Die Absicht, eine eheähnliche Lebensgemeinschaft zu führen, sowie die bevorstehende Geburt eines gemeinsamen Kindes sind humanitäre Gründe i.S.d. § 51 Abs. 1 AsylVfG, die die Umverteilung eines Asylantragstellers ermöglichen.
Die Absicht, eine eheähnliche Lebensgemeinschaft zu führen, sowie die bevorstehende Geburt eines gemeinsamen Kindes sind humanitäre Gründe i.S.d. § 51 Abs. 1 AsylVfG, die die Umverteilung eines Asylantragstellers ermöglichen.
(Leitsatz der Redaktion)
[...]
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch begründet. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO).
[...]
Es besteht ein Anordnungsanspruch des Antragstellers auf vorläufige länderübergreifende Umverteilung nach Berlin. Denn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AsylVfG sind hinreichend glaubhaft gemacht. [...] Der Antragsteller ist nicht mehr verpflichtet, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, denn die Pflicht zur Wohnsitznahme in einer Aufnahmeeinrichtung endet gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG spätesten mit Ablauf von drei Monaten. Hiervon zu unterscheiden ist die gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG beim Antragsteller für den Zuweisungsbezirk getroffene Auflage, in einer bestimmten Unterkunft zu wohnen. Zwar ist die Verlobte ... noch nicht Ehegattin des Antragstellers und ist auch sein Kind noch nicht geboren worden. Es liegen jedoch im konkreten Einzelfall sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht wie das Ehegatten-/Eltern-Kind-Verhältnis vor. Geschützt werden sollen gemäß § 51 Abs. 1 AsylVfG die Bindungen innerhalb der Kernfamilie (vgl. § 51 Rn. 4, Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz 1992).
Zur Kernfamilie im formal juristischen Sinne des § 51 Abs. 1 AsylVfG fehlen hier zwar noch die Eheschließung und die Geburt des Kindes. Der Wille des Antragstellers ist jedoch auf ein eheähnliches Zusammenleben gerichtet. Auch will der Antragsteller die rechtlichen Verpflichtungen der Ehe eingehen, kann dies aber momentan aus passrechtlichen Gründen nicht. Die Bindungen zur Verlobten sind somit den ehelichen Bindungen vergleichbar. Ein Verlöbnis allein wird jedoch als ein der Ehe vergleichbar gewichtiger humanitärer Grund nicht anerkannt (vgl. § 51 Rn. 4, Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz 1992).
Hinzutreten muss ein anderer darüber hinausgehender sachlicher Grund, der mit dem Verlöbnis zusammen einen sonstigen humanitären Grund bildet (vgl. § 51 Rn. 4, Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz 1992).
Das Verwaltungsgericht Augsburg hat im Beschluss vom 7. Februar 2000, Au 6 E 00.30029 - (zitiert nach Juris) - humanitäre Gründe im Sinne des § 51 Abs. 1 AsylVfG wegen einer bestehenden Schwangerschaft, dort bei der Asylbewerberin, die mit einem geduldeten ehemaligen Asylbewerber verheiratet war, bejaht, da es keiner näheren Erörterung bedürfe, dass die Antragstellerin gerade im Hinblick auf den in zwei Monaten bevorstehenden Entbindungstermin in besonderer Weise auf die Unterstützung und Fürsorge ihres Ehemannes angewiesen sei. Umgekehrt kann es keinen Unterschied machen, dass vorliegend der Antragsteller diese Unterstützung und Fürsorge eines werdenden Vaters für seine deutsche Verlobte leisten will, zudem er bereits die Vaterschaft für das zu erwartende Kind und damit Verantwortung auch rechtlich verbindlich anerkannt hat und die Verlobte über konkrete gesundheitliche Probleme klagt und auf Hilfe angewiesen ist. In der Kombination der Umstände liegt somit ein den Bindungen der Kernfamilie vergleichbar gewichtiger humanitärer Grund zur Überzeugung der Kammer nach derzeitigem Erkenntnisstand des Eilverfahrens vor.
Rechtsfolge des § 51 Abs. 1 AsylVfG ist eine intendierte Ermessensentscheidung. Das bedeutet, dass im Regelfall den humanitären Belangen des Asylantragstellers durch eine länderübergreifende Verteilung Rechnung zu tragen ist. Davon kann nur in besonders begründeten Ausnahmefällen, etwa bei atypischen Fallgestaltungen, wenn besonders gewichtige öffentliche Interessen der Umverteilung entgegenstehen, abgewichen werden (vgl. § 51 Rn. 5, Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz 1992).
Solche Ausnahmegründe sind hier nicht ersichtlich. Der konkret vorliegende humanitäre Grund kann auch nicht durch das allgemeine Kostenargument des Antragsgegners überwogen werden. [...]