VGH Baden-Württemberg

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Zitieren als:
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.11.2007 - A 10 S 70/06 - asyl.net: M12008
https://www.asyl.net/rsdb/M12008
Leitsatz:

Keine asylerhebliche Gefahr der Gruppenverfolgung für Anhänger der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft in Pakistan; offengelassen, ob Verfolgung i.S.d. Qualifikationsrichtlinie vorliegt.

 

Schlagwörter: Pakistan, Ahmadiyya, Gruppenverfolgung, Verfolgungsdichte, Anerkennungsrichtlinie, Glaubwürdigkeit, Religion, religiös motivierte Verfolgung, religiöses Existenzminimum, Religionsfreiheit, Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte, Europäische Menschenrechtskonvention, Verfolgungshandlung
Normen: GG Art. 16a Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 1; RL 2004/83/EG Art. 10 Abs. 1 Bst. b; IPbpR Art. 18; EMRK Art. 9; RL 2004/83/EG Art. 9
Auszüge:

Keine asylerhebliche Gefahr der Gruppenverfolgung für Anhänger der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft in Pakistan; offengelassen, ob Verfolgung i.S.d. Qualifikationsrichtlinie vorliegt.

(Leitsatz der Redaktion)

 

I. Das Verwaltungsgericht ist im angegriffenen Urteil zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger unter dem Aspekt einer Anerkennung als Asylberechtigter Pakistan unverfolgt verlassen hatte und ihm auch im Falle seiner Rückkehr dorthin keine asylerhebliche Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht.

1. In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs sowie der anderen Oberverwaltungsgerichte hat es seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass den Angehörigen der Glaubensgemeinschaft der Ahmadiyya bei der Ausreise des Klägers ebenso wenig wie zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung eine asylerhebliche Gruppenverfolgung gedroht hat. Die vom Senat verwerteten aktuellen Erkenntnismittel zeichnen, v.a. was den hier in erster Linie in den Blick zu nehmenden Aspekt der Verfolgungsdichte betrifft, kein grundlegend anderes Bild als dies bislang der Fall war (vgl. hierzu AA Lagebericht vom 30.05.2007; Home Office, Country of Origin Information Report Pakistan vom 20.04.2007 und vom 27.10.2006; U.S. Department of State, Pakistan vom 14.09.2007 und vom 06.03.2007; Human Rights Commission of Pakistan vom 01.02.2006; Freedom House, Pakistan, 2006; ai Lagebericht Pakistan 2007). Nachdem nach wie vor die Glaubensgemeinschaft der Ahmadiyya in Pakistan selbst davon ausgeht, dass sie insgesamt etwa vier Millionen Angehörige zählt, darunter etwa 500.000 bis 600.000 bekennende Mitglieder (vgl. AA Lagebericht vom 30.05.2007, S. 16), sieht der Senat gegenwärtig keine ausreichende Grundlage dafür, dass die aktuelle Zahl in einem so signifikanten Maße darunter liegen könnte, dass eine vollständige Neubewertung des Bedrohungsszenarios erfolgen müsste (vgl. auch Home Office vom 30.04.2007, Ziffer 18.31, wonach nach eigenen Angaben allein in Chenab Nagar, Punjab, mindestens zwei Millionen Ahmadis lebten).

Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass die durch die Richtlinie 2004/83/EG vom 29.04.2004 (sog. Qualifikationsrichtlinie - QRL) erfolgte teilweise Neubestimmung des Schutzbereichs bzw. des Verfolgungsgrundes der Religion (vgl. hierzu im Folgenden unter II) die Auslegung des Grundrechts nach Art. 16a GG, wie sie insbesondere in der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ihren Ausdruck gefunden hat, nicht unmittelbar berührt (so aber offenbar HessVGH, U.v. 12.07.2007 - 8 UE 3339/04.A - juris). Die Qualifikationsrichtlinie hat nicht ein nationales Asylgrundrecht im Auge und ist vom Regelungsgegenstand nicht hierauf bezogen, sondern betrifft allein den nationalen Flüchtlingsschutz der Mitgliedstaaten, wie er in Anwendung der völkervertraglichen Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention gewährt wird (vgl. die 3. und 7. Begründungserwägung sowie Art. 1 i.V.m. Art. 2 lit. b und c QRL). Eine andere Frage ist die, ob nach einer - längeren - Phase der Konsolidierung und einer konsensualen Anwendung durch die Mitgliedstaaten, insbesondere auch aufgrund einer entsprechenden Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs, das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung einen möglicherweise eingetretenen Bedeutungswandel des Asylgrundrechts anerkennen und diesem Rechnung tragen wird.

2. Der Kläger ist auch nicht wegen individueller asylerheblicher Verfolgungsgründe ausgereist. Ebenso wenig droht ihm wegen solcher im Falle der Rückkehr politische Verfolgung. Denn das Vorbringen des Klägers hierzu ist in jeder Hinsicht unglaubhaft.

