OVG Hamburg

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Zitieren als:
OVG Hamburg, Beschluss vom 02.06.2008 - 3 Bf 35/05.Z - asyl.net: M13431
https://www.asyl.net/rsdb/M13431
Leitsatz:

Der Ausschlusstatbestand des § 29 Abs. 3 Satz 3 AufenthG gilt auch für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 33 Satz 1 AufenthG.

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: D (A), Berufungszulassungsantrag, ernstliche Zweifel, Geburt im Bundesgebiet, Aufenthaltserlaubnis, vorübergehender Aufenthalt
Normen: VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1; AufenthG § 29 Abs. 3 S. 3; AufenthG § 25 Abs. 4; AufenthG § 33
Auszüge:

Die Berufung gegen das angefochtene Urteil ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an dessen Richtigkeit zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Nach diesem Maßstab erweist sich die Abweisung der Klage durch das Verwaltungsgericht nicht deswegen als unrichtig, weil der Vater der Klägerin zum Zeitpunkt ihrer Geburt eine Aufenthaltsbefugnis besessen hat. Zwar ist, wie seit dem o.g. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Oktober 2005 feststeht, die für die Klageabweisung vom Verwaltungsgericht insoweit gegebene Begründung wegen fehlender Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG fehlerhaft gewesen, weil sie (wenn auch seinerzeit in Übereinstimmung mit § 31 Abs. 2 AuslG) zum Nachteil der Klägerin allein auf die aufenthaltsrechtliche Situation der Mutter abgestellt hat. Dieser Fehler wirkt sich aber im Ergebnis nicht aus, weil die Klägerin auch nach der nunmehr geltenden, der Entscheidung über den Zulassungsantrag zugrunde zu legenden (und nicht mehr mit dem Makel eines Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG behafteten) Fassung von § 33 Satz 1 AufenthG - gedanklich unterstellt, diese Bestimmung hätte in Verbindung mit den ergänzenden Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes bereits zum Zeitpunkt ihrer Geburt gegolten - keine Aufenthaltserlaubnis erhalten könnte.

Nach § 29 Abs. 3 Satz 3 AufenthG wird ein Familiennachzug in den Fällen des § 25 Abs. 4 AufenthG (ebenso wie in den Fällen des § 25 Abs. 4 a und Abs. 5, § 104 a Abs. 1 Satz 1 sowie § 104 b AufenthG) nicht gewährt. Diese allgemein den Familiennachzug zu Ausländern betreffende Bestimmung gilt auch für die Sonderregelung in § 33 Satz 1 AufenthG hinsichtlich der Geburt eines Kindes im Bundesgebiet. Auch die Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft, die mit der Geburt eines Kindes im Bundesgebiet entsteht, unterfällt dem Begriff des Familiennachzugs, wie ihn das Aufenthaltsgesetz in § 27 Abs. 1 bestimmt hat; das Gleiche gilt im Hinblick auf den Begriff des Kindernachzugs (vgl. Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, Stand 3/2006, § 32 AufenthG, Rn. 19). Für die Anwendbarkeit des Ausschlusstatbestandes in § 29 Abs. 3 Satz 3 AufenthG spricht in systematischer Hinsicht der Umstand, dass § 29 und § 33 Satz 1 gleichermaßen im Abschnitt 6 des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes ("Aufenthalt aus familiären Gründen") stehen. Vor allem stellt das Gesetz selbst den Bezug dieser beiden Vorschriften zueinander ausdrücklich her, indem es - wie von der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 3. April 2008 zutreffend hervorgehoben - in § 33 Satz 1 AufenthG bestimmt, dass einem im Bundesgebiet geborenen Kind (wenn ein Elternteil einen der dort genannten Aufenthaltstitel besitzt) eine Aufenthaltserlaubnis abweichend (von § 5 AufenthG und) von § 29 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erteilt werden kann. Daraus, dass § 33 Satz 1 AufenthG bezüglich § 29 AufenthG eine Abweichung allein im Hinblick auf die dortige Bestimmung in Abs. 1 Nr. 2 zulässt, ist zu schließen, dass die sonstigen in § 29 AufenthG geregelten Vorgaben und Beschränkungen des Familiennachzugs zu Ausländern auch in den von § 33 Satz 1 AufenthG erfassten Fällen im Bundesgebiet geborener Kinder gelten sollen (vgl. Jakober/Welte, a. a. O., Stand 9/2006, § 33 AufenthG, Rn. 9, zu der im Verhältnis zu § 29 Abs. 3 Satz 2 AufenthG identischen früheren Fassung des § 33 Satz 1 AufenthG). Dieses Zusammenspiel zwischen § 33 Satz 1 und § 29 AufenthG erscheint auch nicht etwa sinnwidrig oder unbeabsichtigt: Es bewirkt, dass die mit einer Geburt im Bundesgebiet in den Fällen des § 33 Satz 1 AufenthG verbundene aufenthaltsrechtliche Privilegierung in Gestalt der vollständigen Abweichung von den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG (insoweit ist § 33 Satz 1 AufenthG eine gegenüber § 29 AufenthG speziellere und damit vorrangige Norm), von dem sonst geltenden Erfordernis ausreichenden Wohnraums (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) abgesehen, nicht auch noch von den anderweitigen Vorgaben befreit, die in § 29 AufenthG allgemein für den Familiennachzug zu Ausländern gemacht werden.