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Zitieren als:
BFH, Urteil vom 15.03.2007 - VI R 14/04 - asyl.net: M13009
https://www.asyl.net/rsdb/M13009
Leitsatz:

Aufwendungen eines in Deutschland lebenden Ausländers für das Erlernen der deutschen Sprache gehören regelmäßig auch dann zu den nichtabziehbaren Kosten der Lebensführung, wenn ausreichende Deutschkenntnisse für einen angestrebten Ausbildungsplatz förderlich sind.

 

Schlagwörter: D (A), Steuerrecht, Einkommenssteuer, Werbungskosten, Sprachkenntnisse, Sprachkurs, Ausbildung
Normen: EStG § 9 Abs. 1; EStG § 12 Nr. 1; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 7
Auszüge:

Aufwendungen eines in Deutschland lebenden Ausländers für das Erlernen der deutschen Sprache gehören regelmäßig auch dann zu den nichtabziehbaren Kosten der Lebensführung, wenn ausreichende Deutschkenntnisse für einen angestrebten Ausbildungsplatz förderlich sind.

(Amtlicher Leitsatz)

 

Die Revision ist begründet. Das FG hat die Aufwendungen der Klägerin für den Erwerb von Deutschkenntnissen zu Unrecht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anerkannt.

Das FG hat zwar angenommen, dass die Aufwendungen der Klägerin für die Deutschkurse einen hinreichenden beruflichen Bezug aufweisen. Denn bei ausreichenden Deutschkenntnissen hätte die Klägerin möglicherweise einen Ausbildungsplatz in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf erlangen können.

Das FG hat jedoch nicht berücksichtigt, dass ein Abzug der Aufwendungen als Werbungskosten durch § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG ausgeschlossen ist (vgl. Hessisches FG, Urteil vom 25. September 2001 9 K 4589/98, juris; FG Köln, Urteil vom 21. September 1998 15 K 2138/98, juris; anderer Ansicht Niedersächsisches FG, Urteil vom 24. April 1991 XIII 475/89, EFG 1991, 724). Für den Erwerb der Deutschkenntnisse spielten private Gesichtspunkte der Klägerin eine nicht untergeordnete Rolle. Die Klägerin verwendet in der Kommunikation mit dem Kläger und notwendigerweise im täglichen Leben die durch den Sprachkurs erlangten Grundkenntnisse der deutschen Sprache. Der Besuch der Deutschkurse hatte somit einen erheblichen privaten Nutzen für die Klägerin.

Der Senat teilt nicht die Auffassung des FG, dass der private Nutzen der Deutschkurse für die Klägerin durch die berufliche Veranlassung überlagert werde. Der BFH hat zwar den Erwerb von Fremdsprachenkenntnissen nicht von vornherein der privaten Lebensführung zugeordnet (vgl. Urteile vom 13. Juni 2002 VI R 168/00, BFHE 199, 347, BStBl II 2003, 765; vom 10. April 2002 VI R 46/01, BFHE 198, 563, BStBl II 2002, 579). Dem FG ist jedoch nicht darin zu folgen, dass der Besuch der Deutschkurse im Streitfall dem Erlernen einer Fremdsprache gleichzusetzen sei. Denn die Lebensführung der Klägerin wird durch die Deutschkurse wesentlich intensiver berührt als die Lebensführung eines Steuerpflichtigen, der eine gängige Fremdsprache, die in seinem privaten Umfeld üblicherweise nicht gesprochen wird, aus beruflichen Gründen erlernt. Während der Steuerpflichtige durch das Erlernen der Fremdsprache lediglich eine persönliche Bereicherung erfährt und seine Bildung erweitert (vgl. BFH-Urteil vom 26. November 1993 VI R 67/91, BFHE 172, 574, BStBl II 1994, 348), gewährleisteten die in den Deutschkursen erworbenen Sprachkenntnisse die soziale Integration der Klägerin im privaten Alltag und ermöglichten ihr eine erfolgreiche Kommunikation im engeren privaten Umfeld (vgl. FG Köln, a.a.O.; Morsbach, Anm. EFG 2004, 489, 490).