VG Ansbach

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Zitieren als:
VG Ansbach, Beschluss vom 08.01.2008 - AN 11 S 07.08009 - asyl.net: M12680
https://www.asyl.net/rsdb/M12680
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Aufnahmegesetz, Duldung, Ausreiseeinrichtung, Passbeschaffung, Passersatzbeschaffung, Mitwirkungspflichten, Gemeinschaftsunterkünfte, Umverteilung, Ägypter, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), Suspensiveffekt
Normen: AufnG Art. 10 Abs. 1 S. 2; AufnG Art. 5 Abs. 2; AufnG Art. 4 Abs. 1; AufnG Art. 4 Abs. 4; DVAsyl § 8 Abs. 1; DVAsyl § 8 Abs. 5; DVAsyl § 7 Abs. 5; VwGO § 80 Abs. 5
Auszüge:

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist zulässig, aber unbegründet.

Rechtsgrundlage bildet insoweit das Aufnahmegesetz (AufnG) in Verbindung mit der Asyldurchführungsverordnung (DVAsyl). Der Antragsteller unterfällt als Leistungsberechtigter nach § 1 Abs. 1 Ziff. 4, 5 AsylbLG dem Anwendungsbereich des Aufnahmegesetzes (AufnG), Art. 1 AufnG, da er nach wie vor ausreisepflichtig und Inhaber einer Duldung nach § 60 a AufenthG ist. Dass über seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des IMK-Beschlusses vom 17.11.2006 – der sich im Übrigen in der Ausländerakte des seinerzeit zuständigen Landratsamtes ... nicht findet – möglicherweise bislang nicht entschieden worden ist, ändert hieran nichts. Die Anwendbarkeit des Aufnahmegesetzes auf den Antragsteller hat nach Art. 4 Abs. 1 AufnG zur Folge, dass er in der Regel in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht werden soll. Zwar sieht Art. 4 Abs. 4 Satz 1 AufnG vor, dass in begründeten Ausnahmefällen auch der Auszug aus einer Gemeinschaftsunterkunft und damit die private Wohnsitznahme gestattet werden kann. Nach Art. 4 Abs. 4 Satz 2 AufnG liegt ein solcher begründeter Ausnahmefall jedoch bei Personen regelmäßig nicht vor, die nicht im Besitz gültiger Pässe sind, obwohl sie in zumutbarer Weise einen Pass erlangen könnten, oder bei Personen, die bei der Beschaffung von Heimreisepapieren nicht mitwirken (vgl. zu dieser Fallgruppe BayVGH, Beschluss vom 30.8.2007, 21 CS 07.1475; 21 CS 07.1476 <juris>; Beschluss vom 27.10.2003, 24 CS 03.2614 <juris>; ferner aus der Rspr. des VG Ansbach, Beschluss vom 1.6.2007, AN 19 S 07.01051 <juris>, Beschluss vom 15.6.2005, AN 14 S 05.30125 <juris>; Beschluss vom 16.1.2004, AN 10 S 03.05094; vgl. zur Verfassungsmäßigkeit der Regelung des AufnG BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 15.9.2005, 2 BvL 2/05, BVerfGK 6, 220 ff.).

Vorliegend ist der Antragsteller nicht im Besitz eines gültigen ägyptischen Passes. Dass er ihn nach unanfechtbarer Ablehnung seines Asylantrags 1999 angesichts der ihm über Jahre hinweg wiederholt von der zuständigen Ausländerbehörde aufgezeigten Wege zur Beschaffung von Identitätsnachweisen bzw. der wiederholten Stellung von Anträgen auf Ausstellung von Heimreisepapieren hätte erlangen können, steht nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anzustellenden summarischen Überprüfung zur Überzeugung der Kammer fest.

Nach der auf der Grundlage von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 AufnG zur Regelung der Einzelheiten der landesinternen Verteilung und Umverteilung von Personen im Sinne von Art. 1 AufnG erlassenen Asyldurchführungsverordnung (DVAsyl) kann gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 DVAsyl eine landesinterne Umverteilung aus Gründen des öffentlichen Interesses erfolgen. Ein derartiges öffentliches Interesse liegt nach § 8 Abs. 5 DVAsyl bei Vorliegen der in § 7 Abs. 5 DVAsyl genannten öffentlichen Belange und Gründe vor. Nach § 7 Abs. 5 Satz 3, 2. HS DVAsyl soll die Verteilung u.a. die Bereitschaft des Betroffenen zur Rückkehr in sein Heimatland fördern. Dem diesbezüglichen Vortrag des Antragsgegners, dass er gerade bei der Ausreiseeinrichtung über qualifiziertes Personal verfüge, das häufig Mittel und Wege finde, auch bei passlosen ausreisepflichtigen Ausländern die Bereitschaft zur Rückkehr in den Heimatstaat durch die Beschaffung entsprechender Papiere zu fördern, ist der Antragsteller vorliegend nicht entgegengetreten.

Darüber hinaus liegen nach § 8 Abs. 5 3. Spiegelstrich i. V. m. § 9 Ziff. 2 DVAsyl Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die zugleich ein öffentliches Interesse an der Umverteilung begründen, dann vor, wenn der ausreisepflichtige Ausländer seiner Verpflichtung zur Vorlage, Aushändigung oder Überlassung eines Passes oder Passersatzes an die mit der Ausführung des Aufenthaltsgesetzes betrauten Behörden oder im Falle des Nichtbesitzes eines Passes seiner Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Identitätsklärung oder bei der Beschaffung eines Identitätspapiers nicht nachkommt. Dass der Antragsteller weder einen gültigen Pass besitzt noch – entgegen seiner eigenen Zusicherung – bei der Beschaffung von Identitätspapieren mitwirkt, ferner auch keine nachvollziehbare Erklärung dafür abgibt, weshalb die seit Jahren andauernden Bemühungen um die Beschaffung entsprechender Papiere bislang keinen Erfolg gebracht haben, ist bereits ausgeführt worden. Mithin liegen beim Antragsteller sowohl die Voraussetzungen für die Verpflichtung zur Wohnsitznahme in einer Gemeinschaftsunterkunft wie auch für eine landesinterne Umverteilung vor.