VG Ansbach

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Zitieren als:
VG Ansbach, Urteil vom 27.11.2007 - AN 19 K 07.003589 - asyl.net: M12475
https://www.asyl.net/rsdb/M12475
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Staatenlose, Reiseausweis, Staatenlosenübereinkommen, Duldung, rechtmäßiger Aufenthalt, Ermessen, Mitwirkungspflichten, Passbeschaffung, Passersatzbeschaffung, Türkei, Wiedereinbürgerung, Zumutbarkeit, Wehrdienst
Normen: StlÜbk Art. 28 S. 1; StlÜbk Art. 28 S. 2; AufenthG § 60a
Auszüge:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Reiseausweises nach Art. 28 Satz 1 StlÜbk, da er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Der Kläger verfügt nicht über einen Aufenthaltstitel sondern erhält seit Jahren lediglich befristet erteilte Duldungen. Eine Duldung nach § 60 a AufenthG, die gerade eine Ausreisepflicht voraussetzt, kann aber einen rechtmäßigen Aufenthalt im Sinne des Art. 28 StlÜbk nicht begründen (vgl. Hailbronner, RdNr. 5 zu den Anmerkungen zum Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen).

Zutreffend hat der Beklagte auch die Ausstellung eines Reiseausweises gemäß Art. 28 Satz 2 Halbsatz 1 StlÜbk, die im Ermessen der Ausländerbehörde steht, abgelehnt. Die getroffene Ermessensentscheidung ist im Rahmen der durch § 114 VwGO eingeschränkten gerichtlichen Überprüfbarkeit nicht zu beanstanden.

Zutreffend hat der Beklagte den öffentlichen Belangen, die gegen eine langfristige und dauerhafte Aufenthaltsgewährung sprechen, den Vorrang vor den Interessen des Klägers an einem weiteren und durch die Ausstellung des begehrten Reiseausweises legalisierten Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland eingeräumt. Die Beklagte hat dabei zu Recht auch darauf abgestellt, dass der Kläger vorbestraft ist, ihm daran gelegen war, die Behörden wiederholt zu täuschen und er letztlich seiner Mitwirkungspflicht bei der Beschaffung von Identitätspapieren nicht nachkommt. Auch die Einbeziehung des Gesichtspunktes, dass es dem Kläger auf der Grundlage der Feststellungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zuzumuten ist, sich um die Wiedereinbürgerung in sein Heimatland zu bemühen, ist ein sachgerechter Gesichtspunkt im Rahmen der Ermessensentscheidung nach Art. 28 Satz 2 StlÜbk (vgl. BayVGH, Beschluss vom 15. Februar 2001, 24 ZB 00.515).

Der Kläger kann sich auch nicht auf die "Wohlwollensklausel" des Art. 28 Satz 2, 2. Halbsatz StlÜbk berufen. Danach haben die Ausländerbehörden wohlwollend die Möglichkeit zu prüfen, Reiseausweise denjenigen in ihrem Hoheitsgebiet befindlichen Staatenlosen auszustellen, die von dem Land, in dem sie ihren rechtmäßigen Aufenthalt haben, keinen Reiseausweis erhalten können. Es kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger von den türkischen Behörden keinen Reiseausweis erlangen kann. Es ist im vorliegenden Fall durchaus nicht aussichtslos, dass er von den türkischen Behörden entsprechende Ausweispapiere erlangt, wenn er entsprechend den Ausführungen des Bundesamtes im Bescheid vom 19. August 2005 beim örtlich zuständigen Generalkonsulat einen Einbürgerungsantrag stellt. Dass er in diesem Zusammenhang wohl eine verbindliche Erklärung über die Ableistung des Grundwehrdienstes abgeben muss, führt zu keiner anderen Betrachtungsweise, da ihm die Ableistung des Grundwehrdienstes in der Türkei zumutbar ist.