VG Saarland

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Zitieren als:
VG Saarland, Urteil vom 17.03.2009 - 2 K 580/08 - asyl.net: M15408
https://www.asyl.net/rsdb/M15408
Leitsatz:

Ausschluss eines Funktionärs der LTTE von der Einbürgerung, weil die LTTE die auswärtigen Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet.

 

Schlagwörter: D (A), Staatsangehörigkeitsrecht, Einbürgerung, Anspruchseinbürgerung, verfassungsfeindliche Bestrebungen, auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland, LTTE, Sri Lanka, Sri Lankesen, Flugblätter, Funktionäre, Unterstützung, Ermessenseinbürgerung
Normen: StAG § 11 S. 1 Nr. 1; StAG § 11 S. 1 Nr. 2 a.F.; StAG § 8
Auszüge:

Ausschluss eines Funktionärs der LTTE von der Einbürgerung, weil die LTTE die auswärtigen Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet.

(Leitsatz der Redaktion)

 

[...]

Die Klage ist unbegründet.

1. Das Einbürgerungsbegehren des Klägers beurteilt sich – nachdem das Staatsangehörigkeitsrecht durch das EU-Richtlinienumsetzungsgesetz Änderungen erfahren hat – nach der Übergangsvorschrift des § 40 c StAGn. F. [...]

Für das Einbürgerungsbegehren des Klägers gilt, dass sich der maßgebliche Ausschlusstatbestand des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a.F. wortgleich in § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG n.F. wiederfindet. [...]

2. Davon ausgehend ist der Bescheid des Beklagten vom 26.05.2008 zunächst hinsichtlich der Ablehnung eines Einbürgerungsanspruchs rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG a. F. besteht ein Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 nicht, wenn – insoweit besteht zwischen alter und neuer Fassung kein Unterschied – tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtiger Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat.

In der Rechtsprechung ist geklärt, dass der auf die Gefährdung auswärtiger Belange der Bundesrepublik Deutschland abzielende Ausschlussgrund auch die Unterstützung von Bestrebungen umfasst, die "nur" außerhalb des Bundesgebietes im Herkunftsstaat gegen Nichtdeutsche gewaltförmig agieren (vgl. dazu Bayerischer VGH, Beschluss vom 21.10.2008 - 5 ZB 08.229 - und Urteil vom 27.05.2003 - 5 B 01.1805 - jeweils juris).

Entsprechend handelt die LTTE in Sri Lanka. Insoweit heißt es in dem Verfassungsschutzbericht des BMI 2007: [...]

Geklärt ist im Weiteren, was als "Unterstützung" i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG anzusehen ist. Als solche gilt bereits jede Handlung, die in für den Ausländer erkennbarer und ihm deshalb zurechenbarer Weise für verfassungsfeindliche Bestrebungen objektiv vorteilhaft ist, das heißt sich in irgendeiner Weise positiv auf die Aktionsmöglichkeiten der Vereinigung auswirkt. Dazu zählen neben der Gewährung finanzieller Unterstützung oder der Teilnahme an Aktivitäten zur Verfolgung oder Durchsetzung der inkriminierten Ziele auch die öffentliche oder nicht öffentliche Befürwortung von verfassungsfeindlichen Bestrebungen. Erforderlich aber auch ausreichend ist ein tatsachengestützter hinreichender Tatverdacht. Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers angesichts der Nachweisprobleme gegenüber vielfach verdeckt agierenden Aktivisten unter Senkung der Nachweisschwelle die Einbürgerung auch dann verhindert werden, wenn entsprechende Bestrebungen nicht sicher nachgewiesen werden können. Der Sicherheitsschutz im Einbürgerungsrecht wird insoweit vorverlagert in Bereiche, die für sich betrachtet noch keine unmittelbare Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung darstellen (vgl. zu dem Begriff des Unterstützens auch BVerwG, Urteil vom 22.02.2007 - 5 C 20/05 -).

Vor diesem Hintergrund hat der Kläger jedenfalls durch die Verwendung seiner Festnetztelefonnummer auf Flugblättern und seine Tätigkeit als Lehrer und Leiter der tamilischen Schule in C in anspruchsvernichtender Weise Unterstützungshandlungen für die LTTE vorgenommen.

Hinsichtlich der dem Kläger vorzuhaltenden Erkenntnisse stützt sich die Kammer maßgeblich auf die "Amtliche Erklärung" des Direktors des Landesamtes für Verfassungsschutz vom 25.07.2008 (vgl. zur grundsätzlichen Berücksichtigung derartiger amtlicher Erklärungen, in denen die nachrichtendienstlichen Quellen, aus denen die verwerteten Erkenntnisse stammen, nicht benannt werden, Bayerischer VGH, Beschluss vom 21.10.2008, a.a.O.).

Darin heißt es, der Kläger sei Aktivist und regionaler Funktionär der LTTE. Ihm obliege als sogenannter "Stadtführer" bzw. "Stadthalter" (organisationsinterne Bezeichnung) auch die Mobilisierung zu anstehenden LTTE-Veranstaltungen, die Versorgung mit Propagandamaterial sowie das Sammeln von Spendengeldern.

Ob der Kläger, der bestritten hat, Funktionär in dem vorgenannten Sinne zu sein, und im Rahmen der mündlichen Verhandlung schon aufgrund seiner limitierten Deutschkenntnisse nicht den Eindruck vermittelt hat, eine führende Rolle innerhalb der Auslandsaktivitäten der LTTE zu spielen, "regionaler Funktionär" bzw. "Stadthalter" ist, lässt die Kammer offen. Entscheidend gegen den Kläger sprechen allerdings schon die im Saarland verteilten Flugblätter betreffend LTTE – Demonstrationen in Brüssel am 24.10.2005 und in Berlin am 18.09.2006. Auf diesen Flugblättern ist die Festnetztelefonnummer F aufgeführt, bei der es sich nach den angestellten Ermittlungen um diejenige des Klägers handelte. [...]

3. Die Klage bleibt auch hinsichtlich des hilfsweise geltend gemachten, auf eine Ermessenseinbürgerung abzielenden Klagebegehrens ohne Erfolg. [...]