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OVG Hamburg

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Zitieren als:
OVG Hamburg, Urteil vom 29.01.2008 - 3 Bf 149/02 - asyl.net: M13433
https://www.asyl.net/rsdb/M13433
Leitsatz:

1. Mit dem Inkrafttreten der gesetzlichen Altfallregelung in § 104 a AufenthG ist die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG in Verbindung mit der auf dem Bleiberechtsbeschluss der Innenministerkonferenz vom 17. November 2006 beruhenden Weisung Nr. 1/2006 der Behörde für Inneres der Freien und Hansestadt Hamburg ausgeschlossen.

2. Zu der nach § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG zulässigen Erteilung eines Aufenthaltstitels "nach Maßgabe des Abschnitts 5" gehört auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a Abs. 2 AufenthG (Aufgabe der gegenteiligen Ansicht im Beschl. v. 23.10.2007, 3 Bs 246/07, juris).

3. Für die Personengruppe volljähriger lediger Kinder eines geduldeten Ausländers ist in § 104 a Abs. 2 AufenthG eine nach Erteilungsvoraussetzungen und Ermessensbefugnis eigenständige Regelung innerhalb der Altfallregelung geschaffen worden. Für sie gilt (allein) das komplexe Kriterium einer positiven Integrationsprognose.

4. Im Rahmen der Integrationsprognose nach § 104 a Abs. 2 AufenthG sind vorsätzliche Straftaten zu berücksichtigen, die das volljährige Kind eines geduldeten Ausländers als Jugendlicher oder Heranwachsender begangen hat. Der Bestimmung in § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG ist nicht die Entscheidung des Gesetzgebers zu entnehmen, dass Straftaten, die nicht zur Verhängung der Jugendstrafe, sondern zu Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln geführt haben, im System der Altfallregelung überhaupt außer Betracht bleiben sollen.

5. § 61 BZRG enthält kein allgemeines Verwertungsverbot für Straftaten, die im Erziehungsregister eingetragen sind.

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: D (A), Aufenthaltserlaubnis, Ehegattennachzug, eigenständiges Aufenthaltsrecht, Rückwirkung, Ausreisehindernis, Privatleben, Europäische Menschenrechtkonvention, Integration, Aufenthaltsdauer, Straftaten, Bleiberechtsregelung 2006, Erlasslage, Altfallregelung, abgelehnte Asylbewerber, Familienangehörige, volljährige Kinder, Duldung, Integration, Zukunftsprognose, Verwertungsverbot, Bundeszentralregister, Erziehungsregister, Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel, Maßregeln der Besserung und Sicherung
Normen: AufenthG § 31 Abs. 1; AufenthG § 25 Abs. 5; EMRK Art. 8; AufenthG § 23; AufenthG § 104a Abs. 1 S. 1 Nr. 6; AufenthG § 10 Abs. 3; AufenthG § 104a Abs. 3; AufenthG § 104a Abs. 2; BZRG § 60; BZRG § 61
Auszüge:

I. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

2. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 3 AufenthG scheidet ebenfalls aus.

Dies gilt unabhängig davon, ob - was zweifelhaft ist - zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann überhaupt jemals eine eheliche Lebensgemeinschaft bestanden hat. Denn mit § 31 AufenthG kann nur die Verlängerung, nicht jedoch die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bewirkt werden, und zwar auch dann nicht, wenn die Ausländerbehörde es in der Vergangenheit zu Unrecht unterlassen haben sollte, dem betreffenden Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen; ein derartiger, die gesetzlichen Voraussetzungen überwindender Folgenbeseitigungsanspruch besteht im Ausländerrecht nämlich nicht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.8.1996, Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 49; OVG Hamburg, Beschl. v. 1.3.2005 - 3 Bs 316/04; Beschl. v. 26.5.1998, FamRZ 1999, 594, 595; Hailbronner, Ausländerrecht, § 31 AufenthG Rn. 7, Stand: Juni 2005). Auch die rückwirkende Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (gemäß § 23 AuslG) kann nicht erfolgen, weil die rückwirkende Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nur in Fällen in Betracht kommt, in denen der Ausländer die Aufenthaltserlaubnis mit Jetztwirkung erhält und ein Rechtsschutzinteresse dafür besteht, diese Erlaubnis auch für einen vergangenen Zeitraum, der nach der Antragstellung liegen muss, zu bekommen (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.9.1998, Buchholz 402.240 § 24 AuslG 1990 Nr. 3; Urt. v. 16.6.2004, BVerwGE 121, 86, 87; OVG Hamburg, Beschl. v. 1.3.2005 - 3 Bs 316/04). Wie noch dargelegt wird, kann die Klägerin keine Aufenthaltserlaubnis mit Jetztwirkung beanspruchen.

