichen Anforderungen des § 104 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erfüllen, doch liegen keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür vor, dass es ihm künftig gelingen wird, seinen Lebensunterhalt einschließlich Krankenversicherungsschutz (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG) vollständig oder überwiegend durch eigene Erwerbstätigkeit zu sichern. Bei Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 104 a Abs. 1 AufenthG "soll" die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Dies bedeutet, dass die Aufenthaltserlaubnis in der Regel erteilt werden muss und nur bei Vorliegen von atypischen Umständen nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden ist (vgl. 10. Sen. d. erk. Ger., Beschl. v. 31.3.2009 - 10 LA 411/08 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.7.2008 - 11 S 158/08 -, juris; BVerwG, Urt. v. 22.11.2005 - 1 C 18.04 -, BVerwGE 124, 326 zur Soll-Vorschrift des § 25 Abs. 3 Satz 1 AufenthG). [...]

Der Kläger lebt seit mehr als 23 Jahren in Deutschland. Zwar erwarb er im Juli 1999 den Hauptschulabschluss, doch ist es ihm nicht gelungen, sich in wirtschaftlicher Hinsicht zu integrieren. Er verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung und war von Oktober 2003 bis zum 23. September 2009 arbeitslos. Während dieser Zeit bezog er zunächst Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und später Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Allerdings war er vom 13. April 2007 bis zum 4. Januar 2009 an einer Erwerbstätigkeit aus Rechtsgründen gehindert (vgl. die entsprechenden ausländerbehördlichen Bescheinigungen der Landeshauptstadt Hannover). Der erkennende Senat kann offen lassen, ob ein derartiges Hindernis in diesem Zusammenhang rechtlich beachtlich ist oder nicht (vgl. einerseits 10. Sen. d. erk. Ger., Beschl. v. 17.11.2006 - 10 ME 222/06 -, AuAS 2007, 28; BayVGH, Beschl. v. 14.9.2006 - 24 C 06.1327 -, juris; Burr, a.a.O., § 25 AufenthG Rn. 157; andererseits OVG Bremen, Beschl. v. 6.8.2007 - 1 B 315/07 -, juris; Huber/Göbel/Zimmermann, a.a.O., S. 235 Rn. 611; Kirsch, Die erste bundesrechtliche Altfallregelung in § 104 a Aufenthaltsgesetz, ZAR 2008, 130, 133). Denn der Kläger muss sich vorhalten lassen, dass es ihm auch in den von diesem rechtlichen Hindernis nicht erfassten Zeiträumen bis zum 23. September 2009 nicht gelungen ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Dass er seit dem 23. September 2009 als Konfektionierer/Lagermitarbeiter bei einer Speditionsgesellschaft beschäftigt ist, vermag zu keiner für ihn günstigeren Beurteilung zu führen. Der Senat kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der entsprechende Arbeitsvertrag vom 18. September 2009 in erster Linie wegen des dem Kläger spätestens seit Anfang September 2009 bekannten Verhandlungstermins des Senats abgeschlossen worden ist. Auch hat er die Nachweise darüber erst in der mündlichen Verhandlung vom 20. Oktober 2009 vorgelegt. Es erscheint zudem völlig ungewiss, wie lange der Kläger diese Tätigkeit ausüben kann und wird. Wie sich aus dem Arbeitsvertrag ergibt, gelten die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses als Probezeit, während der ihm jederzeit unter Einhaltung einer Frist von sieben Tagen gekündigt werden kann. Darüber hinaus bestehen erhebliche Zweifel, ob in dem Speditionsunternehmen ausreichend Arbeit für den Kläger zur Verfügung steht. Sein Bruder P., der in diesem Unternehmen ebenfalls (und zwar seit dem 3.9.2009) beschäftigt ist, hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass alle Mitarbeiter im Monat September für zweieinhalb Wochen keine Arbeit gehabt und keinen Lohn erhalten hätten. Angesichts dessen ist für den Kläger auch mit Blick auf den Stichtag des 31. Dezember 2009 eine verlässliche berufliche Perspektive nicht absehbar.

Hiervon abgesehen hat der Kläger bisher in keiner Weise belegt, dass er mittels der jetzt aufgenommenen Beschäftigung den Lebensunterhalt für sich bestreiten kann und künftig auf den Bezug von Sozialleistungen nicht mehr angewiesen ist. In § 3 des Arbeitsvertrages ist lediglich ein Leistungslohn angegeben. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung dazu erklärt, dass er bisher keine genaue Lohnabrechnung erhalten habe. Er wisse aber von den übrigen Kollegen, dass der Arbeitslohn etwa zwischen 800 bis 1.200,-- EUR brutto monatlich betrage. Es erscheint äußerst fraglich, ob er von diesem Gehalt nach Abzug sämtlicher in § 11 Abs. 2 SGB II angeführten Beträge (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 26.8.2008 - 1 C 32.07 -, BVerwGE 131, 370) seinen Lebensunterhalt sichern kann, zumal er auch noch gegenüber seiner Tochter unterhaltspflichtig ist. Diese Unsicherheiten sprechen ebenfalls dagegen, dass der Kläger die erforderliche eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts auf Dauer erreichen wird. Seine Lebenspartnerin kann ihn nicht finanziell unterstützen, weil sie selbst Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II erhält. Schließlich ist auch ein Härtefall im Sinne des § 104 a Abs. 6 AufenthG nicht ersichtlich.

