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KG Berlin

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Zitieren als:
KG Berlin, Beschluss vom 30.09.2008 - 1 W 225/07 - asyl.net: M14597
https://www.asyl.net/rsdb/M14597
Leitsatz:

Ein Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Haftanordnung ist nicht deshalb unzulässig, weil die Festnahme gescheitert ist; die Anordnung der Freiheitsentziehung zum Zweck der Vorführung bei der Auslandsvertretung kann auf § 82 Abs. 4 AufenthG gestützt werden; die Anordnung der Freiheitsentziehung bedarf in der Regel der vorherigen Anhörung des Betroffenen, wenn nicht konkrete Anhaltspunkte für die Annahme sprechen, der Ausländer werde mit Sicherheit die Vorführung vereiteln.

 

Schlagwörter: D (A), sofortige weitere Beschwerde, Freiheitsentziehung, Auslandsvertretung, Botschaftsvorführung, Passbeschaffung, Türken, einstweilige Anordnung, Rechtsschutzinteresse, Erledigung der Hauptsache, Feststellungsinteresse, Vollzug, Festnahme, Festnahmeversuch, Verfahrensrecht, Anhörung, Gefahr im Verzug, Rechtsgrundlage
Normen: GG Art. 19 Abs. 4; AufenthG § 82 Abs. 4; BPolG § 40 Abs. 1; BPolG § 25 Abs. 3; GG Art. 104 Abs. 2; BPolG § 40 Abs. 2; FEVG § 5 Abs. 1; FEVG § 11
Auszüge:

Ein Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Haftanordnung ist nicht deshalb unzulässig, weil die Festnahme gescheitert ist; die Anordnung der Freiheitsentziehung zum Zweck der Vorführung bei der Auslandsvertretung kann auf § 82 Abs. 4 AufenthG gestützt werden; die Anordnung der Freiheitsentziehung bedarf in der Regel der vorherigen Anhörung des Betroffenen, wenn nicht konkrete Anhaltspunkte für die Annahme sprechen, der Ausländer werde mit Sicherheit die Vorführung vereiteln.

(Leitsatz der Redaktion)

 

[...]

I. Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts vom 19. April 2007, durch den die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen die Anordnung der einstweiligen Freiheitsentziehung des Amtsgerichts Schöneberg als unzulässig verworfen wurde, ist zulässig, §§ 27 Abs. 1, 29 FGG, 3 Satz 2, 7 Abs. 1 und 2 FEVG, 106 Abs. 2 S. 1 AufenthG. Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis an einer sachlichen Korrektur der Beschwerdeentscheidung liegt vor. Gegenstand der Beschwerdeentscheidung war die Feststellung, ob die durch das Amtsgericht angeordnete einstweilige Freiheitsentziehung zwecks Vorführung und Passbeschaffung beim türkischen Generalkonsulat rechtswidrig gewesen ist. Dieses vom Landgericht zu beurteilende Feststellungsbegehren hat sich nicht dadurch prozessual erledigt, dass nach Erlass der Beschwerdeentscheidung eine Situation eingetreten ist, in der eine zwangsweise Vorführung des Betroffenen beim türkischen Generalkonsulat künftig nicht mehr zu erwarten ist, weil der Betroffene nach Vorlage eines türkischen Passes eine befristete Aufenthaltserlaubnis gemäß § 23 a AufenthG (Härtefall) erhalten hat. Vielmehr besteht das ursprünglich verfolgte Rechtsschutzziel unverändert fort (vgl. BVerfG, Senatsbeschluss vom 5. Dezember 2001 – 2 BvR 527/99, 1337/00 und 1777/00 – in juris, Rn. 35). Der Betroffene brauchte das eingelegte Rechtsmittel mithin weder für erledigt zu erklären noch auf eine Entscheidung über die Kosten des Verfahrens (§ 14 Abs. 3 FEVG) zu beschränken.

II. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. [...] Das Landgericht hätte der Erstbeschwerde der Betroffenen stattgeben und die Rechtswidrigkeit der einstweiligen Anordnung des Amtsgerichts Schöneberg vom 16. Januar 2007 feststellen müssen.

1. Die Verwerfung der Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Schöneberg vom 16. Januar 2007 durch das Landgericht ist nicht rechtens. Auch wenn der Beschluss des Amtsgerichts Schöneberg vom 16. Januar 2007, dem Betroffenen vom 16. Januar bis zum Ablauf des 19. Januar 2007 die Freiheit zu entziehen, durch Zeitablauf seine Wirksamkeit verloren hat und damit prozessual überholt war, ist der Betroffene berechtigt gewesen, am 29. Januar 2007 die sofortige Beschwerde mit dem Ziel einzulegen, die Rechtswidrigkeit der Haftanordnung nachträglich feststellen zu lassen. [...]

