VGH Hessen

Merkliste
Zitieren als:
VGH Hessen, Beschluss vom 24.04.2008 - 10 A 673/08.Z.A - asyl.net: M13213
https://www.asyl.net/rsdb/M13213
Leitsatz:
Schlagwörter: Irak, Berufungszulassungsantrag, Divergenzrüge, Darlegungserfordernis, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, bewaffneter Konflikt, willkürliche Gewalt, interne Fluchtalternative
Normen: AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 2; AsylVfG § 78 Abs. 4 S. 4; AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Der innerhalb der einmonatigen Zulassungsantragsfrist (§ 78 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG) gestellte Berufungszulassungsantrag hat keinen Erfolg, denn in der Zulassungsantragsschrift vom 6. März 2008 ist der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der Abweichung von Entscheidungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG) nicht dargelegt worden im Sinne von § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG.

Verwaltungsgerichts auf diesem Unterschied beruht Zulassungsantragsbegründung die den vorliegenden Einzelfall betreffende Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG dar, arbeitet aber schon nicht heraus, welchen Rechtssatz das Verwaltungsgericht aufgestellt haben soll. Auch im Übrigen ergibt sich aus der Zulassungsantragsbegründung nicht, worin sich ein Rechtssatz des Verwaltungsgerichts von einem Rechtssatz des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs unterscheiden soll. Im Gegenteil zeigt die zu Beginn der Zulassungsantragsbegründung erfolgte Wiedergabe der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, dass das Verwaltungsgericht von den gleichen Rechtssätzen wie der Hessische Verwaltungsgerichtshof ausgegangen ist. Die Beklagte zitiert das Verwaltungsgericht nämlich mit der Feststellung, der Irak sei gegenwärtig außerhalb der kurdisch verwalteten Provinzen einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG unterworfen, womit ein kriegsgleicher Zustand mit einem gewissen Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit gemeint sei. Nichts anderes lässt sich der Wiedergabe von Teilen des Urteils des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. November 2006 - 3 UE 3238/03.A - im dritten Absatz der Zulassungsantragsbegründung entnehmen. Dort wird der Hessische Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich mit der Bemerkung zitiert, ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt bestehe erst ab einer bestimmten Größenordnung; erforderlich sei ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit.

Ein Vergleich des vorliegend angegriffenen Urteils des Verwaltungsgerichts vom 18. Dezember 2007 mit den beiden genannten Entscheidungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs bestätigt, dass das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung die genannten Entscheidungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs zugrunde gelegt hat. Das Verwaltungsgericht hat auf Seite 12 seiner Entscheidung ausgeführt, der Kläger habe Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG.

Ob die sich aufgrund willkürlicher Gewalt im Rahmen eines bewaffneten Konflikts ergebenden Gefahren als hinreichend individuell im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG anzusehen seien, ohne dass es zusätzlich der Darlegung besonderer persönlicher Merkmale oder Verfolgungsgründe bedürfte hat das Verwaltungsgericht dann im vorliegenden Fall offen gelassen und diese Feststellung damit begründet, der Kläger habe bei einer Rückkehr in den Irak mit erheblichen individuellen Gefahren für Leib und Leben im Rahmen des im Irak herrschenden innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu rechnen, die unmittelbar aus diesem Konflikt resultierten und ihn auch wegen persönlicher Umstände stärker träfen als Personen vergleichbarer Lage. Dem Kläger stehe überdies auch keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung. Dies alles wird sodann ausführlich begründet.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zeigt somit, dass das Verwaltungsgericht nicht von den von der Beklagten genannten Entscheidungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs abgewichen ist, sondern dass es diese Entscheidungen seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Dies gilt auch, soweit das Verwaltungsgericht unentschieden gelassen hat, ob die sich aufgrund willkürlicher Gewalt im Rahmen eines bewaffneten Konflikts ergebenden Gefahren für die Personen, die davon unmittelbar betroffen sind, als hinreichend individuell anzusehen sein müssen. Denn das Verwaltungsgericht hat das Vorliegen dieser strengen Voraussetzungen bejaht. Das heißt, es hat letztlich seiner Entscheidung auch diese strengen Voraussetzungen zugrunde gelegt. Von einer Abweichung im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG kann nach allem keine Rede sein.

Ob das Verwaltungsgericht die Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs zutreffend angewandt hat, ist - wie oben bereits ausgeführt - keine Frage der Divergenz im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG.