Ein in einem Mitgliedstaat der EU gestellter Asylantrag steht der Abschiebungs- oder Zurückschiebungshaft entgegen; akzeptiert ein Dublinstaat ein deutsches Übernahmeersuchen oder läuft die Frist des Art. 20 Abs. 1 der Dublin II-Verordnung ab, liegt ein wirksam gestellter Asylantrag in dem betreffenen Staat vor; die Haft wird unverhältnsimäßig, wenn die Überstellung nicht erfolgt, sobald sie technisch möglich ist.
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Die gem. § 7 FEVG statthafte und form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Betroffenen ist teilweise begründet und im Übrigen unbegründet.
Das Amtsgericht Königs Wusterhausen hat dem Grunde nach mit Recht auf den Antrag der Beteiligten Sicherungshaft zur Zurückschiebung der Betroffenen angeordnet.
Die Anordnung von Sicherungshaft gemäß § 57 Abs. 3 i.V.m. § 62 Abs.2 AufenthG setzt voraus, dass der Ausländer ausreisepflichtig ist und dass ein oder mehrere Haftgründe vorliegen. [...]
Der Betroffene hat wegen einer unerlaubten Einreise in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland den Haftgrund des § 62 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG verwirklicht, denn er ist mit einem gefälschten belgischen Pass in die Bundesrepublik eingereist. [...]
Daneben liegt auch der Haftgrund des § 62 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG vor, denn die Einreise mittels gefälschter Dokumente begründet grundsätzlich den Verdacht, dass sich der Betroffene durch Untertauchen der Abschiebung entziehen werde.
Der Aufrechterhaltung der Sicherungshaft zur Zurückschiebung des Betroffenen nach Griechenland stehen weder sein bei der Befragung am 13. November 2008 mündlich gegenüber der Beteiligten noch sein aus der Haft gestellter Asylantrag von 24. November 2008 entgegen.
Die Asylantragstellung fährt zwar gemäß § 55 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG zu einer Aufenthaltsgestattung, beendet die Ausreisepflicht und bedingt damit grundsätzlich auch die Beendigung der Abschiebungshaft.
Durch die gegenüber der Beteiligten erfolgte Berufung auf Asyl hat der Betroffene noch keine Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erworben. Da er aus einem sicheren Drittstaat (§ 26 Abs. 2 AsylVfG) unerlaubt eingereist war, setzt die Aufenthaltsgestattung einen förmlichen Asylantrag im Sinne des § 14 AsylVfG voraus. [...] Dem steht nicht entgegen, dass die Zurückschiebungshaft in § 14 AsylVfG nicht ausdrücklich erwähnt wird. Aus § 57 Abs. 3 AufenthG ergibt sich hinreichend klar der gesetzliche Wille, dass für die Zurückschiebungshaft die Regeln über die Abschiebungshaft, nämlich § 62 AufenthG entsprechend anzuwenden sind. Diese finden in § 14 AsylVfG ihre weitere Ausgestaltung. § 14 AsylVfG ist daher auf die Zurückschiebungshaft anzuwenden. Dies ergibt sich schon aus § 14 AsylVfG selbst, dessen Abs. 3 (i.d.F. vom 19.08.2007) auf die Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft - zu denen auch das Dublin II-Abkommen gehört - Bezug nimmt. Darüber hinaus war es auch Zweck der erfolgten Änderung des § 14 AsylVfG, sicherzustellen, dass Ausländer, die im Rahmen des Dublin II-Verfahrens kurzfristig in den für das Asylverfahren zuständigen Staat verbracht werden sollen, nicht vorzeitig aus der Haft entlassen werden und untertauchen (vgl, OLG München a.a.O., m.w.N.).
Nach § 14 Abs. 3 Satz 2 Asyl WO endet die Abschiebungshaft mit der Zustellung der Entscheidung des BAMF, spätestens jedoch vier Wochen nach Eingang des Asylantrages beim Bundesamt, es sei denn es wurde aufgrund von Rechtsvorschriften der europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren ein Auf- oder ein Wiederaufnahmeersuchen an einen anderen Staat gerichtet oder der Asylantrag wurde als unbeachtlich oder offensichtlich unbegründet abgelehnt.
Da, wie die Beteiligte in der Anhörung ausgeführt hat, ein Übernahmeersuchen - und damit ein Konsultationsverfahren - an Griechenland herangetragen wurde, greift die 4-wöchige Frist des § 14 AsylVfG nicht ein.
Hieraus ist jedoch nicht zu folgern, dass keinerlei Fristen Bedeutung haben.
Vielmehr steht nicht nur ein innerhalb der Bundesrepublik vor Haftanordnung gestellter Asylantrag der Sicherungshaft entgegen. Dies muss auch gelten, wenn es sich um einen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrag handelt (Saarländisches Oberlandesgericht, 15 W 131/08).
Wenn sichere Kenntnisse darüber fehlen, ob der Betroffene im Mitgliedstaat einen Asylantrag gestellt hat - wie hier -, so ist davon auszugehen, dass spätestens nach 1 Monat nach Übernahmeersuchen der ersuchte Staat eine Wiederaufnahme akzeptiert hat und damit ein wirksam gestellter Asylantrag vorliegt.
Gemäß Artikel 20 Verordnung (EG) Nr. 343/2003 hat sich der Mitgliedsstaat, der um Wiederaufnahme des Asylbewerbers ersucht wird, nicht später als einen Monat, nachdem er mit dem Ersuchen befasst wurde, zu erklären. Stützt sich der Antrag auf Angaben aus dem Eurodac-System, - wie hier nicht - verkürzt sich diese Frist auf zwei Wochen (Art. 20 Abs. 1 lit. b). Hält der ersuchte Mitgliedsstatt diese Fristen nicht ein, gilt die Wiederaufnahme als akzeptiert (Art. 20 Abs. 1 lit. c).
Auch wenn diese Vorschriften nach ihrem Sinn und Zweck dazu bestimmt sind, eine rasche Bestimmung des für die Prüfung des Asylantrages zuständigen Mitgliedstaates zu ermöglichen, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und eine zügige Bearbeitung von Asylanträgen nicht zu gefährden, können die dort geregelten Fristen für die Frage, ab welchem Zeitpunkt ein in einem Mitgliedstaat gestellter Erstasylantrag der Anordnung oder Aufrechterhaltung von Haft in der Bundesrepublik Deutschland entgegensteht, nicht unberücksichtigt bleiben. Vielmehr ist hieraus zu schließen, dass, wenn Anhaltspunkte für eine frühere Kenntnis von der Stellung eines Asylantrages in einem Mitgliedstaat fehlen, eine solche jedenfalls mit Eingang der Erklärung, spätestens mit Ablauf dieser Fristen anzunehmen ist.
Demgemäß ist nicht nur eine zuverlässige Kenntnis von der Stellung eines Asylantrages mit Ablauf dieser Fristen anzunehmen, sondern auch davon auszugehen, dass der ersuchte Mitgliedstaat den Asylsuchenden zurücknimmt, um das Asylverfahren dort durchzuführen. Da, wie die Beteiligte ausgeführt hat, die Frist, innerhalb derer sich die griechischen Behörden zu erklären haben, am 15.1.2008 endet und eine Zurückschiebung nach Griechenland innerhalb von 4 Werktagen möglich ist, ist die Anordnung der Haft bis zum 21.1.2008 verhältnismäßig, da die über den Ablauf der Frist benötigte kurze Zeitspanne von 4 Werktagen benötigt wird, um die technischen Voraussetzungen für eine Rückführung nach Griechenland zu schaffen. [...]