VGH Bayern

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Zitieren als:
VGH Bayern, Beschluss vom 05.12.2007 - 19 ZB 06.2329 - asyl.net: M12444
https://www.asyl.net/rsdb/M12444
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Verfahrensrecht, ladungsfähige Anschrift, Mitwirkungspflichten, Mitteilung, Abschiebung, Zumutbarkeit, Berufungszulassungsantrag, ernstliche Zweifel
Normen: VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1; VwGO § 117 Abs. 2 Nr. 1; VwGO § 86 Abs. 1; VwGO § 86 Abs. 3
Auszüge:

Die vom Kl. geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind nicht gegeben.

Die hierzu gemachten Ausführungen des Kl. geben keinen hinreichenden Anlass, derartige Zweifel annehmen zu müssen. Dies gilt zunächst schon bezüglich der Ausführungen dazu, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht aus dem Nichtvorliegen einer ladungsfähigen Anschrift des Kl. eine Unzulässigkeit der Klagen hergeleitet habe. Entgegen der Auffassung des Kl. durften die Klagen nämlich, da im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine ladungsfähige Anschrift nicht vorlag, als unzulässig abgewiesen werden. Das Urteil hat, wie § 117 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestimmt, die Bezeichnung der Beteiligten, ihre gesetzlichen Vertreter und deren Bevollmächtigte nach Namen, Beruf, Wohnort und ihre Stellung im Verfahren zu enthalten. In Literatur und Rechtsprechung besteht auch weitgehend Einigkeit darüber, dass eine das Verfahren als natürliche Person betreibende Partei nach allen Prozessordnungen ohne Rücksicht auf die jeweilige Formulierung des Gesetzes ihre "ladungsfähige Anschrift" anzugeben hat, somit die Angabe des tatsächlichen Wohnorts erforderlich ist (BVerwG vom 13.4.1999 - 1 C 24/97, NJW 1999, 2608=Juris, TZ 29 und 30). Dass dies auch dann gilt, wenn zwar in der Klageschrift zunächst eine ladungsfähige Anschrift genannt wurde, die Wohnungsanschrift des Kl. jedoch im Laufe des Verfahrens unbekannt geworden ist, ergibt sich aus der o.g. Vorschrift des § 117 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und im Hinblick auf die im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung notwendigerweise im Urteil enthaltenen Angaben zur Wohnanschrift des jeweiligen Verfahrensbeteiligten (vgl. OVG Hamburg vom 14.2.2006 - 3 Bf 245/02, AuAS 2006, 219 = Juris, TZ 32). Die Rüge des Kl., die Klage sei deshalb zu Unrecht als unzulässig abgewiesen worden, weil der Kl. im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bereits abgeschoben war (Tag der Abschiebung: 29.5.2006), zwischenzeitlich kein Kontakt mit dem Unterfertigten hergestellt werden konnte und damit der Zugang zu den Gerichten in einer dem Art. 19 Abs. 4 GG nicht entsprechenden und damit unzumutbaren Weise erschwert wurde, greift deshalb nicht durch. Nach der o.g. Rechtsprechung des BVerwG (vom 13.4.1999, a.a.O.) entfällt die Pflicht zur Angabe der Anschrift nur dann, wenn deren Erfüllung ausnahmsweise unmöglich oder unzumutbar ist. Solches wird dann angenommen, wenn der Angabe der Anschrift unüberwindliche oder nur schwer zu beseitigende Schwierigkeiten oder schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse entgegenstünden (BVerwG vom 13.4.1999, a.a.O., Juris, TZ 40). Müssen in diesen Ausnahmefällen dem Gericht insoweit die maßgebenden Gründe unterbreitet werden, so lagen dem Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung keine derartigen Gesichtspunkte vor, die einen entsprechenden Ausnahmefall begründen könnten. Zutreffend weist die Bekl. darauf hin, dass Ehefrau und Kinder des Kl. nach wie vor in Nürnberg wohnten und davon auszugehen sei, dass diese auch Kontakt zum Kl. gehabt hätten. Hat sich aber die Anschrift des Kl. während des Verfahrens geändert, so wäre er schon aufgrund seiner Mitwirkungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 VwGO) verpflichtet gewesen, dem Gericht eine entsprechende Mitteilung über seinen neuen Aufenthaltsort zu machen. Dies gilt selbst dann, wenn der Kl., wie hier, anwaltlich vertreten ist (BVerwG vom 13.4.1999, a.a.O., Juris, TZ 39). Dass darin letztlich keine unzumutbare Erschwerung des Rechtsweges liegt, wie der Kl. meint, hat das Bundesverfassungsgericht in dem die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. April 1999 bestätigenden Beschluss vom 11. November 1999 (1 BvR 1203/99) festgestellt.