VG Aachen

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Zitieren als:
VG Aachen, Beschluss vom 29.08.2008 - 9 L 323/08 - asyl.net: M13897
https://www.asyl.net/rsdb/M13897
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Duldung, Ermessensduldung, Schutz von Ehe und Familie, beabsichtigte Eheschließung, Ermessensreduzierung auf Null, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), einstweilige Anordnung
Normen: VwGO § 123 Abs. 1; AufenthG § 60a Abs. 2; GG Art. 6 Abs. 1
Auszüge:

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn ein Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm ein Anspruch auf ein bestimmtes Handeln zusteht (Anordnungsanspruch) und dieser Anspruch durch vorläufige Maßnahmen gesichert werden muss (Anordnungsgrund). Anordnungsgrund und -anspruch sind glaubhaft zu machen, §§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2, 294 ZPO.

Ein Anordnungsanspruch ist nicht glaubhaft gemacht.

Nach § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Es sind indes im vorliegenden Fall zum einen keine Besonderheiten erkennbar, die unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 GG einer zeitweisen Trennung zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Einreiseverfahrens entgegenstehen oder mit Blick auf Art. 8 EMRK für eine Integration des Antragstellers sprechen (vgl. in diesem Zusammenhang: Burr in Gemeinschaftskommentar zum AufenthG, § 25, Rdn. 134, 147, 149).

Zum anderen fehlt es an einem für den Duldungsanspruch wegen eines rechtlichen Abschiebungshindernisses vorauszusetzenden feststehenden Eheschließungstermin (vgl. zu diesem Erfordernis für eine Vorwirkung aus Art. 6 GG: OVG NRW, Beschluss vom 2. April 2008 - 18 B 501/08 -, juris).

Ein Anordnungsanspruch besteht auch nicht hinsichtlich einer Ermessensduldung nach 60 a Abs. 2 Satz 3 AufenthG.

Zunächst dürfte bereits die bloße Absicht der Eheschließung für die Erforderlichkeit im Sinne des § 60 a Abs. 2 Satz 3 AufenthG nicht ausreichen, wenn auch ein gewisser Spielraum unterhalb der Fallgruppe unmittelbar bevorstehender Eheschließungen verbleibt (vgl. hierzu Funke-Kaiser in Gemeinschaftskommentar zum AufenthG, § 60 a, Rdn. 233).

Selbst wenn man aber von der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen einer Ermessensduldung ausgeht, kann weder von einer anspruchsbegründenden Ermessensreduzierung noch von einer überwiegenden Erfolgsaussicht ausgegangen werden. Insbesondere lässt sich beides nicht aus dem Erlass des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 23. Mai 2008 - 15-39.10.01 - herleiten. Nach dessen Nr. I.2 sind vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer, die nach der Eheschließung einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 oder § 30 Abs. 1 AufenthG) haben, zu dulden. Der hier allein in Betracht kommende § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 d AufenthG setzt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an den Ehegatten eines Ausländers indes voraus, dass dieser seit zwei Jahren eine Aufenthaltserlaubnis besitzt. Frau T. hat ausweislich des in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Ausländerzentralregisterauszuges aber erst seit April 2007 eine Aufenthaltserlaubnis. Besteht mithin kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, bedarf es auch nach Nr. I.3 des Erlasses eines konkreten, unmittelbar bevorstehenden Termins für die Eheschließung.