BVerfG

Merkliste
Zitieren als:
BVerfG, Beschluss vom 25.09.2009 - 2 BvR 1195/08 - asyl.net: M16131
https://www.asyl.net/rsdb/M16131
Leitsatz:

Die Verfassungsbeschwerde betrifft das Erfordernis der richterlichen Anordnung geplanter Festnahmen zur Vorführung vor den Abschiebungshaftrichter. Erforderlich ist auch für den Erlass einer einstweiligen Anordnung im Freiheitsentziehungsverfahren ein auf den Einzelfall bezogener, mit Gründen versehener, schriftlicher Beschluss.

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Sicherungshaft, geplante Festnahme, richterliche Anordnung, Freiheitsentziehung, Freiheitsbeschränkung, Haftbeschluss
Normen: GG Art. 2 Abs. 2 Satz 2, GG Art. 104 Abs. 1 Satz 1, GG Art. 104 Abs. 2 Satz 1, AufenthG § 62 Abs. 4, AufenthG § 95 Abs. 1 Nr. 2, SOG LSA § 37 Abs. 1 Nr. 2, FreihEntzG § 6 Abs. 1, FreihEntzG § 11 Abs. 2 Satz 1
Auszüge:

[...]

1. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG. [...]

§ 6 Abs. 1 in Verbindung mit § 11 Abs. 2 Satz 1 FreihEntzG fordert auch für den Erlass einer einstweiligen Anordnung im Freiheitsentziehungsverfahren einen mit Gründen versehenen Beschluss, also eine einzelfallbezogene Begründung, aus der sich die tatsächlichen Feststellungen sowie die den Beschluss tragenden rechtlichen Erwägungen des Gerichts ergeben (vgl. Marschner, in: Marschner/Volckart, Freiheitsentziehung und Unterbringung, 4. Aufl. 2001, § 6 FreihEntzG Rn. 1). Daraus folgt das Gebot eines schriftlichen und begründeten Beschlusses (vgl. BVerfG, a.a.O., Abs.-Nr. 25).

c) Die Rechtsanwendung des Oberlandesgerichts wird den grundrechtlichen Anforderungen nicht gerecht.

Das Oberlandesgericht hat nicht geprüft, ob die in dem Gesetz über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehung vorgeschriebenen Formen eingehalten wurden. Seine Feststellung, eine richterliche Anordnung könne auch mündlich ergehen, verfehlt den Inhalt der gesetzlichen Formvorschriften. Dass das Amtsgericht den von § 6 Abs. 1 in Verbindung mit § 11 Abs. 2 Satz 1 FreihEntzG geforderten schriftlichen, mit Gründen versehenen Beschluss erlassen hätte, hat das Oberlandesgericht nicht festgestellt. Darauf, ob richterliche Anordnungen überhaupt, also ohne Ansehung der gesetzlichen Bestimmungen des anzuwendenden Freiheitsbeschränkungsrechts, nach der Vorgehensweise des Amtsgerichts erlassen werden können, kam es nicht an. [...]