OLG Celle

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Zitieren als:
OLG Celle, Beschluss vom 31.01.2008 - 22 W 2/08 - asyl.net: M12555
https://www.asyl.net/rsdb/M12555
Leitsatz:

Die räumliche Beschränkung gem. § 51 Abs. 6 AufenthG verliert ihre Wirksamkeit, wenn der Ausländer seiner Ausreisepflicht nachkommt.

 

Schlagwörter: D (A), Abschiebungshaft, Zuständigkeit, örtliche Zuständigkeit, Ausländerbehörde, Antrag, abgelehnte Asylbewerber, räumliche Beschränkung, gewöhnlicher Aufenthalt, Ausreise, Wiedereinreise
Normen: FreihEntzG § 3; VwVfG § 3; Nds. SOG § 100 Abs. 1 S. 2; AsylVfG § 60 Abs. 2; AufenthG § 51 Abs. 6; AufenthG § 50 Abs. 4
Auszüge:

Die räumliche Beschränkung gem. § 51 Abs. 6 AufenthG verliert ihre Wirksamkeit, wenn der Ausländer seiner Ausreisepflicht nachkommt.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die weitere sofortige Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die vom Amtsgericht Hannover am 25. Oktober 2007 angeordnete Verlängerung der Abschiebungshaft bereits deshalb rechtswidrig, weil es hierfür an dem nach § 3 Satz 1 FreihEntzG notwendigen Antrag der zuständigen Behörde fehlt.

Der Senat hat bislang die Auffassung vertreten, dass sich die Zuständigkeit der Behörde in Abschiebehaftsachen gemäß § 1 Nds. VwVfG i.V.m. § 3 VwVfG beurteilt (vgl. Senatsbeschluss vom 16.4.2007, 22 W 23 /07). Er neigt inzwischen dazu, die örtliche Zuständigkeit nach § 100 Abs. 1 Satz 2 Nds. SOG zu beurteilen. Denn das AufenthG stellt eine spezielle Regelung zur Erfüllung von Aufgaben der Gefahrenabwehr dar (vgl. Saipa, Nds. SOG, § 3 Rdnr, 3), für die gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 Nds. SOG dieses Gesetz ergänzend anzuwenden ist, soweit die besonderen Vorschriften keine abschließende Regelung enthalten. Das ist hier hinsichtlich der Regelung der örtlichen Zuständigkeit der Fall. Das Nds. SOG stellt insoweit gegenüber dem Nds. VwVfG wiederum die speziellere und damit vorrangige Regelung dar. Letztendlich kann dies vorliegend dahin stehen. Denn nach beiden Regelungen ist die örtliche Zuständigkeit der Beteiligten nicht gegeben.

Bei Zugrundelegen der bisherigen Ansicht würde sich die örtliche Zuständigkeit nach § 1 Nds. VwVfG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG beurteilen. Danach ist die Behörde zuständig, in deren Bezirk der Anlass für die Amtshandlung hervortritt, wenn die betroffene Person im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder zuletzt hatte. Danach war die Ausländerbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg zuständig, weil der Betroffene dort aufgegriffen wurde und keinen anderen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist der Betroffene nämlich nach rechtskräftiger Ablehnung seines Asylantrags am 12.8.2003 zunächst nach Spanien ausgereist und dann nach Indien zurückgekehrt. Von dort ist er dann erneut nach Deutschland eingereist und hat sich ohne festen Wohnsitz in Hamburg aufgehalten, wo er schließlich auch festgenommen wurde. Ein Bezug zum Bezirk der Beteiligten ist danach nicht erkennbar. Die Beteiligte hat nicht dargelegt, dass sich der Betroffene nach seiner Wiedereinreise in ihrem Bezirk niedergelassen hat. ihre Zuständigkeit wird auch nicht dadurch begründet, dass der Betroffene vor seiner Rückkehr nach Indien ihrem Bezirk gemäß § 60 Abs. 2 AsylVfG zugewiesen worden war. Abgesehen davon, dass es schon zweifelhaft ist, ob die Zuweisung nach AsylVfG auch bedeutet, dass der Betroffene dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (verneinend KG FGPrax 1998, 242), ist die Zuweisung jedenfalls inzwischen weggefallen. Soweit die Beteiligte geltend macht, dass gemäß § 51 Abs. 6 AufenthG räumliche Beschränkungen auch nach Wegfall des Aufenthaltstitels in Kraft bleiben, bis sie aufgehoben sind, ist dem entgegen zu halten, dass die Beschränkungen nach derselben Regelung auch dann wegfallen, wenn der Ausländer seiner Ausreisepflicht nach § 50 Abs. 1 bis 4 AufenthG nachgekommen ist. Zwar genügte der Betroffene vorliegend gemäß § 50 Abs. 4 AufenthG seiner Ausreisepflicht noch nicht dadurch, dass er zunächst nach Spanien ausreiste, weil er auch für diesen Mitgliedsstaat der Europäischen Union keine Einreise- und Aufenthaltserlaubnis hatte. Aber mit seiner Rückkehr nach Indien hat er die Ausreisepflicht erfüllt, so dass damit auch die räumlichen Beschränkungen entfallen sind. Seine erneute Einreise in das Bundesgebiet stellt deshalb einen neuen Sachverhalt mit ausländerrechtlichen Bezügen dar, der zu einer Veränderung der Zuständigkeit für die Antragstellung geführt hat, weil das Gesetz eine Fortwirkung der Zuständigkeit für den Fall der unerlaubten Wiedereinreise nicht vorsieht (vgl. Senat a.a.O.).

Bei einer Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit nach § 100 Abs. 1 Satz 2 Nds. SOG stellt sich der Sachverhalt ebenso dar. Denn danach ist die Behörde örtlich zuständig, in deren Bezirk die zu schützenden Interessen verletzt oder gefährdet werden. Das war hier ausschließlich Hamburg. Denn dort hielt sich der Betroffene auf. Eine Beeinträchtigung von zu schützenden Interessen im Bezirk der Beteiligten durch Verstoß gegen die im früheren Asylverfahren angeordnete räumliche Beschränkung kommt schon auf Grund deren Wegfalls durch die Rückkehr nach Indien nicht in Betracht.