BFH

Merkliste
Zitieren als:
BFH, Urteil vom 21.02.2008 - III R 79/03 - asyl.net: M13314
https://www.asyl.net/rsdb/M13314
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Kindergeld, Duldung, Gleichheitsgrundsatz, Verfassungsmäßigkeit, Jugoslawen, deutsch-jugoslawisches Sozialabkommen
Normen: EStG § 62 Abs. 2; EStG § 52 Abs. 61a S. 2; GG Art. 3 Abs. 1; AufenthG § 60
Auszüge:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). Das FG hat zu Unrecht einen Anspruch auf Kindergeld für die Zeit von April 1999 bis April 2001 bejaht.

1. Der Klägerin, die im streitigen Zeitraum lediglich ausländerrechtlich geduldet war, steht kein Kindergeld nach § 62 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) n.F. zu. Die Neuregelung ist mit Wirkung vom 1. Januar 2006 in Kraft getreten und erfasst gemäß § 52 Abs. 61a Satz 2 EStG alle Sachverhalte, bei denen – wie im Streitfall – das Kindergeld noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden ist (Art. 2 des Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss vom 13. Dezember 2006, BGBl I 2006, 2915, BStBl I 2007, 62). Ausländer, die nach §§ 55, 56 AuslG 1990 bzw. nach § 60a des ab 1. Januar 2005 geltenden Aufenthaltsgesetzes geduldet sind, haben auch nach der Neufassung des § 62 Abs. 2 EStG keinen Anspruch auf Kindergeld. Der Senat hat mit Urteilen vom 15. März 2007 III R 93/03 (BFHE 217, 443, BFH/NV 2007, 1234) sowie vom 22. November 2007 III R 54/02 (BFH/NV 2008, 457, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt) zur Kindergeldberechtigung geduldeter Ausländer entschieden, dass die vom Gesetzgeber getroffene Differenzierung sachlich gerechtfertigt und mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vereinbar ist, da keine langfristige Integration geduldeter Ausländer und ihrer Familien in der Bundesrepublik beabsichtigt ist. An diesen Grundsätzen hält der Senat fest. Der Senat teilt auch nicht die im Vorlagebeschluss des FG Köln vom 9. Mai 2007 10 K 1690/07 (EFG 2007, 1247) geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Neufassung. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf das Urteil in BFH/NV 2008, 457.

2. Entgegen der Ansicht des FG begründet auch das SozSichAbk YUG keinen Anspruch auf Kindergeld, da die Klägerin im streitigen Zeitraum nicht in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stand.

a) Nach Art. 28 Abs. 1 SozSichAbk YUG erhalten Personen Kindergeld, die in der Bundesrepublik beschäftigt sind und den in der Bundesrepublik geltenden Rechtsvorschriften unterliegen oder nach Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses Geldleistungen aus der Krankenversicherung wegen vorübergehender Arbeitsunfähigkeit oder Leistungen der Arbeitslosenversicherung erhalten. Art. 2 Abs. 1 Buchst. d SozSichAbk YUG bezieht sich auf die deutschen Vorschriften über das Kindergeld für Arbeitnehmer. Abkommensrechtlich sind dies Personen, die einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen (s. BSG-Urteil in BSGE 86, 115, sowie FG Düsseldorf vom 20. März 2007 - 10 K 805/05 Kg, EFG 2007, 1531).

b) Dies trifft auf die Klägerin nicht zu. Sie war lediglich geringfügig beschäftigt (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – SGB IV – a. F.) und damit in der Kranken- und Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V bzw. § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB III), ebenso in der Rentenversicherung (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI), da sie nicht nach § 5 Abs. 2 Satz 2 SGB VI auf die Versicherungsfreiheit verzichtet hat.

c) An der Versicherungsfreiheit ändert auch der Umstand nichts, dass der Arbeitgeber der Klägerin ab April 1999 nach § 172 Abs. 3 SGB VI i.d.F. des Gesetzes zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 388) pauschale Beiträge zur Rentenversicherung abzuführen hatte.