Ebenso wenig ergibt sich ein Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus § 104 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Danach kann einem geduldeten volljährigen ledigen Kind eines geduldeten Ausländers, der sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn es bei der Einreise minderjährig war und gewährleistet erscheint, dass es sich aufgrund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann. Abs. 1 des § 104 a AufenthG schließt die Anwendung dieser Regelung nicht aus (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.1.2009, a.a.O.; Funke-Kaiser, a.a.O., § 104 AufenthG Rn. 66). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Kläger auch als "lediges" Kind im Sinne des § 104 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG anzusehen, obwohl er nach islamischem Ritus verheiratet ist, da eine derartige Eheschließung auch sonst im Aufenthaltsrecht nicht anerkannt werde (Urt. v. 27.1.2009, a.a.O.). Der Kläger erfüllt aber deshalb nicht die Voraussetzungen dieser Vorschrift, weil - selbst wenn man ihn einem geduldeten Ausländer gleichstellen würde - seine Eltern nicht mehr als geduldete Ausländer anzusehen sind. Denn sie sind seit der am 20. Juli 2009 eingetretenen Rechtskraft des Senatsurteils 11 LB 136/07 vom 29. Januar 2009 unanfechtbar ausreisepflichtig (vgl. § 50 Abs. 1 u. 2. AufenthG). Ihre (aktuelle) aufenthaltsrechtliche Stellung unterscheidet sich deshalb grundlegend von der eines förmlich geduldeten bzw. eines vorläufigen Rechtsschutz genießenden Ausländers.

Aber selbst wenn man dieser Auffassung nicht folgen sollte, würde die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG an dem Fehlen der erforderlichen positiven Integrationsprognose scheitern. Allerdings dürften die strafrechtlichen Verfehlungen des Klägers der Erteilung nicht entgegenstehen. Wie der Senat bereits ausgeführt hat, greift hier zugunsten des Klägers zum einen das Verwertungsverbot des § 63 Abs. 1 u. 4 i.V.m. § 51 BZRG ein. Zum anderen sind die gegen den Kläger später eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nach § 153 Abs. 1 bzw. § 154 Abs. 1 und § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Die strafrechtlichen Verfehlungen des Klägers haben deshalb nicht ein solches Gewicht, dass sie einer positiven Integrationsprognose entgegenstehen könnten.

Etwas Anderes gilt aber für die in die Gesamtbewertung ebenfalls einzustellenden Gesichtspunkte der wirtschaftlichen und beruflichen Integration. Zu Lasten des Klägers ist insofern zu berücksichtigen, dass er - wie bereits ausgeführt - über keine Berufsausbildung verfügt, einer Erwerbstätigkeit erst seit Kurzem nachgeht und jahrelang öffentliche Sozialleistungen bezogen hat, ohne dass sich eine grundlegende Besserung seiner wirtschaftlichen und beruflichen Lage abzeichnet. Gerade die fehlende Berufsausbildung, die seine Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt erschwert, ist bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 104 a Abs. 2 AufenthG - wie ihre besondere Hervorhebung in Satz 1 deutlich macht - von wesentlicher Bedeutung.

Dass der Kläger seit nunmehr über 23 Jahren im Bundesgebiet lebt und die deutsche Sprache beherrscht, vermag die festgestellten wirtschaftlichen und beruflichen Defizite nicht auszugleichen. Er konnte auch kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand seines Aufenthalts entwickeln. Insbesondere muss er sich entgegenhalten lassen, dass sein Aufenthaltsrecht in Deutschland durch eine bewusste Täuschung seiner Eltern begründet worden ist. Diese Täuschung muss er sich jedenfalls für die Zeit seiner Minderjährigkeit zurechnen lassen. Damit kommt seiner langjährigen Aufenthaltsdauer insgesamt nicht das Gewicht zu, wie wenn der Aufenthalt formell und materiell in jeder Hinsicht unbedenklich wäre (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 27.1.2009, a.a.O.).

