SG Braunschweig

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Zitieren als:
SG Braunschweig, Urteil vom 20.11.2007 - S 32 SO 188/05 - asyl.net: M12282
https://www.asyl.net/rsdb/M12282
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Grundsicherung für Erwerbsunfähige, Einreisemotiv, Einreise, um Sozialhilfe zu erlangen, Beweislast
Normen: SGB XII § 23 Abs. 3
Auszüge:

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig.

Sie ist auch im tenorierten Umfang begründet.

Streitig ist lediglich, ob Sozialhilfe (wozu gemäß § 8 Nr. 1 SGB XII auch die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung der §§ 41 ff. gehört) dem Grunde nach gemäß § 23 Abs. 3 SGB XII ausgeschlossen ist. Dort heißt es: "Ausländer, die eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen ... haben keinen Anspruch auf Sozialhilfe". Dabei ist auf die Person des Einreisenden abzustellen. Etwas Anderes gilt nur bei Minderjährigen. Nur dort ist nach der bisher maßgeblichen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung auf die Beweggründe des Personensorgeberechtigten abzustellen. Bei erwachsenen Personen wie der Klägerin kann nicht auf das Motiv anderer, wie hier z.B. der Kinder abgestellt werden. nach der überzeugenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss dieses Motiv für die Einreise von prägender Bedeutung gewesen sein. Ein Ausschluss des Anspruchs liegt nur dann vor, wenn der Umstand, Sozialhilfe zu beziehen, für den Ausländer neben anderen Einreisegründen so wichtig gewesen ist, dass er ansonsten nicht eingereist wäre. Die materielle Beweislast hierfür hat der Träger der Sozialhilfe (so auch Birk in LPK/SGB XII § 23 Rd-Nr. 23 mit weiteren Nachweisen). Das ist nach Überzeugung des Gerichts bei der Klägerin nicht der Fall. Das Gericht hält es für ohne Weiteres nachvollziehbar, wenn ein älterer Mensch, dessen Kinder alle aus dem Heimatort weggezogen sind, zumindest dann, wenn auch der Ehegatten verstorben ist und die letzten näheren Freunde weggezogen sind, das Bedürfnis verspürt, zu seinen Kinder zu ziehen. Dieses Motiv dürfte für die Klägerin von so überragender Bedeutung gewesen sein, dass sie die Frage, ob sie hier Sozialhilfe erhält, gar nicht angestellt hat und diesen Schritt deshalb unabhängig von einem eventuellen Sozialhilfebezug gegangen wäre, zumindest lässt sich das Gegenteil nicht nachweisen. Darauf, ob möglicherweise die Kinder der Klägerin ihr die Zusage, bei ihnen leben zu können, nur deshalb erteilt haben, weil sie mit einem Sozialhilfebezug gerechnet haben, kommt es nicht an und ist deshalb nicht weiter zu ermitteln.