SG Speyer

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Zitieren als:
SG Speyer, Beschluss vom 09.01.2008 - S 16 ER 619/07 AY - asyl.net: M12334
https://www.asyl.net/rsdb/M12334
Leitsatz:

Bei der 48-Monats-Frist des § 2 Abs. 1 AsylbLG zählen auch Zeiten des Bezugs von "höherwertigen" Leistungen mit.

 

Schlagwörter: D (A), Asylbewerberleistungsgesetz, Aufenthaltsdauer, Sozialhilfebezug, 48-Monats-Frist, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), einstweilige Anordnung, Eilbedürftigkeit
Normen: AsylbLG § 2 Abs. 1; SGG § 86b Abs. 2
Auszüge:

Bei der 48-Monats-Frist des § 2 Abs. 1 AsylbLG zählen auch Zeiten des Bezugs von "höherwertigen" Leistungen mit.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

Nach Maßgabe dessen hat die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Offen bleiben kann, ob die nunmehr eingetretene Gesetzesänderung zum 28.08.2007 in Bezug auf die Vorbezugsdauer mangels der hierfür erforderlichen ausdrücklichen Regelung Rückwirkung entfaltet (vgl. SG Duisburg, Beschluss vom 08.11.2007, Az.: S 2 AY 26/07 ER).

Selbst wenn die Gesetzesänderung Rückwirkung entfalten würde, hätte dies im Hinblick auf die Antragstellerin keine Auswirkungen. Insoweit schließt sich die Kammer der Auffassung des LSG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 26.04.2007, Az.: L 20 B 4/07 AY ER) und des SG Duisburg (Beschluss vom 08.11.2007, Az.: S 2 AY 36/07 ER) an, wonach zur Auffüllung der Frist des § 2 AsylbLG auch der Bezug von Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG), inzwischen abgelöst durch das SGB XII, oder der Bezug höherer anderer Leistungen ausreichend ist. Nichts anderes gilt in den Fällen, in denen Leistungen nach § 2 AsylbLG bezogen wurden. Diese Leistungen erfüllen ebenfalls die Anforderungen des nach § 2 Abs. 1 AsylbLG zu berücksichtigenden Zeitraums. Insofern ist auch auf den Sinn und Zweck der leistungsrechtlichen Privilegierung des § 2 Abs. 1 AsylbLG entscheidend abzustellen, wonach bei Leistungsberechtigten, bei denen aufgrund ihres längeren Aufenthalts eine stärkere Angleichung an die Lebensverhältnisse in Deutschland erforderlich ist, Leistungen in entsprechender Höhe wie nach dem SGB XII erbracht werden sollen (vgl. SG Würzburg, Beschluss vom 30.10.2007, Az.: S 15 AY 18/07 ER). Das SG Würzburg weist mit überzeugender Begründung darauf hin, dass die Zeiträume mit einzuberechnen sind, in denen bereits rechtmäßig Leistungen nach dem SGB II, dem SGB XII oder dem BSHG zur Deckung des Lebensunterhaltes bezogen worden sind. Insbesondere wird darauf hingewiesen, dass es beachtenswert sei, dass im Hinblick auf die Formulierung des § 2 Abs. 1 AsylbLG, wonach die Vorschriften des SGB XII "entsprechend anzuwenden" sind, bedeute, dass es nach wie vor dabei verbleibt, dass es sich um Leistungen nach dem AsylbLG handele. Insofern erscheine es vertretbar, dass auch derjenige, der Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG i.V.m. dem SGB XII erhalte, im weitesten Sinne auch noch Grundleistungen gemäß § 3 AsylbLG beziehe. Danach ist nach Auffassung der Kammer im Falle der Antragstellerin die Vorbezugsdauer von 48 Monaten erfüllt.

Der Anordnungsgrund im Sinne der Eilbedürftigkeit ergibt sich daraus, dass die begehrten Leistungen nach § 2 AsylbLG i.V.m. dem SGB XII lediglich geeignet sind, das sogenannte soziokulturelle Existenzminimum der Antragstellerin sicherzustellen. An diesem haben sich nach dem SGB XII bemessene Leistungen zu orientieren. Ein dringendes Regelungsbedürfnis ist nicht schon deswegen abzulehnen, weil die Antragstellerin zumindest die Grundleistungen nach § 3 AsylbLG weiter bezieht. § 3 AsylbLG gewährt keine laufende Hilfe zum Lebensunterhalt, sondern nur die erheblich niedrigeren Grundleistungen, die unterhalb des soziokulturellen Existenzminimums liegen.