BVerwG

Merkliste
Zitieren als:
BVerwG, Urteil vom 18.09.2001 - 1 C 10.01 - asyl.net: M1368
https://www.asyl.net/rsdb/M1368
Leitsatz:

1. Dem Widerruf steht die Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteiles entgegen.

2. Die Voraussetzungen für einen Widerruf liegen auch nicht vor, da die Erkenntnisse nach wie vor uneinheitliche Aussagen erhalten.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Togo, Abschiebungshindernis, Widerruf, Verpflichtungsurteil, Verwaltungsgericht, Bindungswirkung, Rechtskraft, Änderung der Sachlage, Zeitablauf, Situation bei Rückkehr, Antragstellung als Asylgrund, Exilpolitische Betätigung, politische Entwicklung
Normen: AuslG § 53 Abs. 4; AsylVfG § 73 Abs. 3; VwGO § 121
Auszüge:

Das Berufungsgericht hat die Aufhebung des Widerrufsbescheids des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) durch das Verwaltungsgericht zu Recht im Ergebnis bestätigt, weil dem Widerruf die Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 31. Januar 1996 entgegensteht. Das Bundesamt durfte die Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 Abs. 4 AuslG hinsichtlich Togos auch nicht mit Rücksicht auf eine nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 31. Januar 1996 erfolgte Veränderung der Verhältnisse in Togo aufheben, wie sie die Beklagte geltend macht. Die Rechtskraftwirkung eines Urteils endet allerdings, wenn sich die für das Urteil maßgebliche Sach- oder Rechtslage nachträglich verändert. Dies ist dann der Fall, wenn neue für die Streitentscheidung erhebliche Tatsachen eingetreten sind, die sich so wesentlich von den früher maßgeblichen Umständen unterscheiden, dass auch unter Berücksichtigung des Zwecks der Rechtskraft eine erneute Sachentscheidung durch die Verwaltung oder ein Gericht gerechtfertigt ist. Dies hat der erkennende Senat in dem zeitgleich ergangenen Urteil in der Sache BVerwG 1 C 7. 01 im Einzelnen dargelegt; hierauf wird verwiesen. Von diesem rechtlichen Maßstab zur Bestimmung der zeitlichen Grenzen der Rechtskraft geht im Kern auch das angefochtene Urteil aus. Das Berufungsgericht stellt letztlich entscheidend darauf ab, ob sich die " für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit von Verfolgungsmaßnahmen wesentlichen Faktoren, wie die allgemeine politische Lage in Togo, die Herrschaft des Präsidenten Eyadema und seiner Partei RPT über Togo, die allgemeine Menschenrechtslage und in erster Linie die Verhaltensweise des Regimes gegenüber nach der erfolglosen Durchführung eines Asylverfahrens aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union abgeschobenen Togoern", nachhaltig geändert haben.

Eine entscheidungserhebliche Änderung der für die Gefahrenprognose wesentlichen Merkmale verneint das Berufungsgericht. Es stellt fest, dass die Erkenntnismittel, auf die sich die richterliche Gefahrenprognose stützt, im Januar 1996 ebenso uneinheitliche Aussagen enthielten wie im Februar 2001 zum Zeitpunkt des Ergehens des angefochtenen Urteils. Auch die zwischenzeitliche politische Entwicklung in Togo, wie etwa die "zu Gunsten Eyademas manipulierten Präsidentschaftswahlen vom Juni 1998", führen nach Auffassung des Berufungsgerichts zu keiner veränderten Beurteilung der entscheidenden Frage, ob nach Togo zurückkehrende Asylbewerber allein wegen des Auslandsaufenthalts und der Asylantragstellung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine gegen Art. 3 EMRK verstoßende Behandlung durch das Regime zu befürchten haben. Dies ist aus revisionsgerichtlicher Sicht nicht zu beanstanden.