OLG Köln

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Zitieren als:
OLG Köln, Beschluss vom 08.11.2007 - 16 Wx 255/07 - asyl.net: M12056
https://www.asyl.net/rsdb/M12056
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Abschiebungshaft, Sicherungshaft, Beschleunigungsgebot, Passersatzbeschaffung, Togo, Togoer, Bundespolizei, Amtshilfe, Mitwirkungspflichten
Normen: AufenthG § 62 Abs. 2
Auszüge:

Die gemäß §§ 3 Satz 2, 7 Abs. 1 FEVG, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).

Das Landgericht hat die Voraussetzungen für die angeordnete Sicherungshaft nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 5 AufenthG bejaht und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht als verletzt angesehen. Weitere Nachfragen zur Dauer der Beschaffung der Ersatzpapiere und der Durchführung der Abschiebung sind nicht erfolgt.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Die Abschiebungshaft kann nicht aufrechterhalten werden, weil die Behörden die Abschiebung nicht mit der größtmöglichen Beschleunigung betrieben haben und damit gegen das Beschleunigungsgebot verstoßen wurde.

Dieses beruht bei Freiheitsentziehungsmaßnahmen auf Art. 2 Abs.2 GG und verlangt, dass Freiheitsentziehungen vorrangig und beschleunigt zu bearbeiten sind (BVerfGE 46, 194; 61, 28). Für die Abschiebungshaft bedeutet dies, dass die Freiheitsentziehung auf den unbedingt erforderlichen Zeitraum zu beschränken ist, der für die Vorbereitung und Durchführung der Abschiebung benötigt wird (BayObLGZ 2000, 203; OLG Düsseldorf vom 16.07.2007 - I-3 Wx 156/07; v. 16. 10.2006 - I-3 Wx 217/06 -).

Diesen Anforderungen genügt das Vorgehen der Behörden hier nicht.

Es dauerte vom Tag der Inhaftierung gerechnet vier Wochen, bis der Antrag auf Verlängerung der Ersatzpapiere bei der Botschaft von Togo einging. Dies bedeutet eine in diesem Fall nicht mehr hinnehmbare Verzögerung. Zum einen war die Antragstellung erleichtert, weil bereits ein gerade abgelaufenes Ersatzpapier existierte, das nur verlängert werden musste. Insbesondere war eine Vorführung der Betroffenen bei der Botschaft von Togo nicht erforderlich. Zum anderen war seitens der Behörden ein besonders schnelles Handeln nötig, da nach den eigenen Erfahrungen der Bundespolizei die Ausstellung von Heimreisedokumenten für Togo regelmäßig mehrere Monate dauert. Der Antragsteller und die in Amtshilfe für sie tätigen weiteren Behörden waren demnach gehalten, sich beschleunigt um den erforderlichen Antrag zu kümmern und diesen umgehend der Botschaft zuzuleiten. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Warum die beteiligten Behörden die Betroffene hier nicht umgehend binnen acht bis spätestens zehn Tagen kontaktiert haben, ist nicht bekannt. Dazu hat der Antragsteller auch auf Nachfrage keine Stellungnahme abgegeben.

Auch das weitere Vorgehen genügt nicht mehr den Anforderungen des Beschleunigungsgebots. Der Antrag auf Ersatzpapiere, der offensichtlich trotz der Verweigerung der Betroffenen aufgenommen werden konnte, gelangte erst am 18.09.2007 – 13 Tage nach dem Aufsuchen der Betroffenen – zur Botschaft von Togo. Auch dieser Vorgang hätte mit deutlich kürzerem Zeitablauf erledigt werden können.

Es ist hier für die Beurteilung des Beschleunigungsgebots unerheblich, ob die Verzögerung auch auf strukturellen Gegebenheiten beruht, wie beispielsweise der Beteiligung verschiedener, örtlich getrennter Behörden. Unzuträglichkeiten in der behördlichen Zusammenarbeit können nicht zu lasten des inhaftierten Betroffenen gehen (ebenso OLG Düsseldorf v. 16.07.2007, a.a.O.).

Auch spielt es keine Rolle, dass die Betroffene ihre Mitwirkung an der Beschaffung von Ersatzpapieren verweigert hat. Aus den Stellungnahmen der beteiligten Behörden ist nämlich nicht ersichtlich, dass dieser Umstand für die eingetretenen Verzögerungen kausal geworden ist.