VG Ansbach

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Zitieren als:
VG Ansbach, Beschluss vom 16.10.2008 - AN 4 K 08.30342 - asyl.net: M14572
https://www.asyl.net/rsdb/M14572
Leitsatz:

Ob ein Ausländer einem anderen Staat ausgeliefert werden darf, ist im Rahmen des Asylverfahrens unerheblich.

 

Schlagwörter: Verfahrensrecht, Asylantrag, Auslieferung, Zuständigkeit, Prüfungskompetenz, Verwaltungsgericht, Weißrussland
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1; VwGO § 40; IRG § 6; IRG § 73
Auszüge:

Ob ein Ausländer einem anderen Staat ausgeliefert werden darf, ist im Rahmen des Asylverfahrens unerheblich.

(Leitsatz der Redaktion)

 

[...]

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung hat keinen Erfolg, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung mit dem oben genannten Begehren keine hinreichende Erfolgsaussicht bietet (vgl. § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO). [...]

Aber auch soweit der Antragsteller sinngemäß die Verpflichtung des Bundesamtes begehrt, die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG festzustellen, hilfsweise: zumindest das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG festzustellen, bietet die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Abzustellen ist bei der Bewertung der geltend gemachten asylrechtsrelevanten bzw. aufenthaltsrechtlich relevanten Verfolgungssituation im Falle des Antragstellers ausschließlich auf die Niederlande, deren Staatsangehörigkeit der Antragsteller nach eigenen Angaben, darüber hinaus auch den gemäß in Kopien vorgelegten einschlägigen Schriftstücken niederländerischer Behörden, besitzt. Dass der Antragsteller etwa in den Niederlanden Verfolgungsmaßnahmen befürchten müsste, die hier verfahrensrelevant wären, ist nicht einmal ansatzweise ersichtlich und wird insbesondere auch vom Antragsteller selbst nicht geltend gemacht.

Soweit der angefochtene Bescheid in dessen Gründen Ausführungen zu der Frage enthält, ob dem Antragsteller in seinem ursprünglichen Herkunftsland Weißrussland politische Verfolgung droht, sind diese Ausführungen aus den oben genannten Gründen gegenstandslos. Mit dem angefochtenen Bescheid in der aktuellen, d.h. geänderten Fassung wird dem Antragsteller überhaupt keine Abschiebung (mehr) angedroht, weder in die Niederlande noch nach Weißrussland noch in einen sonstigen zur Aufnahme des Antragstellers bereiten oder verpflichteten Drittstaat, wie etwa Weißrussland.

Soweit dem Antragsteller möglicherweise in einem anderen Verfahren, nämlich einem Auslieferungsverfahren, eine Rückführung nach Weißrussland droht, weil ihm dort strafrechtlich die Mitgliedschaft in einer international tätigen illegalen Rauschgifthändlergruppe zur Last gelegt wird, kann dies im vorliegenden, allein auf dem AsylVfG bzw. dem AufenthG beruhenden gerichtlichen Verfahren nicht berücksichtigt werden. Insoweit ist der Antragsteller vielmehr auf dem Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten bzw. auf außerordentliche Rechtsbehelfe wie z.B. die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht gegen die einschlägigen Entscheidungen der ordentlichen Gerichtsbarkeit verwiesen. Das Verwaltungsgericht ist im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit nach § 40 VwGO nicht berechtigt, in den Zuständigkeitsbereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit einzugreifen. Der ordentliche Rechtsweg und der Verwaltungsrechtsweg sind untereinander gleichwertig, die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen beiden Rechtswegen ergibt sich aus dem jeweils einschlägigen formellen bzw. materiellen Recht. Einschlägig für das Auslieferungsrecht ist hier insbesondere das Gesetz über Internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG). Die Frage, ob dem betroffenen Ausländer im Zielstaat der Auslieferung politische Verfolgung oder sonstige menschenrechtswidrige Behandlung droht, ist von der ordentlichen Gerichtsbarkeit eigenständig zu prüfen (vgl. etwa §§ 6, 73 IRG). Der Umstand, dass das Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem von der Antragstellerseite vorgelegten Beschluss vom 16. August 2007, Az.: III – 4 Ausl (A) 137/06 – 239243+274/07 III, die Auslieferung des Antragstellers nach Weißrussland im Ergebnis für zulässig erklärt hat, wohingegen beispielsweise das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken in einem anderen, den Antragsteller nicht betreffenden Beschluss eine Auslieferung nach Weißrussland für unzulässig erklärt hat, ist für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung. Im Übrigen liegt es in der Natur der Sache, dass Gerichte, sowohl solche der ordentlichen Gerichtsbarkeit wie solche der Verwaltungsgerichtsbarkeit, jeweils, selbst bei vergleichbar erscheinender Sachlage, zu unterschiedlichen rechtlichen Wertungen kommen können. Dies ergibt sich letztlich aus der verfassungsrechtlich garantierten richterlichen Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG). [...]