5. Aus § 23 AufenthG i.V.m. der Weisung der Behörde für Inneres Nr. 1/2006, die auf dem Bleiberechtsbeschluss der Innenministerkonferenz (IMK) vom 17. November 2006 beruht, kann die Klägerin ebenfalls keine Rechte herleiten.

Dieser Weisung ist durch das am 28. August 2007 erfolgte Inkrafttreten der in §§ 104 a und 104 b AufenthG enthaltenen Altfallregelung die Grundlage entzogen, weil diese Regelung als alleinige und abschließende Regelung anzusehen ist. Der Bleiberechtsbeschluss vom 17. November 2006 und damit auch die Weisung Nr. 1/2006 verstehen sich lediglich als Zwischenstation auf dem Weg zu einer umfassenden gesetzgeberischen Lösung (vgl. Marx, ZAR 2007, 43). Denn unter Nr. I des Bleiberechtsbeschlusses heißt es, die Bleiberechtsregelung werde getroffen, weil der im Gesetzgebungsverfahren noch festzulegende Inhalt und der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes nicht festständen und für die Betroffenen wie für die Behörden rasch Klarheit geschaffen werden solle. Nachdem die gesetzliche Regelung erfolgt ist, ist für die zwischenzeitliche Regelung kein Raum mehr. Es kann nicht angenommen werden, dass die detaillierten Regelungen der §§ 104 a und 104 b AufenthG durch die - von Bundesland zu Bundesland teilweise unterschiedlichen (siehe hierzu Marx, a.a.O.) - Weisungen der Länder sollen überspielt werden können. Vielmehr ist den in §§ 104 a und 104 b AufenthG getroffenen Regelungen der gesetzgeberische Wille zu entnehmen, die Anwendbarkeit der auf den IMK-Beschluss vom 17. November 2006 gestützten länderrechtlichen Weisungen zu beenden. Dementsprechend heißt es in den Hinweisen des Bundesministeriums des Innern zum Richtlinienumsetzungsgesetz vom 2. Oktober 2007 (Az.: PGZU-128 406/1), dass mit Inkrafttreten des Gesetzes noch nicht beschiedene (gemeint ist offenbar: noch nicht bestandskräftig beschiedene) Anträge auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. dem IMK-Beschluss vom 17. November 2006 als solche auf Erteilung und Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach der gesetzlichen Altfallregelung zu behandeln seien (Rn. 323 der Hinweise) und dass für die Verlängerung der nach § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. dem IMK-Beschluss erteilten Aufenthaltserlaubnisse die Vorschriften des § 104 a Abs. 5 AufenthG gälten (Rn. 324 der Hinweise). Darauf, ob diese Hinweise bedeuten, dass das Bundesministerium des Innern damit sein Einvernehmen mit den entsprechenden landesrechtlichen Weisungen (§ 23 Abs. 1 Satz 2 AufenthG) widerrufen hat (so Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, § 104 a Rn. 8, Stand: Dezember 2007), kommt es nach den obigen Ausführungen nicht mehr an. Dass die Beklagte den auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Weisung Nr. 1/2006 gerichteten Antrag der Klägerin - zu Unrecht - noch am 29. Oktober 2007 in Anwendung der Weisung beschieden hat, kann die weitere Anwendbarkeit der Weisung nicht begründen.

II. Auch dem Kläger kann eine Aufenthaltserlaubnis nicht erteilt werden.

4. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an den Kläger nach § 104 a AufenthG scheidet ebenfalls aus.

a) Fraglich ist, ob sich dies schon aus § 104 a Abs. 3 Satz 1 AufenthG ergibt. Nach dem Wortlaut des § 104 a Abs. 3 Satz 1 AufenthG wäre dem Kläger die Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a AufenthG ("nach dieser Vorschrift") zu versagen, weil ein in häuslicher Gemeinschaft lebendes Familienmitglied, nämlich seine Mutter, die Klägerin, Straftaten im Sinne des § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG begangen hat, wie bereits ausgeführt worden ist. Zweifelhaft ist allerdings, ob die Anwendung des § 104 a Abs. 3 Satz 1 AufenthG auf am Stichtag (1.7.2007) bereits volljährige Kinder einen gegen Art. 1 Abs. 1 GG (Menschenwürde) verstoßenden Fall einer "Sippenhaft" bedeutet (vgl. zum Bleiberechtsbeschluss der IMK vom 17.11.2006 Marx, ZAR 2007, 43, 52 f.).

Diese Frage kann jedoch dahingestellt bleiben, weil dem Kläger auch unabhängig von § 104 a Abs. 3 Satz 1 AufenthG keine Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a AufenthG erteilt werden kann.

b) Auf die Vorschrift des § 104 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG kann sich der bei seiner Einreise minderjährige und am 1. Juli 2007 volljährige ledige Kläger nicht mit Erfolg berufen.

Zwar steht dem nicht schon die Vorschrift des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG entgegen, wonach einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist, vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt werden darf. Denn die Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a Abs. 2 AufenthG stellt nach der ausdrücklichen Rechtsfolgenverweisung eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG dar und ist somit ein Aufenthaltstitel nach Maßgabe des Abschnitts 5 des Aufenthaltsgesetzes. An seiner im Beschluss vom 23. Oktober 2007 (3 Bs 246/07, juris) geäußerten gegenteiligen Ansicht hält das Berufungsgericht nicht fest.

Die Bestimmung des § 104 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG greift aber deshalb nicht zu Gunsten des Klägers ein, weil nicht gewährleistet erscheint, dass er sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann.

Über das Vorliegen dieser Voraussetzung, die ein Erteilungsermessen erst eröffnet, ist auf der Grundlage einer Prognose zu entscheiden, in die die Schul- und Berufsausbildung, die Sprachkenntnisse sowie das bisherige Verhalten des Betreffenden einzubeziehen sind; bei erheblicher oder mehrfacher Straffälligkeit des Betreffenden oder dem Abbruch einer Schul- oder Berufsausbildung ohne zureichenden Grund ist eine Integration in der Regel nicht zu erwarten (vgl. zur rechtsähnlichen Vorschrift des § 20 Abs. 4 Nr. 1 AuslG: GK-AuslG, § 20 AuslG Rn. 97 f., Stand: Juni 1999). Beim Kläger ergibt die Würdigung der maßgeblichen Umstände, dass seine Integrationsfähigkeit nicht gewährleistet erscheint.

aa) Was die bisherige Ausbildung des Klägers betrifft, so hat er keinen Schulabschluss erlangt. Eine irgendwie geartete Berufsausbildung hat er ebenso wenig absolviert wie eine schulische Weiterbildung.

bb) Bei den bisherigen Lebensverhältnissen des Klägers fällt insbesondere seine mehrfache nicht unerhebliche Straffälligkeit negativ ins Gewicht, deren Beendigung nicht absehbar ist.

Diese Straftaten dürfen verwertet und mit Ausnahme der am 5. Februar 2007 tateinheitlich begangenen fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung bei der Integrationsprognose berücksichtigt werden.

(1) Das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 i.V.m. § 63 Abs. 4 BZRG greift hier nicht ein. Die Verurteilungen, die gemäß § 60 BZRG in das Erziehungsregister einzutragen sind, sind jedenfalls deshalb nicht getilgt und nicht zu tilgen, weil der Kläger noch nicht 24 Jahre alt ist (§ 63 Abs. 1 BZRG).

(2) Ein Verwertungsverbot ergibt sich auch nicht daraus, dass die Straftaten des Klägers gemäß § 60 BZRG in das Erziehungsregister einzutragen sind und gemäß § 61 Abs. 3 BZRG Auskünfte aus dem Erziehungsregister weder an die Verwaltungsgerichte noch an die Ausländerbehörden weitergeleitet werden dürfen. Denn § 61 BZRG enthält - im Gegensatz zu § 63 i.V.m. § 51 BZRG - kein allgemeines Verwertungsverbot; die Vorschrift bezweckt lediglich, den Zugang zu den Eintragungen im Erziehungsregister selbst zu beschränken, nicht jedoch, die Mitteilung von Informationen im Zusammenhang mit Strafverfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende durch Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte an nicht auskunftsberechtigte Behörden zu verhindern, soweit diese die entsprechenden Informationen zur Wahrnehmung der ihnen gesetzlich zugewiesenen Aufgaben benötigen (vgl. § 87 Abs. 4 Satz 1 AufenthG sowie VGH Mannheim, Beschl. v. 3.7.2002, NVwZ-Beilage 2003, 46). Im vorliegenden Fall sind die gegen den Kläger verhängten strafgerichtlichen Sanktionen nicht vom Erziehungsregister mitgeteilt worden und auch nicht dem Erziehungsregister entnommen, sondern durch das Amtsgericht Hamburg bzw. die Staatsanwaltschaft Hamburg übermittelt worden.

(3) Ein Berücksichtigungsverbot ist für die vorsätzlichen Straftaten des Klägers im Gegensatz zur bereits erwähnten tateinheitlich begangenen fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung auch nicht aus § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG herzuleiten.

