LSG Rheinland-Pfalz

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Zitieren als:
LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 06.02.2008 - L 1 ER 18/08 AY u.a. - asyl.net: M12605
https://www.asyl.net/rsdb/M12605
Leitsatz:

Gewährt die Sozialbehörde Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG ohne zeitliche Beschränkung, so hat die gegen die spätere Kürzung der Leistungen gerichtet Anfechtungsklage aufschiebenden Wirkung gem. § 86 b Abs. 1 SGG.

 

Schlagwörter: D (A), Asylbewerberleistungsgesetz, Bewilligungsbescheid, Dauerwirkung, Dauerverwaltungsakt, Leistungskürzung, Anfechtungsklage, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), Suspensiveffekt
Normen: SGG § 86b Abs. 1; AsylbLG § 2 Abs. 1; SGB X § 48
Auszüge:

Gewährt die Sozialbehörde Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG ohne zeitliche Beschränkung, so hat die gegen die spätere Kürzung der Leistungen gerichtet Anfechtungsklage aufschiebenden Wirkung gem. § 86 b Abs. 1 SGG.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Rechtsgrundlage des vorläufigen Rechtsschutzbegehrens der Antragstellerin ist § 86b Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Antragstellerin kann ihr Rechtsschutzziel allein durch die isolierte Anfechtungsklage bzw. einen isolierten Anfechtungswiderspruch erreichen. Bei dem angefochtenen Bescheid vom 02.11.2007 handelt es sich um eine auf § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) gestützte kassatorische Entscheidung des Bewilligungsbescheides vom 26.03.2007. Bei diesem Bescheid handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung.

Zwar sind Sozialhilfeleistungen nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung keine rentenähnlichen Dauerleistungen, sondern Hilfen in einer besonderen Notsituation. Deswegen werden sie grundsätzlich nicht über längere, sondern nur für die nächstliegende Zeit bewilligt. Allerdings ist die Behörde nicht daran gehindert, den Sozialhilfefall auch für einen längeren Zeitraum zu regeln. Im Bereich der Asylbewerberleistungen ergibt sich dies zudem aus § 9 Abs. 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), der u.a. die §§ 44 bis 50 SGB X für entsprechend anwendbar erklärt und damit auch auf § 48 SGB X Bezug nimmt, der die Aufhebung eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse regelt. Welche konkrete Regelung die Behörde in dem jeweiligen Bewilligungsbescheid getroffen hat, ist durch Auslegung zu ermitteln. Entscheidend ist, wie der Bewilligungsbescheid aus der Sicht des Adressaten zu verstehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2007 - B 9b AY 1/06 R -).

Danach sind der Antragstellerin und ihrer Tochter mit Bescheid vom 26.03.2007 ab dem 01.04.2007 dem Grunde nach laufende Leistungen nach dem AsylbLG gewährt worden. Eine zeitliche Beschränkung ergibt sich aus dem Bescheid nicht. Dagegen spricht bereits der einleitende Verfügungssatz. Danach werden der Antragstellerin und ihrer Tochter "Leistungen in Höhe von monatlich 966,91 Euro gewährt". der Bestandteil des Bescheides gewordenen Anlage geht hervor, welche berücksichtigungsfähigen Kosten der Unterkunft ab dem 01.04.2007 der Berechnung zugrunde gelegt werden und welche zukünftige monatliche Zahlungen an die Antragstellerin und Dritte erfolgen. Etwas anderes folgt auch nicht aus den unter dem Stichwort "Bewilligungsdauer" enthaltenen erläuternden Hinweisen der Antragsgegnerin. Diese sind im Kontext mit dem sonstigen Inhalt des Bescheides zu sehen. Unabhängig von der Frage, wie der Vorbehalt rechtlich zu bewerten ist, bezieht er sich nur auf den Fall einer Änderung der angegebenen persönlichen Verhältnisse der Antragstellerin. Die Antragstellerin konnte daher davon ausgehen, dass es sich um eine zeitlich unbegrenzte Leistungsbewilligung handelt, solange keine Änderung in ihren angegebenen Verhältnissen eintritt.