OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 28.01.2008 - 12 ME 23/08 - asyl.net: M12574
https://www.asyl.net/rsdb/M12574
Leitsatz:

Die Anwendung der Altfallregelung ist nach § 104 a Abs. 1 S. 1 Nr. 4 AufenthG auch dann ausgeschlossen, wenn der Ausländer zwar nicht durch aktives Tun, sondern durch beharrliches Untätigbleiben oder die Nichterfüllung von Mitwirkungspflichten vorsätzlich die Aufenthaltsbeendigung hinausgezögert oder behindert hat.

 

Schlagwörter: D (A), Altfallregelung, Verzögerung der Aufenthaltsbeendigung, Behinderung der Aufenthaltsbeendigung, Unterlassen, Mitwirkungspflichten, Passbeschaffung, Passersatzbeschaffung
Normen: AufenthG § 104a Abs. 1 S. 1 Nr. 4
Auszüge:

Die Anwendung der Altfallregelung ist nach § 104 a Abs. 1 S. 1 Nr. 4 AufenthG auch dann ausgeschlossen, wenn der Ausländer zwar nicht durch aktives Tun, sondern durch beharrliches Untätigbleiben oder die Nichterfüllung von Mitwirkungspflichten vorsätzlich die Aufenthaltsbeendigung hinausgezögert oder behindert hat.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Mit seinen dagegen erhobenen Einwendungen, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, dringt der Antragsteller nicht durch.

Der Antragsteller macht geltend, er habe behördliche Maßnahmen nicht vorsätzlich hinausgezögert. Der Ausschluss von den Vergünstigungen der Altfallregelung in § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG und der Nds. Bleiberechtsregelung setze ein aktives Tun des Ausländers voraus, ein lediglich passives Verhalten reiche nicht aus.

Der Senat vermag sich einer restriktiven Auslegung der Ausschlusstatbestände im Sinne der Beschwerde jedoch nicht anzuschließen. Der Wortlaut der Bestimmungen stellt auf ein – im Falle des § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG vorsätzliches – Hinauszögern oder Behindern behördlicher Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung ab. Das schließt neben einem aktiven Tun auch andere Verhaltensweisen wie ein beharrliches Untätigbleiben oder die Nichterfüllung von Mitwirkungspflichten mit ein (vgl. Marx, a.a.O., S. 50 f mit Hinweisen auf entsprechende Regelungen in den Bleiberechtsregelungen verschiedener Bundesländer). In den Hinweisen des Bundesministeriums des Innern unter Nr. 6 zu § 104 a AufenthG heißt es zwar – und wird vom Senat nicht in Zweifel gezogen –, im Hinblick auf den Willen des Gesetzgebers, an das großzügige Verständnis der IMK-Bleiberechtsregelung vom 17. November 2006 anknüpfen und das Problem der langjährig Geduldeten lösen zu wollen, sei ein großzügiger Maßstab hinsichtlich der in § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG genannten Ausschlussgründe anzulegen. Soweit zu dem Hinauszögern oder Behindern behördlicher Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung weiterhin ausgeführt wird, der Ausschlussgrund liege ausschließlich dann vor, wenn ein Ausländer u.a. nachweislich Identitätsnachweise oder Personaldokumente vernichtet und unterdrückt hat, um seine Abschiebung zu verhindern, findet diese einengende Auslegung des Ausschlussgrundes im Wortlaut des § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG jedoch keine Stütze. So liegt es auf der Hand, dass nicht nur ein Vernichten und Unterdrücken von Personalpapieren, sondern beispielsweise auch eine dauerhafte und für die Vorbereitung der Aufenthaltsbeendigung nicht nur unwesentliche Weigerung, sich Personal- und Ausreisedokumente in schriftlicher Form oder auf andere Weise als durch die in den Hinweisen ausdrücklich genannte Vorsprache bei der Vertretung eines ausländischen Staates zu beschaffen, als Hinauszögern oder Behindern von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen angesehen werden kann.