KG Berlin

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Zitieren als:
KG Berlin, Beschluss vom 23.03.2009 - 16 UF 57/09 - asyl.net: M15674
https://www.asyl.net/rsdb/M15674
Leitsatz:

Allein die ausländische Herkunft des Vaters eines deutschen Kindes oder Verständigungsprobleme zwischen Vater und Mutter wegen mangelnder Sprachkenntnisse rechtfertigen nicht die Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf die Mutter.

Schlagwörter: Familienrecht, Kindschaftsrecht, Sorgerecht, alleiniges Sorgerecht, Kindeswohl, Sprachkenntnisse, gemischt-ethnische Abstammung
Normen: BGB § 1671 Abs. 2 Nr. 2; ZPO § 114
Auszüge:

[...]

Der Mutter wird für das Beschwerdeverfahren keine Prozesskostenhilfe bewilligt, weil ihre nach § 621 e ZPO zulässige Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat, § 114 ZPO.

Mit zutreffenden Gründen hat das Amtsgericht den Antrag der Mutter, ihr die alleinige elterliche Sorge für, die am ... 2008 geborene ... zu übertragen, zurückgewiesen, denn die Aufhebung der gemeinsamen sorge der getrennt lebenden Eltern und die Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf die Mutter entspricht nicht dem Wohl des Kindes am besten, § 1671 Abs. 2 Nr.2 BGB. Die Argumente der Beschwerde vermögen die überzeugende Begründung des amtsgerichtlichen Beschlusses nicht zu entkräften. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, weshalb die sprachliche Verständigung der Eltern nunmehr schwieriger sein soll als vor Abgabe der gemeinsamen Sorgerechtserklärung. Solange die Eltern miteinander befreundet waren, ist die Verständigung auch nicht an Sprachproblemen gescheitert. Es gibt auch keine Anhaltspunkte für eine konkrete Entführungsgefahr durch den Vater, der nunmehr eine Aufenthaltserlaubnis bis zum 21. Januar 2010 hat. Der Bericht des Jugendamts bescheinigt dem Vater vielmehr große und bisher erfolgreiche Integrationsbemühungen. Sie kann nicht allein daraus gefolgert werden, dass der Vater aus Angola stammt und dort verwandtschaftliche Bindungen hat. Eine Anerkennung dieser Argumentation wäre diskriminierend, denn sie würde dazu führen, dass jedem Elternteil nichtdeutscher Herkunft mit befristeter Aufenthaltsgenehmigung bzw. einer Duldung das Sorgerecht aberkannt werden müßte. [...] Die Mutter kann nicht darauf verweisen, dass es schwierig sei, von dem Vater erforderliche Erklärungen zu erhalten, weil sie nicht mit ihm reden könne. Verständnisschwierigkeiten - seien sie sprachlicher, kultureller oder rechtlicher Natur - erfordern besondere Bemühungen der Mutter, sich mit dem Vater, dessen Abstammung aus einer anderen Kultur ihr von Anfang an bekannt war, ins Benehmen zu setzen. Sie sind kein Grund, den Vater aus seinem Sorgerecht, das zugleich auch eine Sorgepflicht bedeutet (§ 1626 Abs. 1 BGB) zu entlassen. Der Vater hat allerdings seinerseits dafür zu sorgen, dass Verständigungsprobleme minimiert werden, indem er die deutsche Sprache hinreichend erlernt. [...]