VG Schleswig-Holstein

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Zitieren als:
VG Schleswig-Holstein, Urteil vom 08.05.2008 - 14 A 89/03 - asyl.net: M13638
https://www.asyl.net/rsdb/M13638
Leitsatz:
Schlagwörter: Aserbaidschan, Armenier, Übergriffe, Wehrdienst, Militärangehörige, Verfolgung durch Dritte, nichtstaatliche Verfolgung, mittelbare Verfolgung, Schutzbereitschaft, interne Fluchtalternative, Berg-Karabach, Erreichbarkeit
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Die Feststellung der Beklagten, dass die Voraussetzungen von § 51 Abs. 1 AuslG, heute § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vorlägen, ist jedoch rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Sein Vortrag ist in den wesentlichen Punkten über die verschiedenen Stationen des Asylverfahrens widerspruchsfrei und in sich schlüssig und logisch. Soweit er in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage ergänzendes konkretisiert hat, handelt es sich nicht um gesteigertes Vorbringen, sondern um - durch die Befragung angeregtes - Vertiefen von bereits geschilderten Geschehnissen.

Die Vorfälle haben auch den Charakter politischer Verfolgung, da sie an die teilweise armenische Volkszugehörigkeit des Klägers nach seiner Mutter anknüpften. Diese Volkszugehörigkeit war Anlass dafür, dass er beim Militär und von den Nachbarn seiner Großmutter misshandelt wurde und dass ihm - wiederum mit Misshandlung verbunden - seine Wohnung weggenommen wurde. Die Handlungen haben auch die für § 60 Abs. 1 AufenthG erforderliche Intensität. Zwar ist der Kläger "nur" mehrmals zusammengeschlagen worden, dabei ist er aber - zumindest einmal - so schwer verletzt worden, dass ein mehrwöchiger Krankenhausaufenthalt erforderlich wurde und - wie er in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat - eine weitere Operation in Deutschland zur Behebung der Schäden erforderlich war. Angesichts dessen war es ihm nicht zuzumuten, in Aserbaidschan eventuelle weitere Misshandlungen mit schweren Gesundheitsschäden oder sogar tödlichem Ausgang abzuwarten.

Diese Vorfälle sind auch dem aserbaidschanischen Staat zuzurechnen. Wie der Kläger glaubhaft vorgetragen hat, war die herbeigerufene Polizei nicht bereit ihm zu helfen, was damit begründet wurde, dass er ja Armenier sei. Für Armenier werde man nicht tätig.

Dem Kläger stand auch keine inländische Fluchtalternative zur Verfügung, da aufgrund der militärischen Situation zwischen der Republik Aserbaidschan und der armenischen Verwaltung in Berg-Karabach er das Gebiet von Berg-Karabach von Aserbaidschan aus nicht erreichen konnte.