OVG Berlin-Brandenburg

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Zitieren als:
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 09.07.2008 - 12 M 119.07 - asyl.net: M14051
https://www.asyl.net/rsdb/M14051
Leitsatz:

Duldungszeiten vor dem 1.1.2005 sind nur dann auf die erforderliche Aufenthaltsdauer nach § 26 Abs. 4 AufenthG anzurechnen, wenn zwischen dem Auslaufen dieser Duldung und der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis keine längere Unterbrechung eingetreten ist.

 

Schlagwörter: D (A), Niederlassungserlaubnis, Aufenthaltsdauer, Duldung, Zuwanderungsgesetz, Übergangsregelung, Unterbrechung, Prozesskostenhilfe, Erfolgsaussichten
Normen: AufenthG § 26 Abs. 4; AufenthG § 35 Abs. 1; AufenthG § 102 Abs. 2; VwGO § 166; ZPO § 114
Auszüge:

Duldungszeiten vor dem 1.1.2005 sind nur dann auf die erforderliche Aufenthaltsdauer nach § 26 Abs. 4 AufenthG anzurechnen, wenn zwischen dem Auslaufen dieser Duldung und der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis keine längere Unterbrechung eingetreten ist.

(Leitsatz der Redaktion)

Die Beschwerde der Klägerin gegen die erstinstanzliche Versagung von Prozesskostenhilfe hat keinen Erfolg. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die noch zu erhebende, auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis gerichtete Verpflichtungsklage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg haben wird, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden (§ 166 VwGO, § 114 ZPO).

Dem auf §§ 26 Abs. 4 Satz 4, 35 Abs. 1 Satz 2 AufenthG, § 102 Abs. 2 AufenthG gestützten Anspruch steht entgegen, dass die Klägerin nicht seit fünf Jahren, d.h. ununterbrochen, im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist. Zwar ist auf diesen Zeitraum nach § 102 Abs. 2 AufenthG die Zeit des Besitzes einer Duldung anzurechnen. Dies gilt jedoch dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift zufolge nur für solche Duldungen, in deren Besitz der Ausländer bis zum 1. Januar 2005 gewesen ist. Da die Klägerin erst am 28. Juli 2006 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG erhalten hat, stellt der Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 27. Juli 2006, in dem sie lediglich geduldet war, eine der Erteilung entgegenstehende Unterbrechung dar, die nicht angerechnet werden kann (vgl. zu alledem auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19. Mai 2008, AuAS 2008, 134; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21. Juni 2006 - 2 M 167/06 -, zitiert nach juris). An die Verwaltungsvorschriften der Ausländerbehörde (vgl. Vorläufige Anwendungshinweise, 26.4.1.4.), die eine gegenteilige Praxis vorsehen, ist der Senat nicht gebunden.

Nichts anderes gilt, wenn man mit einer im Schrifttum vertretenen Auffassung davon ausgeht, dass Zeiten einer im Jahr 2004 gemäß dem Ausländergesetz 1990 erteilten (Alt-)Duldung, die in das Jahr 2005 hineinreichen, ebenfalls angerechnet werden müssen (so Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 102. Rn. 18). Auch in diesem Fall wäre hier eine anspruchsvernichtende Unterbrechung ab dem 18. Mai 2005 eingetreten, weil die der Klägerin am 18. November 2004, erteilte Duldung nur bis zum 17. Mai 2005 gültig war und die Klägerin danach lediglich weiterhin Duldungen erhielt. Ebenso wenig kommt es auf die Frage an, ob der Klägerin vor dem 1. Januar 2005 eine von ihr beantragte Aufenthaltsbefugnis zugestanden hätte, weil § 102 Abs. 2 AufenthG deren Besitz voraussetzt.