VGH Bayern

Merkliste
Zitieren als:
VGH Bayern, Urteil vom 18.04.2008 - 10 B 08.297 - asyl.net: M13586
https://www.asyl.net/rsdb/M13586
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Ausweisung, Beurteilungszeitpunkt, besonderer Ausweisungsschutz, Aufenthaltstitel, Aufenthaltserlaubnis, Falschangaben, Aufenthaltsdauer
Normen: AufenthG § 56 Abs. 1 Nr. 1
Auszüge:

Die Berufung ist begründet. Die angefochtene Ausweisung ist nach der im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats bestehenden Sach- und Rechtslage rechtswidrig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 15. November 2007 (BVerwG 1 C 45.06 DVBl 2008, 392) seine Rechtsprechung geändert und entschieden, dass seit dem Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes am 28. August 2007 für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung bei allen Ausländern einheitlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts maßgeblich ist. Das gilt auch für die Beurteilung von Ermessensentscheidungen. Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.

In rechtlicher Hinsicht hat die Verlagerung des Beurteilungszeitpunkts zur Folge, dass der Kläger auf der Grundlage des zum 1. Januar 2005 in Kraft getretenen und zuletzt durch das Richtlinienumsetzungsgesetz geänderten Aufenthaltsgesetzes besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG analog genießt, weil er vor seiner Ausweisung im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis war, die gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 AufenthG als Niederlassungserlaubnis entsprechend dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt fortgilt, und sich im Zeitpunkt der Behördenentscheidung seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt.

Es besteht kein Anlass, § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG gegen seinen Wortlaut dahin auszulegen, dass ein erschlichener Aufenthaltstitel nicht den besonderen Abschiebungsschutz zur Folge hat. Die Ausländerbehörde kann nämlich selbst entscheiden, ob sie die Voraussetzungen des besonderen Abschiebungsschutzes durch Rücknahme des Aufenthaltstitels, auch rückwirkend, beseitigt oder nicht.