VG Braunschweig

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Zitieren als:
VG Braunschweig, Urteil vom 02.07.2007 - 8 A 410/06 - asyl.net: M13129
https://www.asyl.net/rsdb/M13129
Leitsatz:
Schlagwörter: Aserbaidschan, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Krankheit, psychische Erkrankung, Bandscheibenerkrankung, medizinische Versorgung, Finanzierbarkeit, Existenzminimum
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Kläger hat aufgrund seiner stark eingeschränkten Arbeitsfähigkeit wegen der psychischen Erkrankungen und des Bandscheibenschadens bei gleichzeitigem ständigem Bedarf an kostenpflichtiger medizinischer und medikamentöser Behandlung einen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Nach den vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen ist davon auszugehen, dass der Kläger auf Grund seines Gesundheitszustandes einer weiteren medikamentösen Behandlung sowie einer dauernden ärztlichen Betreuung bedarf, die er sich nicht wird beschaffen können. Ohne die erforderliche medikamentöse Behandlung und ärztliche Betreuung ist der ohnehin nur eingeschränkt arbeitsfähige Kläger angesichts der hohen Arbeitslosigkeit und des niedrigen Mindestgehalts von 50 AZM (ca. 55 USD) aber nicht einmal in der Lage sich das zum Existenzminimum Notwendige zu besorgen.

Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Kläger aufgrund seiner finanziellen und auch aufgrund seiner gesundheitlichen Situation nicht in der Lage ist, sich selbst in Aserbaidschan die notwendige Behandlung und Medikation zu sichern. Auch mit einer effektiven Unterstützung durch noch dort lebende Angehörige kann er nicht rechnen. Die Behandlung der gutachterlich festgestellten Erkrankungen des Klägers ist in Aserbaidschan nach den vorliegenden Erkenntnissen zwar sowohl ambulant als auch stationär möglich, aber nur gegen Bezahlung. Nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amts über Aserbaidschan vom 07.05.2007 besteht kein funktionierendes staatliches Krankenversicherungssystem, eine kostenlose medizinische Minimalversorgung wird nur in dringenden Notfällen gewährt. Daneben bildet sich ein privater medizinischer Sektor heraus, der gegen Barzahlung medizinische Versorgung auf annähernd europäischem Standard bietet; den sich der größte Teil der Bevölkerung jedoch nicht leisten kann. Die Arbeitslosigkeit ist hoch und gleichzeitig werden soziale Leistungen nicht gewährt oder sind völlig unzureichend, so dass 40 % der Bevölkerung in Armut, viele davon unterhalb des Existenzminimums, lebt.