Um den nach Art. 19 Abs. IV GG gebotenen effektiven Rechtschutz zu gewährleisten, wird im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit ein Rechtsschutzinteresse trotz Erledigung der Hauptsache dann bejaht, wenn das gerichtliche Verfahren dazu dienen kann, einer Wiederholungsgefahr zu begegnen oder eine fortwirkende Beeinträchtigung durch einen an sich beendeten Eingriff zu beseitigen (BVerfG, a.a.O.). Außerdem besteht in den Fällen freiheitsentziehender Maßnahmen nach der jüngeren Rechtsprechung des BVerfG ein Rechtsschutzbedürfnis für die gerichtliche Überprüfung schon dann, wenn die begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit als "Genugtuung" oder zur Rehabilitierung des Betroffenen erforderlich ist (BVerfG, a.a.O., Rn. 38 ff.). So hat das Bundesverfassungsgericht für den Bereich der Abschiebungshaft festgestellt, dass mit der richterlichen Anordnung von Abschiebehaft die Feststellung verbunden sei, der betroffene Ausländer habe sich in einer Weise gesetzwidrig verhalten, die seine Inhaftierung rechtfertige. Die Haftanordnung sei damit geeignet, das Ansehen des Betroffenen in der Öffentlichkeit herabzusetzen (BVerfG, a. a.O., Rn. 40).

Der Senat vermag daher der Auffassung des 25. Zivilsenats des Kammergerichts (a.a.O.) nicht zu folgen, dass nur bei einer erfolgreichen Festnahme das Interesse des Betroffenen an der Feststellung der Rechtslage schützenswert sei. Der diskriminierende Charakter einer Haftanordnung kann Dritten gegenüber auch hervortreten, wenn diese Anordnung nicht zu einem Freiheitsverlust geführt hat. So liegt es hier. Das Rechtsschutzbedürfnis des Betroffenen ist nicht schon deshalb entfallen, weil die versuchte Festnahme gescheitert ist. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist es nämlich nicht bei einer bloßen Anordnung der vorläufigen Freiheitsentziehung ohne Vollzug geblieben. Ausweislich der Ausländerakte hatte die Polizei vielmehr mit dem Vollzug der Anordnung des Amtsgerichts begonnen und den Betroffenen am 16. Januar 2007 sowohl im Wohnheim bei seinen Eltern als auch in der von ihm besuchten Schule zu verhaften versucht. Ein von Art. 19 Abs. 4 GG umfasstes und geschütztes Rehabilitierungs- und Genugtuungsinteresse des Betroffenen liegt damit vor. Insofern ist der hiesige Fall auch anders gelagert als der Sachverhalt, den das BayObLG in seinem Beschluss vom 16. August 2004 – 4Z BR 045/04 – (a.a.O) zu entscheiden hatte. Dort ging es um die Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer angeordneten und zu keinem Zeitpunkt vollzogenen Überhaft; bis zur Rücknahme des angefochtenen Abschiebungshaftbefehls wurde gegen den Betroffenen Untersuchungs- bzw. Strafhaft in anderer Sache vollstreckt.

Darüber hinaus ist ein Rechtschutzbedürfnis des Betroffenen im Zeitpunkt der landgerichtlichen Entscheidung auch unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr gegeben. Denn der Antragsteller hat auf der Grundlage des bestandskräftigen Bescheides vom 8. Dezember 2006, der den Betroffenen zur Vorsprache beim türkischen Generalkonsulat verpflichtete, erneut unmittelbaren Zwang als Zwangsmittel festgesetzt und am 23. Januar 2007 einen "Vorabhaftantrag" gestellt, dem das Amtsgericht ohne mündliche Anhörung stattgegeben hat. Nach Lage der Akten musste der Betroffene mithin damit rechnen, dass nach Ablauf der jeweils für die Freiheitsentziehung festgesetzten Frist eine erneute Haftanordnung jederzeit ergehen würde. Der Hinweis des 25. Zivilsenats (a.a.O.), dass der Rechtsschutz des Betroffenen ausreichend gewährleistet sei, wenn über die Rechtmäßigkeit der erneuten Haftanordnung wiederum vorab der Richter nach "Einzelfallprüfung" zu entscheiden habe, überzeugt nicht. Denn eine solche Prüfung genügt dem Rechtschutzgebot nicht, wenn sie – wie nachstehend auszuführen ist – ohne die erforderliche vorherige Anhörung des Betroffenen erfolgt.

2. Trotz des aufgezeigten Rechtsfehlers ist die Sache nicht zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen. Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, weil es im Tatsächlichen keiner weiteren Ermittlungen bedarf.

Entsprechend dem Begehren des Betroffenen ist festzustellen, dass die Anordnung der einstweiligen Freiheitsentziehung durch den Beschluss des Amtsgerichts Schöneberg vom 16. Januar 2007 rechtswidrig war. Das Amtsgericht hat die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen nicht beachtet, unter denen eine einstweilige Freiheitsentziehung angeordnet werden darf (vgl. zum folgenden bereits Senat, Beschluss vom 23. April 2008 – 1 W 48/08 –, KGR 2008, 624).

a) Entgegen der Auffassung des Betroffenen stellt sich der Beschluss des Amtsgerichts nicht schon deshalb als rechtswidrig dar, weil es keine Rechtsgrundlage für die Anordnung der vorläufigen Freiheitsentziehung gibt. Vielmehr durfte das Amtsgericht insoweit auf § 82 Abs. 4 AufenthG zurückgreifen. Nach dieser Vorschrift kann die Ausländerbehörde unter den dortigen weiteren Voraussetzungen anordnen, dass ein Ausländer bei den Vertretungen des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich erscheint. Kommt der Ausländer dem nicht nach, kann die Anordnung zwangsweise durchgesetzt werden, § 82 Abs. 4 S. 2 AufenthG. Hierfür gelten die allgemeinen Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsrechts (OVG Münster, Beschluss vom 28. November 2006 – 10 B 1789/06 –, Juris, Rdn. 9; BayObLG, Beschluss vom 11. April 2001 – 3Z BR 1/01 –, Juris, Rdn. 23). Darüber hinaus finden §§ 40 Abs. 1 und 2, 41, 42 Abs. 1 S. 1 und 3 BPolG entsprechende Anwendung, § 82 Abs. 4 S. 3 AufenthG. Nach § 40 Abs. 1 BPolG hat die Bundespolizei, wenn eine Person festgehalten wird, unverzüglich eine richterliche Entscheidung über Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung herbeizuführen, wobei im Zusammenhang mit einer Anordnung nach § 82 Abs. 4 S. 1 AufenthG die Ausländerbehörde an Stelle der Bundespolizei zuständig bleibt (BT-Drs. 15/420, S. 97). Dabei beschränkt sich die Verweisung in § 82 Abs. 4 S. 3 AufenthG auf § 40 Abs. 1 BPolG nicht auf solche Fälle, in denen der Ausländer bereits festgehalten wird. Der von dem Landgericht hierfür herangezogene Wortlaut des § 40 Abs. 1 BPolG verlangt dies nicht. Vielmehr muss die Vorschrift im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben in Art. 104 Abs. 2 S. 1 GG ausgelegt werden. Danach hat über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung nur der Richter zu entscheiden. Die Freiheitsentziehung setzt somit grundsätzlich eine vorherige richterliche Anordnung voraus (BVerfG, NJW 2002, 3161, 3162; Beschluss vom 7. September 2006 – 2 BvR 129/04 – Juris, Rdn. 25, mit Anmerkung von Lorbacher, FGPrax 2007, 39; Beschluss vom 1. April 2008 – 2 BvR 1925/04, bei Melchior, Abschiebehaft, Internetkommentar). Einfachgesetzlich ist dies in § 40 BPolG geregelt, der etwa im Landesrecht von Berlin seine Entsprechung in § 31 ASOG findet. Für diese Vorschrift wird nicht in Zweifel gezogen, dass ihr Regelungsinhalt sowohl die vorgängige richterliche Anordnung als auch die nur in Eilfällen zulässige, unverzüglich einzuholende nachträgliche Entscheidung des Richters umfasst (Baller/Eiffler/Tschisch, ASOG Berlin, § 31, Rdn. 1; Knape/Kiworr, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht für Berlin, 9. Aufl., ASOG Bln, § 31, Anm. II. A.). Das Gleiche gilt für § 40 BPolG.

Nichts anderes folgt aus der Verweisung in § 82 Abs. 4 S. 3 AufenthG auf §§ 40 Abs. 1 und 2, 41, 42 Abs. 1 S. 1 und 3 BPolG. [...]

Eine vorherige richterliche Entscheidung ist in solchem Fall in der Regel auch erforderlich. Denn dem Betroffenen soll die Freiheit – vorübergehend – entzogen werden. Dem Senat ist aus mehreren bereits entschiedenen Verfahren bekannt, dass die Betroffenen regelmäßig nicht unmittelbar nach ihrer Festnahme dem türkischen Generalkonsulat vorgeführt, sondern zunächst zur polizeilichen Dienststelle am Tempelhofer Damm verbracht und dort festgehalten werden. So lag es auch hier: Die Festnahme des Betroffenen wurde am 16. Januar 2007 morgens gegen 9.50 Uhr versucht, die Vorführung vor dem türkischen Generalkonsulat war erst für 13 Uhr vorgesehen. Durch den Aufenthalt im polizeilichen Gewahrsam wird aber jegliche körperliche Bewegungsfreiheit des Ausländers aufgehoben, so dass Freiheitsentziehung im Sinne des Art. 104 Abs. 2 GG vorliegt (vgl. BVerfG, a.a.O.).

