VG Ansbach

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Zitieren als:
VG Ansbach, Urteil vom 21.04.2008 - AN 5 K 07.01291 - asyl.net: M13583
https://www.asyl.net/rsdb/M13583
Leitsatz:

Zeiten der Fortgeltungsfiktion nach § 81 Abs. 4 AufenthG sind nicht auf die Sieben-Jahres-Frist des § 26 Abs. 4 AufenthG anzurechnen.

 

Schlagwörter: D (A), Niederlassungserlaubnis, Aufenthaltsdauer, Fortgeltungsfiktion
Normen: AufenthG § 26 Abs. 4; AufenthG § 81 Abs. 4
Auszüge:

Zeiten der Fortgeltungsfiktion nach § 81 Abs. 4 AufenthG sind nicht auf die Sieben-Jahres-Frist des § 26 Abs. 4 AufenthG anzurechnen.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet und deshalb abzuweisen. Die Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Erteilung bzw. Verlängerung eines Aufenthaltstitels ("Aufenthaltsgenehmigung") vom 11. Mai 2005 zu Recht abgelehnt und dem Kläger auch zu Recht unter Fristsetzung zur freiwilligen Ausweisung die Abschiebung angedroht.

Dem Kläger kann aber auch, was die Beklagte nicht ausdrücklich geprüft hat, ein Aufenthaltstitel in Form einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG nicht erteilt werden. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob § 26 Abs. 4 AufenthG nicht auch – ungeschrieben – voraussetzt, dass der Ausländer nicht nur bei Antragstellung eine Aufenthaltserlaubnis nach dem 5. Abschnitt des Aufenthaltsgesetzes besitzt, sondern dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Aufenthaltserlaubnis auch bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach wie vor vorliegen. Wäre letzteres der Fall, wäre die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis an den Kläger schon deshalb ausgeschlossen, weil das Bundesamt die Feststellung zu § 51 Abs. 1 AuslG, die den dem Kläger erteilten Aufenthaltsbefugnissen bzw. der Aufenthaltserlaubnis zu Grunde gelegen hat, bestandskräftig widerrufen hat. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat, soweit ersichtlich, sich hierzu bislang nicht geäußert. Das Bundesverwaltungsgericht hat dagegen mit Urteil vom 22. November 2005, 1 C 18/24 – juris –, u.a. ausgeführt, die Vorschrift des § 25 Abs. 3 AufenthG wolle gewährleisten, dass Ausländern, die wegen eines vom Bundesamt förmlich festgestellten Abschiebungsverbotes auf absehbare Zeit nicht abgeschoben werden oder in einen anderen Staat ausreisen könnten, zur Vermeidung von Kettenduldungen regelmäßig eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werde, durch die ihr Aufenthalt legalisiert und ihnen die Möglichkeit eingeräumt werde, bei fortdauernder Schutzbedürftigkeit eine dauerhafte Aufenthaltsposition in Form einer Niederlassungserlaubnis zu erlangen (vgl. etwa § 26 Abs. 4 AufenthG). Entsprechendes könnte dann auch für Fälle des § 25 Abs. 2 AufenthG gelten. Dies bedarf aber keiner weiteren Erörterung. Dem Kläger kann nämlich jedenfalls deshalb eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG nicht erteilt werden, weil er nicht seit sieben Jahren eine Aufenthaltserlaubnis nach dem 5. Abschnitt des Aufenthaltsgesetzes besitzt. Dies gilt auch unter Einbeziehung der Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltsbefugnis bzw. der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens. Der Kläger hat am ... 1999 einen Asylantrag gestellt, seine Aufenthaltserlaubnis war zuletzt aber nur bis 27. Juni 2005 gültig.

Das Erfordernis, eine Aufenthaltserlaubnis seit sieben Jahren zu besitzen, wird im Fall des Klägers auch nicht dadurch erfüllt, dass die Beklagte erst mit Bescheid vom 16. April 2007 über den am 11. Mai 2005 gestellten Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bzw. Erteilung einer Niederlassungserlaubnis entschieden hat. Die Zeit von der Antragstellung bis zur Entscheidung über den Antrag ist auch unter Berücksichtigung von § 81 Abs. 4 AufenthG nicht auf die Siebenjahresfrist des § 26 Abs. 4 AufenthG anzurechnen. Gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG gilt dann, wenn ein Ausländer die Verlängerung seines Aufenthaltstitels oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels beantragt, der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Hieraus ergibt sich aber nicht, dass die Fiktion des Fortbestehens des Aufenthaltstitels mit dem Besitz des Aufenthaltstitels, wie ihn § 26 Abs. 4 AufenthG voraussetzt, gleichzustellen ist.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 10. Dezember 2007 (19 C 07.2829) in einem Verfahren wegen Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage in einem vergleichbaren Fall bejaht und zur Begründung darauf verwiesen, dass es nach einer Entscheidung des Sächsischen OVG vom 29. März 2007 für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG ausreichend sei, wenn eine befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 81 Abs. 4 AufenthG als fortbestehend gelte. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat hierzu auf eine differenzierte Auffassung in der Kommentarliteratur (GK zum Aufenthaltsgesetz) und auf den Wortlaut der Nr. 81.4.1 der vorläufigen Anwendungshinweise zum Aufenthaltsgesetz verwiesen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat ferner mit Beschluss vom "23. Januar 2007" (19 CS 07.2528) der offensichtlich aber erst am 23. Januar 2008 ergangen ist und deshalb nachfolgend unter diesem Datum bezeichnet wird, in dem auch seinem Beschluss vom 10. Dezember 2007 zu Grunde liegenden Fall, die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet, weil er die Rechtmäßigkeit der Versagung eines Aufenthaltstitels nach summarischer Prüfung als zumindest ungeklärt betrachtet. Gleichwohl geht das Gericht entsprechend der bisherigen Rechtsprechung der Kammer (z.B. Urteil vom 31.1.2008, AN 5 K 07.02384; Urteil vom 2.4.2008, AN 5 K 07.02312) und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der 19. Kammer des Gerichts (z. B. Beschluss vom 24.9.2007, AN 19 K 07.02341) sowie mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Augsburg (Beschluss vom 26.4.2007, Au 1 S 07.232 und Beschluss vom 17.1.2008, Au 1 S 07.1764) davon aus, dass die Dauer der fiktiven Fortgeltung des bisherigen Aufenthaltstitels nach § 81 Abs. 4 AufenthG bei der Berechnung der Frist des § 26 Abs. 4 AufenthG nicht zu berücksichtigen ist. Die dagegen vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof geäußerten Bedenken bzw. dessen dem entgegenstehende Auffassung (vgl. BayVGH, Beschluss vom 21.2.2008, 19 CS 08.42, RdNr. 25) vermögen aus den nachfolgend dargelegten Gründen nicht zu überzeugen. ...