Duldungszeiten vor dem 1.1.2005 werden gem. § 102 Abs. 2 AufenthG auf die Aufenthaltsdauer nach § 26 Abs. 4 AufenthG angerechnet unabhängig vom Duldungsgrund.
Duldungszeiten vor dem 1.1.2005 werden gem. § 102 Abs. 2 AufenthG auf die Aufenthaltsdauer nach § 26 Abs. 4 AufenthG angerechnet unabhängig vom Duldungsgrund.
(Leitsatz der Redaktion)
Die Klage ist zulässig und erweist sich zum ganz überwiegenden Teil auch als begründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf - rückwirkende - Erteilung einer Niederlassungserlaubnis.
Dieser Anspruch folgt auf der Tatbestandsseite aus § 26 Abs. 4 i.V.m. § 102 Abs. 2 AufenthG.
Hierbei zeigt sich zunächst, dass unter Berücksichtigung der nach § 102 Abs. 2 AufenthG anrechenbaren Zeiten die Klägerin über den erforderlichen Zeitraum von 7 Jahren eine Aufenthaltserlaubnis besessen hat. Dies ist zum einen der Zeitraum nach Erteilung der Aufenthaltserlaubnis, die der Klägerin am 30.11.2005 erteilt worden ist. Hinzuzurechnen ist das Asylverfahren, das über den Zeitraum vom Dezember 1996 bis zum Januar 2000 gedauert hat, somit 3 Jahre und einen Monat.
Entgegen der Ansicht des Beklagten sind auch die Zeiten einzurechnen, in denen die Klägerin vor dem 01.01.2005 im Besitz einer Duldung war, somit die Zeit vom Januar 2000 bis zum 31.12.2004 und somit knapp 5 Jahre. Dies folgt zur Überzeugung des Gerichts daraus, dass entgegen der Ansicht des Beklagten und der Bezirksregierung E. § 102 Abs. 2 AufenthG nach seinem Wortlaut nicht zwischen unterschiedlichen Duldungsgründen und danach, ob der Ausländer die Unmöglichkeit der Ausreise verschuldet hat, unterscheidet. Vielmehr sind sämtliche Zeiten des Besitzes einer Duldung ohne Rücksicht darauf, ob sie bei Zugrundelegung des Aufenthaltsgesetzes für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis qualifizieren würden, anzurechnen. Zwar werden damit Ausländer, die sich vor dem 01.01.2005 der Abschiebung durch Identitätsverschleierung, fehlende Mitwirkung oder aktiven Widerstand entzogen haben, privilegiert, sofern das Verhalten des Ausländers nicht zu einer gerichtlichen Bestrafung nach § 92 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG geführt hat. Dabei ist jedoch auch zu bedenken, dass eine Berücksichtigung der jeweiligen Duldungsgründe im Rahmen der Ermessensausübung nach § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG nicht ausgeschlossen ist, so dass auch nach Ansicht des erkennenden Gerichts in den Fällen, in denen dem Ausländer das oben dargelegte Verhalten vorzuwerfen ist, jedenfalls kein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis bestehen dürfte (vgl. dazu Hailbronner, Ausländerrecht, § 102 Rdnr. 15; vgl. des weiteren auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.05.2007 - 11 S 2093/06 - und VG Düsseldorf, Urteil vom 02.11.2006 - 24 K 3027/06 -).
Bei diesem Ansatz, den das Gericht zum einen aufgrund des Wortlauts des Gesetzestextes, zum anderen aufgrund der angeführten Kommentierung und Entscheidungen für zwingend hält, zeigt sich dann hier, dass die Klägerin jedenfalls bei Stellung ihres Antrags auf Erteilung der Niederlassungserlaubnis am 19.06.2006 den geforderten Zeitraum von 7 Jahren erfüllt, ohne dass es auf die weiter gestellte Frage ankommt, ob (auch) § 35 AufenthG das Begehren der Klägerin weiter unterstützt.
Darüber hinaus zeigt sich hier, dass das dem Beklagten zukommende Ermessen im Fall der Klägerin auf Null reduziert ist, so dass nur die Erteilung der Niederlassungserlaubnis in Betracht kommt. Dies folgt insbesondere daraus, dass der Klägerin in keiner Hinsicht vorgeworfen werden kann, dass sie ihre Identität verschleiert habe, in unzureichendem Maße mitgewirkt habe oder aktiven Widerstand geleistet habe, wobei auf das oben gesagte verwiesen werden kann. Vielmehr spricht alles dafür, dass der Beklagte in sachgerechter Weise zunächst von einer Abschiebung der Klägerin mit ihrer Familie abgesehen hat, um dadurch der ernsthaften Erkrankung der Mutter der Klägerin Rechnung zu tragen. Wenn des Weiteren - wie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen - der Beklagte vorrangig die Abschiebung von Straftätern oder Beziehern von Sozialhilfe betrieben hat, kann dies der Klägerin ebenfalls nicht zum Nachteil gereichen.
Insbesondere bei Berücksichtigung der schulischen Laufbahn der Klägerin und des Umstandes, dass sowohl ihr Lebensunterhalt als auch der Unterhalt der Familie durch das Erwerbseinkommen des Vaters gesichert war und ist, ist hier kein Grund ersichtlich, der der Erteilung eine Niederlassungserlaubnis entgegenstehen könnte; ein solcher wird auch vom Beklagten nicht geltend gemacht.