b) Die von dem Betroffenen angefochtene Entscheidung des Amtsgerichts Schöneberg war jedoch rechtswidrig, weil der Beschluss unter Verstoß gegen zwingende Verfahrensvorschriften ergangen ist. Gemäß §§ 82 Abs. 4 S. 3 AufenthG, 40 Abs. 2 S. 2 BPolG richtet sich das Verfahren über die von dem Richter zu treffende Entscheidung nach den Vorschriften des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen. Danach hat das Gericht die Person, der die Freiheit entzogen werden soll, mündlich zu hören und hierzu vorzuladen, § 5 Abs. 1 FEVG. Das Amtsgericht hat seine abweichende Verfahrensweise offenbar auf § 11 FEVG gestützt, auch wenn es diese Vorschrift nicht erwähnt hat. Ist Antrag auf Freiheitsentziehung gestellt, kann das Gericht danach eine einstweilige Freiheitsentziehung anordnen, sofern dringende Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass die Voraussetzungen für die Unterbringung, § 2 Abs. 1 FEVG, vorliegen, und über die endgültige Unterbringung nicht rechtzeitig entschieden werden kann, § 11 Abs. 1 FEVG. Die auch für die einstweilige Anordnung nach §§ 11 Abs. 2 S. 1, 5 Abs. 1 S. 1 FEVG gebotene vorherige Anhörung kann bei Gefahr im Verzug unterbleiben, muss dann aber unverzüglich nachgeholt werden, § 11 Abs. 2 S. 2 FEVG. Das Amtsgericht hat daher auch Anhörungstermin "nach Festnahme" bestimmt.

Das Amtsgericht hat verfahrensfehlerhaft von der vorherigen Anhörung des Betroffenen abgesehen. Die von ihm angenommene Gefahr im Verzug war nicht gegeben. Sie konnte nicht allein mit dem feststehenden Vorführungstermin und der Gefahr seiner Vereitelung durch ein Untertauchen des Betroffenen begründet werden. Eine solche Gefahr besteht allgemein, wenn ein Ausländer wegen einer beabsichtigten Freiheitsentziehung zur persönlichen Anhörung geladen wird. Gleichwohl soll dem Betroffenen gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 FEVG zunächst Gelegenheit gegeben werden, dem Gericht seinen Standpunkt zu der geplanten Freiheitsentziehung mündlich darzulegen. Auch die Vorführung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 FEVG kann erst angeordnet werden, wenn der Betroffene auf Vorladung nicht zu dieser Anhörung erschienen ist. Deshalb bedarf es auch konkreter Anhaltspunkte für die Annahme, der Ausländer werde mit Sicherheit in rechtswidriger Weise eine Vorführung bei der türkischen Auslandsvertretung vereiteln, sobald er von dem Termin Kenntnis erlange.

Solche sind hier nicht ersichtlich und ergeben sich insbesondere auch nicht aus der Ausländerakte. Dieser ist zwar ohne weiteres zu entnehmen, dass der Betroffene trotz bestehender Ausreisepflicht in Berlin leben und nicht ausreisen oder gar abgeschoben werden wollte. Der Betroffene war aber auch bestrebt, seinen erneuten Aufenthalt in Deutschland zu legalisieren. So hat er trotz seiner Abschiebung im März 2005 und der illegalen Wiedereinreise die Ausländerbehörde am 1. August 2005 aufgesucht, nach seiner Entlassung aus der Abschiebehaft am 4. November 2005 regelmäßig eine weiterführende Schule besucht und bis zum Dezember 2006 laufend bei der Behörde vorgesprochen. Zudem hat der Betroffene über seine Verfahrensbevollmächtigte ständig mit der Behörde in Kontakt gestanden und ist in der Vergangenheit auch zur Vorsprache bei seiner Auslandsvertretung erschienen.

Gefahr im Verzug konnte das Amtsgericht auch nicht mit dem bei Beschlussfassung nahe bevorstehenden Termin zur Vorführung bei der Auslandsvertretung begründen. Der Antrag der Ausländerbehörde war bei dem Amtsgericht am 10. Januar 2006 eingegangen, so dass ohne weiteres eine Ladung zur persönlichen Anhörung des Betroffenen hätte erfolgen können. [...] Im Übrigen wäre eine Gefahr im Verzuge allerdings auch nicht damit zu begründen, dass die Behörde den Antrag erst unmittelbar vor dem Termin stellt, wenn dieser längere Zeit vorher feststeht (BVerfG, Beschluss vom 7. September 2006 – 2 BvR 129/04; Juris, Rdn. 26). [...]