OVG Sachsen-Anhalt

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Zitieren als:
OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25.09.2008 - 2 M 184/08 - asyl.net: M14604
https://www.asyl.net/rsdb/M14604
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Aufenthaltserlaubnis, Ehegattennachzug, Visum nach Einreise, Visumsverfahren, Zumutbarkeit, Anspruch, Ermessen, Ermessensreduzierung auf Null, Finanzierbarkeit, Inder
Normen: AufenthG § 28 Abs. 1 Nr. 1; AufenthG § 5 Abs. 1; AufenthG § 27 Abs. 3 S. 2; AufenthG § 5 Abs. 2 S. 2
Auszüge:

[...]

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. [...]

Es entspricht der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 22.06.2007 – 2 M 170/07 – Juris) sowie anderer Obergerichte (vgl. BayVGH, Beschl. v. 22.08.2008 – 10 CE 08.1830 –, Juris; NdsOVG, Beschl. v. 18.06.2007 – 10 PA 65/07 –, Juris; OVG NW, Beschl. v. 10.04.2007 – 18 B 303/07 –, AuAS 2007, 195; weitere Nachweise bei Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, II – § 5 RdNr. 173), dass es einem Ausländer, der ohne das erforderliche Visum in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist und keinen strikten Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis hat, auch dann grundsätzlich zugemutet werden kann, das Visumverfahren nachzuholen, wenn er mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist, und dass auch eine nur vorübergehende Trennung von der Ehefrau nur dann unzumutbar ist, wenn weitere besonderer Umstände im Einzelfall vorliegen, etwa wenn einer der Ehegatten auf Grund individueller Besonderheiten, etwa infolge einer Krankheit, mehr als im Regelfall auf persönlichen Beistand angewiesen ist (vgl. Beschl. d. Senats v. 22.06.2007, a.a. O.).

An dieser Rechtsauffassung hält der Senat auch in Ansehung der vom Antragsteller zitierten Auszüge aus verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen fest.

Bei der Anwendung des § 5 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. AufenthG ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Regelung als Ausnahmebestimmung prinzipiell eng auszulegen ist. Die Durchführung des Visumverfahrens soll nach der amtlichen Begründung der Vorschrift (vgl. BT-Drucks. 15/420, S. 70) sowohl bei Vorliegen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als auch in allen anderen Fällen die Regel bleiben. Auf dieseWeise wird einerseits sichergestellt, dass die Steuerungsmechanismen des Aufenthaltsgesetzes nicht lahm gelegt und die dort vorgesehenen Zugangskontrollen hinsichtlich eines Aufenthalts in der Bundesrepublik nicht unterlaufen werden; andererseits wird durch die Regelung deutlich, dass die Einhaltung der Visumsregeln kein Selbstzweck sein soll (vgl. OVG NW, Beschl. v. 10.04.2007, a.a.O., m.w. Nachw.). Grundsätzlich ist es auch mit dem verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG vereinbar, den Ausländer auf die Einholung eines erforderlichen Visums zu verweisen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 04.12.2007 – 2 BvR 2341/06 –, InfAuslR 2008, 239). Zu beachten ist ferner, dass die Nachholung des Visumverfahrens stets mit allgemein bekannten und deshalb auch vom Gesetzgeber in den Regelungen des AufenthG berücksichtigten Unannehmlichkeiten verbunden ist. Vor allem aber gilt es, dem Eindruck bei anderen Ausländern entgegenzuwirken, man könne durch eine Einreise stets vollendete Tatsachen schaffen. Die Grenze liegt dort, wo das Beharren auf die Einhaltung des Visumverfahrens objektiv als unangemessen empfunden werden müsste (OVG NW, Beschl. v. 10.04.2007, a.a.O.).

Der Antragsteller hat auch in der Beschwerdebegründung keine besonderen Umstände dargelegt, die eine Nachholung des Visumverfahrens als unzumutbar erscheinen lassen, insbesondere zu einer mit Art. 6 GG nicht hinnehmbaren Trennung von seiner Ehefrau führen. Insoweit kann er sich nicht darauf berufen, dass eine Reise nach Indien und zurück nach Deutschland sowie eine doppelte Haushaltsführung für ihn nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht finanzierbar sei mit der Folge, dass eine Trennung von seiner Ehefrau auf unabsehbare Zeit zu erwarten sei.

Ein besonderer Umstand in einem Einzelfall im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 2, 2. Alt. AufenthG liegt dann vor, wenn sich der Ausländer in einer Sondersituation befindet, die sich deutlich von der Lage vergleichbarer Ausländer unterscheidet (Bäuerle in: GK-AufenthG, Stand Juni 2007, § 5 RdNr. 170). Die Kosten der Reise für die Nachholung des Visumverfahrens im Herkunftsland begründen für sich allein regelmäßig keine solchen besonderen Umstände (vgl. Nr. 5.2.3 der vorläufigen Anwendungshinweise zum AufenthG). Sie gehören zu dem normalen Risiko der nicht ordnungsgemäßen Einreise; als unzumutbar können sie nur dann angesehen werden, wenn sie eine außergewöhnliche Höhe erreichen (vgl. Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl., § 5 AufenthG, RdNr. 61; Bäuerle, a.a.O., RdNr. 170, 175; Maor in: Kluth/Hund/Maaßen [Hrsg.], Zuwanderungsrecht, § 4 RdNr. 120).

Die Situation des Antragstellers hebt sich, was die mit der Nachholung des Visumverfahrens verbundenen Kosten anbetrifft, nicht von den vom Gesetzgeber als zumutbar vorausgesetzten Unannehmlichkeiten ab. Die Kosten für eine Reise nach Indien und zurück nach Deutschland erreichen keine ungewöhnliche Höhe. [...] Der Antragsteller kann sich nicht darauf berufen, dass er und seine Ehefrau nur über Einkünfte nach dem AsylbLG und dem SGB II in Höhe von zusammen monatlich etwa 800,00 EUR (einschließlich der Kosten für die Unterkunft) verfügen. Eine solche wirtschaftlich schwierige Lage ist bei einer Vielzahl anderer mit einer deutschen Staatsangehörigen verheirateter Ausländer anzutreffen. [...]