VGH Bayern

Merkliste
Zitieren als:
VGH Bayern, Beschluss vom 30.09.2008 - 5 ZB 08.2315 - asyl.net: M14602
https://www.asyl.net/rsdb/M14602
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Staatsangehörigkeitsrecht, deutsche Staatsangehörigkeit, Verlust, Wiedereinbürgerung, Türken, Türkei, Übergangsregelung, Beurteilungszeitpunkt, Rückwirkung, Berufungszulassungsantrag, grundsätzliche Bedeutung, ernstliche Zweifel
Normen: VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3; StAG § 25 Abs. 1; VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
Auszüge:

[...]

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). In der Rechtsprechung ist höchstrichterlich geklärt, dass der durch das Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts (vom 15.7.1999, BGBl. I, S. 1618) neu gefasste Verlusttatbestand des § 25 Abs. 1 StAG einen nach dem Inkrafttreten am 1. Januar 2000 erfolgten Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit auch dann erfasst, wenn der entsprechende Antrag bereits vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens gestellt worden war (BVerfG vom 8.12.2006 NVwZ 2007, 441; BVerwG vom 14.2.2007 Az. 5 B 190.06 – Juris; BayVGH vom 23.9.2005 NVwZ-RR 2006,732).

2. An der Richtigkeit des Urteils bestehen auch keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Der Kläger widerspricht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und meint, in der Anwendung des § 25 Abs. 1 StAG auf seinen Fall liege eine unzulässige unechte Rückwirkung. Die vorgetragenen Gesichtspunkte erschöpfen sich im Vortrag einer anderen Ansicht, stellen indes den oben genannten Rechtssatz nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage. Der Kläger kann sich nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen. Ihm stand die Bedeutung, die das geltende deutsche Staatsangehörigkeitsrecht trotz verschiedener Ausnahmen im Grundsatz bis heute der Vermeidung von Mehrstaatigkeit zumisst, angesichts des eben erst abgeschlossenen Einbürgerungsverfahrens, in dem ihm die Aufgabe seiner türkischen Staatsangehörigkeit abverlangt worden war, deutlich vor Augen. Von daher musste ihm bewusst sein, dass er durch die sofortige Wiederbeantragung der türkischen Staatsangehörigkeit einen Umweg zu der Doppelstaatsangehörigkeit wählte, die ihm der Gesetzgeber mit den geltenden einbürgerungsrechtlichen Bestimmungen gerade verwehren wollte. Die Erwartung, eine Gesetzeslücke werde erhalten bleiben, ist nicht in der Weise geschützt, dass es dem, der von ihr Gebrauch machen will, von Verfassungs wegen erspart bleiben müsste, sich im Zuge seiner diesbezüglichen Bemühungen über anstehende Rechtsänderungen auf dem Laufenden zu halten und sein Verhalten gegebenenfalls rechtzeitig anzupassen. Auch wenn der Kläger seinen Antrag auf Rückerwerb der türkischen Staatsangehörigkeit vor der Beschlussfassung des Bundestags am 7. Mai 1999 gestellt hat, kann keine Rede davon sein, dass sich der Verlust der Staatsangehörigkeit als Folge bloßen Unterlassens darstelle. Die Inkrafttretensregelung des Art. 5 Abs. 3 des Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts wirkte als ausreichende Übergangsregelung. Entgegen der Auffassung des Klägers bedurfte es weder einer besonderen, gezielten Aufklärung hierüber seitens der deutschen Behörden (BVerfG a.a.O. Juris Tz. 38), noch war der Rechtsgedanke des § 29 StAG heranzuziehen (BVerfG a.a.O. Juris Tz. 39). Die Rüge, § 25 Abs. 1 StAG werde vor allem zu Lasten türkischer Staatsangehöriger vollzogen, greift ebenfalls nicht durch (BVerfG a.a.O. Tz. 41 und Beschluss vom 10.3.2006 NVwZ 2006, 681). [...]