SG Dortmund

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Zitieren als:
SG Dortmund, Urteil vom 07.10.2008 - S 37 AL 38/07 - asyl.net: M14872
https://www.asyl.net/rsdb/M14872
Leitsatz:

Ein Ausländer hat Zugang zu Leistungen nach dem SGB III, wenn ihm die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht generell verboten ist, sondern lediglich von der Erlaubnis im Einzelfall abhängt (hier: Duldung).

 

Schlagwörter: D (A), Grundsicherung für Arbeitssuchende, Duldung, Erwerbstätigkeit, Auflage, Erlaubnis, Ausländerbehörde
Normen: SGB III § 119 Abs. 5 Nr. 1; BeschVerfV § 10; AufenthG § 42 Abs. 2 Nr. 5
Auszüge:

Ein Ausländer hat Zugang zu Leistungen nach dem SGB III, wenn ihm die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht generell verboten ist, sondern lediglich von der Erlaubnis im Einzelfall abhängt (hier: Duldung).

(Leitsatz der Redaktion)

 

[...]

Die zulässige Klage ist begründet.

Der angefochtene Bescheid erweist sich als rechtswidrig. Der Kläger hat einen Anspruch auf Arbeitslosengeld. [...]

Der Kläger ist auch verfügbar. Nach § 119 Abs. 5 Nr. 1 SGB III steht den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung, wer eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf.

Ein Arbeitsloser darf eine Beschäftigung aufnehmen und ausüben, wenn rechtliche Verbote dem nicht entgegenstehen. Die Kammer ist der Auffassung, dass der Kläger eine Beschäftigung aufnehmen darf.

Für die Frage der Verfügbarkeit ist es nicht wesentlich, ob eine entsprechende Arbeitserlaubnis bei der Arbeitsplatzsuche vorliegt, sondern ob eine solche bei Aufnahme einer Beschäftigung erteilt werden kann. Die Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung ist erst dann zu verneinen, wenn der arbeitslose Ausländer für den Fall einer Beschäftigungsmöglichkeit eine Arbeitserlaubnis nicht zu erwarten hat (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 26.03.1998 - B 11 AL 75/97 R -).

Nach der Rechtsprechung des BSG steht der Verfügbarkeit jedoch ein Aufenthaltstitel entgegen, der mit der Auflage erteilt worden ist, dass eine Erwerbstätigkeit nicht gestattet ist, wobei eine Verfügbarkeit nur bei fehlender tatsächlicher Vollziehbarkeit der Auflage im Zeitpunkt der Beschäftigungssuche bejaht wurde (vgl. BSG, Urteil vom 02.09.2004 - B 7 AL 12/04 R -).

Nach Auffassung der Kammer ergibt sich ein rechtliches Verbot, dass der Verfügbarkeit des Klägers entgegensteht, nicht bereits aus der Nebenbestimmung der Duldung vom 21.12.2006, wonach eine Erwerbstätigkeit nur mit Erlaubnis der Ausländerbehörde erlaubt ist.

Entsprechend § 4 Abs. 2 Satz 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) muss jeder Aufenthaltstitel erkennen lassen, ob die Ausübung einer Erwerbstätigkeit erlaubt ist. Geduldeten Ausländern wird eine entsprechende Arbeitserlaubnis nur für eine konkrete Tätigkeit erteilt. Aus der Duldung ist lediglich zu entnehmen, dass eine Arbeitserlaubnis zum Zeitpunkt der Ausstellung nicht erteilt war.

Die Rechtsprechung des BSG vom 02.09.2004 bezog sich auf die Rechtslage bis zum 31.12.2004, nach der es sich bei dem einer Duldung beigefügten Verbot einer Erwerbstätigkeit um eine isoliert anfechtbare Auflage handelte und insoweit ein Antrag nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft war. Im Gegensatz zu der alten Rechtslage bedürfen Ausländer nunmehr nach §§ 4 Abs. 3, 42 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG in Verbindung mit § 10 Beschäftigungsverfahrensverordnung einer konkreten Erlaubnis, über deren Erteilung nach Antrag ein Bescheid zu ergehen hat, der gegebenenfalls mit einem Verpflichtungsbegehren zu erstreiten ist (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.01.2006- 18 B 1772/05 -).

Die Kammer ist der Auffassung, dass jedenfalls die in der Duldung vom 21.12.2006 enthaltene Nebenbestimmung der Verfügbarkeit nicht entgegensteht. Vielmehr musste die Beklagte im konkreten Fall prüfen, ob dem Antragsteller eine Arbeitserlaubnis bei Nachweis einer konkreten Beschäftigung erteilt werden könnte. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Nebenbestimmung ein generelles Verbot einer Erwerbstätigkeit nicht zu entnehmen ist. Der Kläger bedarf lediglich einer Erlaubnis zur Ausübung der Erwerbstätigkeit. Diese Erlaubnis kann von der Ausländerbehörde erteilt werden, wobei die Bundesagentur für Arbeit zu beteiligen ist. [...]