VG Hamburg

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Zitieren als:
VG Hamburg, Urteil vom 23.07.2008 - 19 A 679/06 - asyl.net: M14205
https://www.asyl.net/rsdb/M14205
Leitsatz:

Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 7 AufenthG hinsichtlich Afghanistan wegen Schwerhörigkeit.

 

Schlagwörter: Afghanistan, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Krankheit, Behinderte, Schwerhörigkeit, Hörgeräte, medizinische Versorgung
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 7 AufenthG hinsichtlich Afghanistan wegen Schwerhörigkeit.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Beim Kläger zu 4 liegen die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (in unmittelbarer Anwendung) vor. Zur Überzeugung des Gerichts ist zu erwarten, dass der Kläger zu 4 bei einer Rückkehr nach Afghanistan aus individuellen (personenspezifischen) Gründen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer erheblichen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt wäre. Beim Kläger zu 4 besteht seit der Kindheit eine beidseitige, hochgradige Innenohrschwerhörigkeit. Der Kläger trägt Hörgeräte und besucht die Schule für Hörgeschädigte in Hamburg. Ausweislich der Bestätigung der Fachärztin ... vom 21. Juni 2008 besteht ohne die Hörhilfen Taubheit. Nach dem Schreiben der Herstellerfirma ... vom 17. Juli 2008 ist für die Funktionsfähigkeit der Hörgeräte eine regelmäßige Wartung und Kontrolle erforderlich. Ohne diese regelmäßige Kontrolle sind danach die Hörgeräte bereits nach kurzer Zeit nicht mehr zu benutzen. Aufgrund der für Afghanistan vorliegenden Erkenntnisquellen (vgl. nur Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 7. März 2008) geht das Gericht davon aus, dass die erforderliche Wartung und Kontrolle der Hörgeräte des Klägers zu 4 in Afghanistan aufgrund des dortigen desolaten Gesundheitssystems nicht gewährleistet wäre. Innerhalb kurzer Zeit wäre deshalb mit einer Funktionslosigkeit der Geräte zu rechnen, die wiederum beim Kläger zu Taubheit führen würde. Angesichts dieser Sachlage ist das Ermessen der Beklagten zugunsten der Feststellung eines Abschiebungsverbotes für den Kläger zu 4 reduziert.