Danach darf der betreffende geduldete Ausländer nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt worden sein, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylverfahrensgesetz nur von Ausländern begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben. Bei den oben genannten Straftaten des Klägers handelt sich mit Ausnahme der fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung, die hier nicht zu berücksichtigen ist, um im Bundesgebiet begangene vorsätzliche Straftaten. Diese Straftaten sind aber nicht mit Geldstrafen, sondern mit Erziehungsmaßregeln und Zuchtmitteln, die nach § 13 Abs. 3 JGG keine Strafe darstellen, sowie mit einer Maßregel der Besserung und Sicherung (Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis) geahndet worden. Sie unterfallen den Merkmalen der in § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG geregelten Verurteilungen deshalb nicht. Dieser Befund besagt indes nicht, dass die vorsätzlichen Straftaten des Klägers im Rahmen der Integrationsprognose nach § 104 a Abs. 2 AufenthG nicht berücksichtigt werden dürfen.

§ 104 a Abs. 2 AufenthG nimmt für die hier geregelte Fallgruppe nicht auf die in § 104 a Abs. 1 AufenthG bestimmten positiven und negativen Erteilungsvoraussetzungen Bezug, sondern regelt die komplexe Erteilungsvoraussetzung einer positiven Integrationsprognose eigenständig und verknüpft sie - abweichend von Abs. 1 dieser Vorschrift - mit einer Ermessensbefugnis.

In § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG ist nicht etwa geregelt, dass Straftaten, die zur Verhängung von Erziehungsmaßregeln und Zuchtmitteln nach dem Jugendgerichtsgesetz geführt haben, im System der Altfallregelung überhaupt außer Betracht bleiben sollen, wie dies in § 12 a Abs. 1 Satz 1 StAG bestimmt ist. Gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 1 StAG bleiben nicht nur Verurteilungen zu Geldstrafe oder zu Freiheitsstrafe in bestimmter Höhe, sondern auch die Verhängung von Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmitteln nach dem Jugendgerichtsgesetz (§ 12 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG) bei der Einbürgerung außer Betracht. Es hätte nahegelegen, insbesondere eine § 12 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StAG entsprechende Regelung im Rahmen des § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG zu treffen, wenn dies für die Altfallregelung insgesamt, also auch für die Fallgruppe des § 104 a Abs. 2 AufenthG gewollt gewesen wäre. Zudem haben nach § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG selbst die dort aufgeführten Geldstrafen nicht stets, sondern nur grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, sind in Ausnahmefällen also zu Lasten des betreffenden Ausländers zu berücksichtigen.

Im Anwendungsbereich des § 104 a Abs. 2 AufenthG, d.h. gegenüber dem Personenkreis junger Ausländer, zu dem der Kläger gehört, sind Verurteilungen zu Erziehungsmaßregeln und Zuchtmitteln sowie zu Maßregeln der Besserung und Sicherung dann zu berücksichtigen, wenn diese Verurteilungen ein solches Gewicht haben, dass - auch - ihretwegen eine positive Integrationsprognose nicht getroffen werden kann.

Die Verurteilungen des Klägers wegen seiner vorsätzlichen Straftaten sind danach zu berücksichtigen, weil ihretwegen beim Kläger eine positive Integrationsprognose nicht getroffen werden kann. Aus der Vielzahl und dem Gewicht der vom Kläger begangenen vorsätzlichen Straftaten ergibt sich, dass die nach § 104 a Abs. 2 AufenthG erforderliche soziale Integrationsfähigkeit beim Kläger nicht gewährleistet ist.

cc) Insgesamt erscheint angesichts des fehlenden Schulabschlusses, der nicht einmal ansatzweise erfolgten oder auch nur in Angriff genommenen Berufsausbildung sowie nicht zuletzt im Hinblick auf die erheblichen vorsätzlichen Straftaten nicht gewährleistet, dass sich der Kläger auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann. Dass er gute deutsche Sprachkenntnisse besitzt, reicht demgegenüber nicht aus und führt zu keinem anderen Ergebnis.

c) Dem Kläger kann auch keine Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a Abs. 1 AufenthG erteilt werden. Als volljähriges lediges Kind eines geduldeten Ausländers gehört er zu der Personengruppe, für die in § 104 a Abs. 2 AufenthG eine nach Erteilungsvoraussetzungen und Ermessensbefugnis eigenständige Regelung innerhalb der Altfallregelung geschaffen worden ist. Für diese Personengruppe gilt das komplexe Kriterium einer positiven Integrationsprognose. Erscheint die Integration als nicht gewährleistet, ist für einen Rückgriff auf die Erteilungsvoraussetzungen in Abs. 1 dieser Vorschrift, die auf den allgemeinen Personenkreis der volljährigen Ausländer mit langem geduldeten Aufenthalt und vollzogener Integration abgestellt ist, kein Raum.