OVG Hamburg

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Zitieren als:
OVG Hamburg, Beschluss vom 21.02.2008 - 3 Bs 204/07 - asyl.net: M12844
https://www.asyl.net/rsdb/M12844
Leitsatz:

1. Eine Ausnahme von der Regel des § 16 Abs. 2 AufenthG, wonach während eines Aufenthalts zum Zweck des Studiums keine Aufenthaltserlaubnis für einen anderen Aufenthaltszweck erteilt werden soll, wird nicht bereits durch den Umstand begründet, dass der Ausländer im Bundesgebiet in familiärer Lebensgemeinschaft mit seinem während des Studienaufenthalts geborenen ausländischen Kind und der Kindesmutter lebt.

2. Der Aufenthalt mit einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums steht nicht den Aufenthaltszeiten im Sinne des § 104 a Abs. 1 AufenthG gleich.

 

Schlagwörter: D (A), Studium, Studenten, Aufenthaltserlaubnis, Wechsel des Aufenthaltszwecks, Altfallregelung, Aufenthaltsdauer, Schutz von Ehe und Familie
Normen: AufenthG § 16 Abs. 1; AufenthG § 16 Abs. 2; AufenthG § 104a Abs. 1; GG Art. 6 Abs. 1; EMRK Art. 8
Auszüge:

1. Eine Ausnahme von der Regel des § 16 Abs. 2 AufenthG, wonach während eines Aufenthalts zum Zweck des Studiums keine Aufenthaltserlaubnis für einen anderen Aufenthaltszweck erteilt werden soll, wird nicht bereits durch den Umstand begründet, dass der Ausländer im Bundesgebiet in familiärer Lebensgemeinschaft mit seinem während des Studienaufenthalts geborenen ausländischen Kind und der Kindesmutter lebt.

2. Der Aufenthalt mit einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums steht nicht den Aufenthaltszeiten im Sinne des § 104 a Abs. 1 AufenthG gleich.

(Amtliche Leitsätze)

 

Die Beschwerde des Antragstellers bleibt ohne Erfolg.

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 6. August 2007, mit dem sein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis durch Verfügung der Antragsgegnerin vom 10. Mai 2007 abgelehnt wurde, ist nicht begründet.

Zum einen könnte es an der Voraussetzung fehlen, dass sich aus § 104 a AufenthG ein gesetzlicher Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ergibt, dem Antragsteller aber im Hinblick auf § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG grundsätzlich eine Aufenthaltserlaubnis für einen anderen Aufenthaltszweck als zum Zweck des Studiums nur bei Vorliegen eines gesetzlichen Anspruchs erteilt werden darf. Die Beschwerde setzt sich insoweit nicht mit der Auffassung des Verwaltungsgerichts auseinander, dass ein "Soll-Anspruch" kein gesetzlicher Anspruch ("Ist-Anspruch") im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist. Der Anwendbarkeit von § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, die vom Antragsteller nicht bestritten wird, dürfte auch der Umstand nicht entgegen stehen, dass der Antragsteller derzeit nicht mehr über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 1 AufenthG verfügt. Die Beschränkung des § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG dürfte unabhängig hiervon bis zu einer Ausreise des Antragstellers gelten (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 30.5.2007, InfAuslR 2007, 380; OVG Münster, Beschl. v. 21.8.2006, 18 B 1472/06, juris; 16.2.3 der Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern vom 22. Dezember 2004 zu § 16).

Zum anderen sind jedenfalls die Voraussetzungen des § 104 a Abs. 1 AufenthG im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht gegeben. Denn der Antragsteller hat sich zum Stichtag am 1. Juli 2007 nicht seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten, sondern mit einer bis zum 29. März 2007 gültigen Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums. Die Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums ist nicht gleich zu setzen mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Der Wortlaut des § 104 a Abs. 1 AufenthG ist insoweit eindeutig. Sinn und Zweck der Regelung ist es nicht, im Sinne einer Auffangregelung allen hier integrierten Ausländern den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen. Vielmehr handelt es um eine Bleiberechtsregelung nur für die begrenzte Gruppe ausreisepflichtiger und geduldeter oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen versehener, aber gleichwohl integrierter Ausländer, um deren Bedürfnis nach einer dauerhaften Perspektive in Deutschland Rechnung zu tragen.

d) Es ist ebenfalls nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht eine Ausnahme von § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG verneint hat. Um zu vermeiden, dass entgegen der Regelung ein Daueraufenthalt erwirkt wird, rechtfertigen nur besonders gelagerte Sachverhalte im Ausnahmefall die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (vgl. Walther, in: Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, Stand November 2007, II § 16 Rn. 16). Das ist nur der Fall, wenn der Wechsel des Aufenthaltszwecks aufgrund objektiver und nicht in der Sphäre des Ausländers liegender Umstände erforderlich wird (vgl. Walther, a.a.O.). Davon kann im vorliegenden Fall jedoch nicht ausgegangen werden. Der Antragsteller begehrt die Aufenthaltserlaubnis, um sich zusammen mit seiner am ... 2006 geborenen Tochter und der Kindesmutter hier auf Dauer weiter aufhalten zu können. Diese allein vom Antragsteller zu verantwortende Fallkonstellation rechtfertigt es nicht, dem Antragsteller entgegen dem Zweck der gesetzlichen Regelung ohne vorherige Ausreise einen Daueraufenthalt im Anschluss an sein nicht erfolgreich abgeschlossenes Studium zu ermöglichen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 13.4.2007, 2 Bs 56/07).