Zweifel an der biologischen Vaterschaft stehen einem Abschiebungshindernis zum Schutz der Vater-Kind-Beziehung nicht entgegen, wenn die Vaterschaft anerkannt ist und tatsächlich eine Erziehungsgemeinschaft besteht.
Zweifel an der biologischen Vaterschaft stehen einem Abschiebungshindernis zum Schutz der Vater-Kind-Beziehung nicht entgegen, wenn die Vaterschaft anerkannt ist und tatsächlich eine Erziehungsgemeinschaft besteht.
(Leitsatz der Redaktion)
[...]
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist begründet. [...]
Der Antragsteller hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass ihm gegenüber der insoweit zuständigen – im hiesigen Verfahren nicht beteiligten – örtlichen Ausländerbehörde (vgl. §§ 1 Nr. 3, 2, 3 Abs. 1 der sächsischen Ausländer- und Asylverfahrenszuständigkeitsverordnung – AAZuVO), dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, zumindest ein Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach Maßgabe des § 60 a Abs. 2 Aufenthaltsgesetz – AufenthG – zusteht. Das von ihm dargelegte Vater-Sohn-Verhältnis mit dem am 11. November 2003 geborenen Kind T. D. N. stellt im konkreten Einzelfall ein rechtliches Abschiebehindernis dar, das im Verhältnis zu dem für die Aufenthaltsbeendigung abgelehnter Asylbewerber zuständigen Antragsgegner (vgl. § 5 Abs. 3 Nr. 1 AAZuVO) als Vollstreckungshindernis für die vorgesehene Abschiebung wirkt (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. November 1997, Az.: 9 C 13.96, BVerwGE 105, 322 ff). [...]
Nach der Rechtsprechung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts kommt bereits der Abgabe der Vaterschaftsanerkennung gemäß § 1595 BGB sowie der gemeinsamen Sorgerechtserklärung gemäß § 1626 a BGB eine – allerdings widerlegbare – Indizwirkung für das Bestehen einer familiären Beistandsgemeinschaft zu (vgl. SächsOVG, Beschluss vom 6. Januar 2005, Az.: 3 BS 242/04). Insoweit ist allerdings zu beachten, dass durch Art. 6 GG – wie auch durch ausländerrechtliche Normen, zu denen auch § 60 a Abs. 2 AufenthG zu zählen ist – nicht die formale Rechtsposition des rechtlichen Vaters geschützt wird, sondern allein die tatsächlich gelebte familiäre Gemeinschaft. Es ist unter Betrachtung des Einzelfalles zu würdigen, ob eine dem Schutzzweck des Art. 6 GG entsprechende Eltern-Kind-Gemeinschaft tatsächlich gelebt wird (vgl. OVG NW, Beschluss vom 28. Januar 2005, Az.: 18 B 1260/04, AuAS 2005, 101 ff.).
Insoweit hat der Antragsteller eidesstattliche Versicherungen vorgelegt, die sein enges Verhältnis zu seinem Kind belegen sollen. In diesen Sinne erklärt die Kindesmutter, dass der Antragsteller tatsächlich der Vater ihres Kindes sei, bei dessen Geburt er auch dabei gewesen sei. [...] Diese Angaben werden von zwei Freundinnen der Kindsmutter sowie einem Nachbarn bestätigt, die davon sprechen, dass sie entsprechende Beobachtungen teilweise seit Jahren machen. Auch die Leiterin der Kindertagsstätte "P." berichtet darüber, dass der Antragsteller seinen Sohn "fast täglich" zum Kindergarten bringt und dort abholt. [...]
Soweit der Antragsgegner Zweifel an der biologischen Vaterschaft des Antragstellers äußert, sei einerseits wiederum auf die vom Sächsischen Oberverwaltungsgericht angenommene Indizwirkung seiner Anerkennungserklärung hingewiesen. Zum anderen ist natürlich durchaus zuzugeben, dass seine tatsächliche Vaterschaft zum gegenwärtigen Zeitpunkt weder nachgewiesen, noch ausgeschlossen erscheint. [...]
Die dargelegte und glaubhaft gemachte emotionale Bindung des Kindes zum Antragsteller rechtfertigt indes die Aussetzung der Abschiebung des Antragstellers, gegebenenfalls bis zu einer bestandskräftigen Klärung der Frage seiner Vaterschaft, zumal er aufgrund seiner notariellen Anerkennung wohl derzeit als rechtlicher Vater gilt. Darüber hinaus ist zu beachten, dass gerade bei sehr kleinen Kindern eine auch nur vorübergehende Trennung von einem Elternteil zu einer dauerhaften Entfremdung führen kann, die später möglicherweise nicht wieder auszugleichen ist. Der Sohn des Antragstellers ist gerade fünf Jahre alt und wurde während seines bisherigen Lebens durchgehend zumindest auch von diesem betreut. Er vermisst bereits derzeit den Vater, weint und fragt nach diesem.
Es erscheint daher mit dem Kindeswohl nicht vereinbar, die Familie für einen nicht überschaubaren Zeitraum zu trennen.
Dabei ist sich die Kammer durchaus bewusst, dass alle "Familienmitglieder" die vietnamesische Staatsangehörigkeit besitzen und daher eine familiäre Lebensgemeinschaft zumindest vorübergehend auch in Vietnam gelebt werden könnte. Allerdings verfügt die Kindsmutter über eine Niederlassungserlaubnis sowie eine feste Arbeitsstelle, die sie in einem solchen Fall wohl aufgeben müsste. Zudem müsste auch das Kind aus seinem gewohnten Lebensumfeld wenigstens zeitweise entfernt werden. Auch unter diesem Gesichtspunkt erscheint es daher vertretbar, dem Antragsteller einen vorläufigen Abschiebeschutz zu gewähren. [...]