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Zitieren als:
, Beschluss vom 25.06.2008 - 33 II 663/07 - asyl.net: M14161
https://www.asyl.net/rsdb/M14161
Leitsatz:

Es ist einem Asylantragsteller, der seine Eintragung als Vater eines Kindes ins Geburtenbuch beantragt, nicht zuzumuten, die Beratung durch die Behörde anstelle eines Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen, wenn er nicht über einen Reisepass verfügt, um seine Identität nachzuweisen.

 

Schlagwörter: D (A), Beratungshilfe, Erinnerung, Zulässigkeit, Vollmacht, Prozessbevollmächtigter, Geburtenbuch, Eintragung, Mutter, Vater, Identitätsnachweis, Pass, Passbeschaffung, Zumutbarkeit, Asylbewerber, Beratung, Behörde
Normen: BerHG § 6 Abs. 2; BerHG § 1 Abs. 1 Nr. 2
Auszüge:

Es ist einem Asylantragsteller, der seine Eintragung als Vater eines Kindes ins Geburtenbuch beantragt, nicht zuzumuten, die Beratung durch die Behörde anstelle eines Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen, wenn er nicht über einen Reisepass verfügt, um seine Identität nachzuweisen.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die Erinnerung ist gem. § 6 Abs. 2 BerHG zulässig und begründet.

Allein aus der Nichteinreichung einer aktuellen Vollmacht kann entgegen der Auffassung des Rechtspflegers nicht der Schluss gezogen werden, der Verfahrensbevollmächtigte handle nicht im Namen des Antragstellers, sondern im eigenen Namen bei Einlegung der Erinnerung.

Auch in anderen Verfahren wird die Wirksamkeit der Einlegung von Rechtsmitteln nicht von der Einreichung einer schriftlichen Vollmacht abhängig gemacht.

Nach Auffassung des Gerichts hat der Antragsteller hier die Beratungshilfe auch vor der anwaltlichen Beratung beantragt. Die von dem Rechtspfleger des Amtsgerichts Waren (Müritz) in Bezug genommene Tätigkeit des Anwaltes bereits am 4.11.2004 betraf eine Vertretung in anderer Sache. Der Verfahrensbevollmächtigte hatte hier im Namen der Mutter deren Eintragung in das Geburtenbuch beantragt, eine Eintragung des Vaters war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht angestrebt worden. Diese Tätigkeit des Anwaltes war bereits mit Eintragung der Mutter in das Geburtenbuch am 29.1.2005 beendet. Vorliegend geht es um einen Antrag des Verfahrensbevollmächtigten vom 2.3.2007 auf Aufnahme des Vaters des Kindes in die Geburtsurkunde. Diesbezüglich wurde der Anwalt erst nach Unterzeichnung des Beratungshilfeantragsformulars durch den Antragsteller am 6.2.2007 tätig.

Entgegen der Auffassung des Rechtspflegers kann der Antragsteller hier auch nicht darauf verwiesen werden, dass er zunächst die Behördenberatung hätten beanspruchen bzw. den Versuch unternehmen müssen. Die Inanspruchnahme dieser anderen Hilfsmöglichkeit im Sinne des § 1 Abs. I Ziff. 2 BerHG muss dem Antragsteller zuzumuten sein. In behördlichen Angelegenheiten ist auf den Einzelfall abzustellen und zu prüfen, ob der Rechtschutzsuchende in der Lage ist, den Sachverhalt der Behörde so vorzutragen, dass allein aufgrund seines Vorbringens eine sachgerechte Antragsbearbeitung möglich ist. In einfach gelagerten Fällen hat der Rechtsuchende daher grundsätzlich die Behörde aufzusuchen. Im vorliegenden Fall begehrt der Antragsteller seine Eintragung als Vater in das Geburtenbuch. Eine solche Eintragung nehmen die Standesämter nach pflichtgemäßem Ermessen vor, wobei nach nicht anzuzweifelndem Vortrag des Verfahrensbevollmächtigten einige Berliner Standesämter die ausländischen Kindesväter so lange nicht in das Geburtenbuch eintragen, bis diese einen gültigen Reisepass vorlegen, selbst wenn ein Notar oder das Jugendamt bereits amtlich beurkundet hat, dass eine Vaterschaftsanerkennung vorliegt. Wie der Verfahrensbevollmächtigte weiter vorträgt, ist den Asylbewerbern - wie hier dem Antragsteller - die Beantragung eines Reisedokuments bei der Heimatbehörde deshalb nicht zumutbar, weil die Erteilung im Ergebnis zur Ablehnung des Asylantrages führen kann, d.h. auch mit erheblichen Nachteilen für den Antragsteller verbunden sein kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann alleine aus der Tatsache der Verlängerung der Erneuerung von Ausweisdokumenten durch den Heimatstaat auf fehlende Verfolgungsgefahr bzw. auf eine Schutzunterstellung geschlossen werden. Mit dem Vortrag und der Abwägung dieser Umstände ist ein rechtlich nicht geschulter Rechtsuchender regelmäßig überfordert. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller der deutschen Sprache kaum mächtig ist und die diesbezügliche Rechtslage in Deutschland nicht der in seinem Heimatland entspricht.