Nach alledem ist der Kläger nicht derart in den Verhältnissen der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt, dass ihm im Hinblick auf den in Art. 6 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG sowie in Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Schutz des Familien- und Privatlebens ein Bleiberecht eingeräumt werden müsste. Ein solches ergibt sich auch nicht aus den Beziehungen des volljährigen Klägers zu seinen in Deutschland lebenden Eltern und Geschwistern. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass diese auf die Lebenshilfe des Klägers oder umgekehrt dieser auf deren Unterstützung angewiesen ist. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Eltern des Klägers und seine Schwestern N. und O. unanfechtbar ausreisepflichtig sind. Schließlich kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Bindungen an seine Lebensgefährtin, die ebenfalls die libanesische Staatsangehörigkeit besitzt, und das gemeinsame Kind einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstünden. Weder aus Art. 6 Abs. 1 GG noch aus Art. 8 Abs. 1 EMRK folgt die Verpflichtung des Staates, dem Wunsch ausländischer Familienmitglieder auf Zusammenleben im Bundesgebiet zu entsprechen. Dies gilt erst recht, wenn - wie hier - der Lebenspartner und das gemeinsame Kind über kein gesichertes Aufenthaltsrecht in Deutschland verfügen. Sie müssen sich deshalb auf eine gemeinsame Übersiedlung in den Libanon verweisen lassen.

Dass dem Kläger ein Leben im Libanon nicht zugemutet werden könnte, ist nicht feststellbar. Er besitzt die libanesische Staatsangehörigkeit und verfügt über einen gültigen libanesischen Pass. Außerdem kann davon ausgegangen werden, dass er die arabische Sprache - die Muttersprache seiner Eltern - wenigstens in den Grundzügen beherrscht. Es kann erwartet werden, dass er diese Kenntnisse gegebenenfalls mit Hilfe seiner Eltern im Libanon ausbaut. Außerdem ist dem Senat aus dem Parallelverfahren 11 LB 136/07 bekannt, dass im Libanon Verwandte von ihm leben. Dem heute 27-jährigen Kläger dürfte es auch durch Verrichtung einfacher Tätigkeiten möglich sein, im Libanon seinen Lebensunterhalt hinreichend zu sichern. Sollte ihm dieses wider Erwarten nicht gelingen, müsste er auf die wirtschaftliche Unterstützung seiner dort lebenden Verwandten und/oder in Deutschland wohnender Familienangehöriger zurückgreifen, etwa auf die seines Bruders C., der - wie dem Senat ebenfalls bekannt ist - als Geschäftsmann erfolgreich tätig ist und sich durchschnittlich ein- bis zweimal im Jahr im Libanon aufhält. Nach alledem hält der Senat die (Re-)Integration des Klägers in den Libanon trotz seines langen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland nach Überwindung gewisser Eingewöhnungsschwierigkeiten für möglich und zumutbar.

b) Ein Anspruch des Klägers nach § 25 Abs. 5 AufenthG scheidet von vornherein aus, da er - wie nach Satz 1 erforderlich - nicht vollziehbar ausreisepflichtig ist. Er genießt aufgrund des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 5. März 2004 - 6 B 7323/03 - vorläufigen Rechtsschutz (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.1.2009, a.a.O.).

c) Schließlich kommt auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann eine Aufenthaltserlaubnis abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 AufenthG, also unabhängig vom Wegfall der Erteilungsvoraussetzungen verlängert werden, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außerordentliche Härte bedeuten würde. Die in der bisherigen Rechtsprechung zur Vorgängerbestimmung des § 30 Abs. 2 AuslG 1990 aufgestellten hohen Anforderungen gelten auch im Rahmen des § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG (BVerwG, Beschl. v. 8.2.2007 - 1 B 69.06 u.a. -, NVwZ 2007, 844). [...]

Hiervon ausgehend kann im Fall des Klägers keine außergewöhnliche Härte im Sinne des § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG festgestellt werden. Der erkennende Senat hat sich bereits im Rahmen der Prüfung des § 104 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG eingehend mit den Lebensverhältnissen des Klägers befasst und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass er in Deutschland nicht hinreichend verwurzelt ist und für ihn die Möglichkeit und Zumutbarkeit der (Re-)Integration im Libanon besteht. Diese Ausführungen gelten hier entsprechend, zumal § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG auch nach der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts strenge Anforderungen an die Annahme einer außerordentlichen Härte stellt.

Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift steht ferner entgegen, dass die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG (Sicherung des Lebensunterhalts) nicht vorliegt und auch ein Ausnahmefall im Sinne des § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nicht ersichtlich ist.

3. Schließlich begegnet die auf § 59 AufenthG gestützte Androhung des Beklagten, den Kläger bei Nichtbeachtung der Ausreisepflicht in den Libanon abzuschieben, keinen rechtlichen Bedenken. Der Kläger ist libanesischer Staatsangehöriger und ist im Besitz eines gültigen libanesischen Reisepasses. [...]