VG München

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Zitieren als:
VG München, Beschluss vom 15.05.2008 - M 4 S 08.820 - asyl.net: M13792
https://www.asyl.net/rsdb/M13792
Leitsatz:

Die Gesamtgeltungsdauer einer Aufenthaltserlaubnis zur Studienvorbereitung gem. § 16 Abs. 1 AufenthG beträgt zwei Jahre.

 

Schlagwörter: D (A), Aufenthaltserlaubnis, Studium, Studienvorbereitung, Verlängerung, Geltungsdauer, Zustellung, Postzustellungsurkunde, Niederlegung, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1; VwGO § 80 Abs. 5; VwGO § 60 Abs. 1; VwGO § 60 Abs. 2
Auszüge:

Die Gesamtgeltungsdauer einer Aufenthaltserlaubnis zur Studienvorbereitung gem. § 16 Abs. 1 AufenthG beträgt zwei Jahre.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Zwar ist ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO grundsätzlich nur dann statthaft, wenn ein gegenüber dem Antragsteller noch nicht bestandskräftiger und noch nicht erledigter – belastender – Verwaltungsakt vorliegt, der entweder kraft Gesetzes oder kraft behördlicher Anordnung sofort vollziehbar ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 80 RdNr. 130). Der streitgegenständliche Bescheid vom 9. Oktober 2007 ist der Antragstellerin laut Postzustellungsurkunde am 17. Oktober 2007 durch Niederlegung zugestellt worden. Zweifel ergeben sich allerdings aus der fehlerhaften Ausfüllung der Postzustellungsurkunde. Richtig ist offensichtlich, dass die schriftliche Mitteilung über die Niederlegung in den Hausbriefkasten der Wohnungsgeber der Antragstellerin eingeworfen wurde, dies hat auch die Antragstellerin so dargelegt. Unzutreffend ist aber, dass auch die Sendung selbst in diesen Hausbriefkasten eingelegt wurde, wie in Zeile 11.1 der Postzustellungsurkunde vermerkt. Auf dem Umschlag der Sendung, die nach Ablauf der Postlagerzeit wieder an die Antragsgegnerin zurückgeleitet wurde, ist dagegen vermerkt, dass die Sendung am 18. Oktober 2007 bei der Post niedergelegt wurde.

Sollte die Zustellung wirksam gewesen sein, wäre der Antragstellerin aber hinsichtlich der Versäumung der Klagefrist möglicherweise gemäß § 60 Abs. 1 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Sie hat nämlich glaubhaft gemacht, dass sie ohne ihr Verschulden gehindert war, die Klagefrist einzuhalten. Sie hat für ihre Abwesenheit ausreichende Vorkehrungen getroffen, indem sie ihren Wohnungsgeber gebeten hat, für sie eingehende Postsendungen entgegenzunehmen und aufzubewahren; dass dieser die Mitteilung über die Niederlegung einer zuzustellenden Postsendung verloren und die Antragstellerin darüber nicht informiert hat, weil ihm der Verlust peinlich war, hat sie nicht verschuldet (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 60 RdNr. 10; Jörg Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 60 RdNr. 11; BVerwG v. 9.10.1973, BVerwGE 44, 104 [108]).

Allerdings bestehen Bedenken, ob die Antragstellerin die Frist des § 60 Abs. 2 Halbsatz 1 VwGO eingehalten hat, wonach der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen ist. Zwar wahrt die Klageerhebung mit dem Wiedereinsetzungsantrag am 25. Februar 2008 diese Frist, wenn man davon ausgeht, dass die Antragstellerin von dem Bescheid erstmals am 12. Februar 2008 Kenntnis erhalten hat. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die der Antragstellerin zuletzt erteilte Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 5 AufenthG nur bis zum 25. Dezember 2007 gültig war und es daher der Antragstellerin oblegen hätte, rechtzeitig vor diesem Termin wieder bei der Ausländerbehörde zwecks Verlängerung vorzusprechen; in diesem Fall hätte sie dann noch im Dezember 2007 vom Erlass des Bescheids erfahren. Insofern wäre das "Hindernis" im Sinn des § 60 Abs. 1 VwGO bereits zu dieser Zeit entfallen gewesen, so dass die zweiwöchige Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO ab diesem Zeitpunkt laufen würde; außerdem wäre wohl die Unkenntnis vom Bescheidserlass nicht mehr unverschuldet im Sinn des § 60 Abs. 1 VwGO.

Da jedoch der Antrag auf Wiedereinsetzung nicht offensichtlich aussichtslos ist und die Zulässigkeit der Klage vom 25. Februar 2008 nicht mit Sicherheit verneint werden kann, ist der vorliegende Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO statthaft (so auch Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 80 RdNr. 130).

3. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist aber nicht begründet.

Die begehrte Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis beurteilt sich nach dem hier allein in Betracht § 16 Abs. 1 AufenthG (in der Fassung nach dem Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien vom 19.8.2007, BGBl I 1970, das am 28.8.2007 in Kraft getreten ist). Hiernach kann einem Ausländer zum Zweck des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden (Satz 1). Der Aufenthaltszweck des Studiums umfasst auch studienvorbereitende Sprachkurse sowie den Besuch eines Studienkollegs (Satz 2). Die Geltungsdauer bei der Ersterteilung und Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis für ein Studium beträgt mindestens ein Jahr und soll bei Studium und studienvorbereitenden Maßnahmen zwei Jahre nicht überschreiten; sie kann verlängert werden, wenn der Aufenthaltszweck noch nicht erreicht ist und in einem angemessenen Zeitraum noch erreicht werden kann (Satz 5).

Nach der Begründung des Entwurfs für das Änderungsgesetz vom 19. August 2007 soll die Regelung einer maximalen Geltungsdauer von zwei Jahren dazu dienen, im Einzelfall und bei besonderen Fallgruppen auch eine kürzere Geltungsdauer vorsehen zu können. Damit werde eine größere Flexibilität ermöglicht und die Möglichkeit einer besseren Kontrolle und Begleitung durch die Ausländerbehörden gewährleistet. Diese Einschränkung sei aufgrund der neuen sicherheitspolitischen Lage geboten. Die in Umsetzung der Studentenrichtlinie der EU ausdrücklich geforderte Mindestgeltungsdauer von einem Jahr für eine Aufenthaltserlaubnis bei einem Studium bleibe gewährleistet (BT-Drucks. 16/5065, S. 165). Aus der Begründung des Gesetzentwurfs wird somit ungeachtet der etwas missverständlichen Formulierung in § 16 Abs. 1 Satz 5 AufenthG (n.F.) deutlich, dass die Obergrenze von zwei Jahren sich im Falle der Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Studienvorbereitung nicht auf den Verlängerungszeitraum, sondern auf den Gesamtzeitraum für studienvorbereitende Maßnahmen bezieht. Denn ein Motiv des Gesetzgebers dafür, die regelmäßige Gesamtgeltungsdauer von zwei Jahren bei studienvorbereitenden Maßnahmen auszudehnen, lässt sich der Begründung des Gesetzentwurfs nicht entnehmen (VG München v. 6.9.2007, Az. M 10 S 07.3119, juris).

Im vorliegenden Fall ist der Aufenthaltszweck, nämlich zunächst der Erwerb ausreichender deutscher Sprachkenntnisse für die Aufnahme in das Studienkolleg und anschließend die erfolgreiche Absolvierung des Studienkollegs, nicht erreicht.