II. Der Kläger kann auch nicht von der Beklagten die Feststellung seiner Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG beanspruchen.

Der Kläger war weder zum Zeitpunkt seiner Ausreise noch ist er heute Flüchtling im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG i.V.m. Art. 2 lit. c der maßgeblich zu dessen Auslegung heranzuziehenden Richtlinie 2004/83/EG vom 29.04.2004 (sog. Qualifikationsrichtlinie - QRL) sowie Art. 1 A Abs. 2 GFK.

Art. 10 QRL definiert in Anknüpfung an Art. 2 lit. c QRL die flüchtlingsschutzrelevanten Verfolgungsgründe. Im vorliegenden Zusammenhang ist Art. 10 Abs. 1 lit. b QRL maßgeblich. Hiernach umfasst der Begriff der Religion insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme beziehungsweise Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder der Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. Dabei sind unter religiösen Riten die in einer Religionsgemeinschaft üblichen oder geregelten Praktiken oder Rituale zu verstehen, die der religiösen Lebensführung dienen, insbesondere Gottesdienste, kulturelle Handlungen und religiöse Feste.

Art. 10 Abs. 1 lit. b QRL gewährleistet für den Einzelnen einen sehr weitgehenden Schutz, wenn er sowohl die Entscheidung, aus innerer Überzeugung religiös zu leben, wie auch die Entscheidung, aufgrund religiösen Desinteresses jegliche religiöse Betätigung zu unterlassen, schützt und dem Einzelnen zubilligt, dass er sich zu seiner religiösen Grundentscheidung auch nach außen bekennen darf, insbesondere auch die Teilnahme an religiösen Riten im öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen erfasst wird. Die Vorschrift geht damit ihrem eindeutigen Wortlaut nach über den Schutz hinaus, der nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Art. 16a Abs. GG unter dem Aspekt der religiösen Verfolgungsgründe eingeräumt wurde (vgl. grundlegend BVerfG, B.v. 01.07.1987 - 2 BvR 478/86 - BVerfGE 76, 143 <158>; BVerwG, U.v. 25.01.1995 - 9 C 279.94 - NVwZ 1996, 82).

Damit zeichnet der supranationale Normgeber auch für den Bereich des vergemeinschafteten Flüchtlingsschutzes die universelle menschenrechtliche Anerkennung gerade auch der öffentlichen Glaubensausübung bzw. -betätigung nach und bekennt sich zu dieser (vgl. auch die 10. Begründungserwägung, in der sich die Gemeinschaft zur Achtung der Grundrechte bekennt). So gewährleistet Art. 18 des Internationalen Paktes vom 19.12.1966 über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) die private und die öffentliche Glaubenspraxis, das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, die Freiheit, eine Religion oder eine Weltanschauung eigener Wahl zu haben oder anzunehmen, und die Freiheit, seine Religion oder eine Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Gottesdienst, Beachtung religiöser Bräuche, Ausübung und Unterricht zu bekunden. Des Weiteren wird die Ausübung der Religionsfreiheit auch in der Öffentlichkeit durch Art. 9 EMRK gewährleistet, wenn hiernach die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu wechseln, und die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder gemeinsam mit anderen öffentlich oder privat durch Gottesdienst, Unterricht oder Praktizieren von Bräuchen und Riten zu bekennen, geschützt wird. Schließlich ist auch auf Art. 1 der Erklärung Nr. 36/55 der Generalversammlung der Vereinten Nationen über die Beseitigung aller Formen von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion und der Überzeugung vom 25.11.1981 hinzuweisen, in der gleichfalls zum Ausdruck kommt, dass das Recht auch auf öffentliche Religionsausübung und religiöse Praxis als fundamentales Menschenrecht allgemein anerkannt ist (vgl. zu den verschiedenen Formen öffentlicher religiöser Praktiken Marx, Handbuch für die Flüchtlingsanerkennung, § 17 Rdn. 12).

Ist hiernach der Schutzbereich der Religion weit zu verstehen, so bietet die Vorschrift keinen Anhalt für ein von vornherein einengendes Verständnis, wonach nicht jede Form der öffentlichen Glaubensbetätigung geschützt sei, sondern nur die aus dem jeweiligen religiösen Verständnis glaubensprägenden beziehungsweise unverzichtbar gebotenen und existentiellen Betätigungen gemeint sein könnten. Dies folgt insbesondere nicht aus dem den Art. 10 Abs. 1 lit. b QRL abschließenden Satzteil "…die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind." Das Gegenteil folgt schon aus der Weite des Begriffs "sich auf eine religiöse Überzeugung stützen", der - insoweit nahe liegend - verlangt, dass die jeweils zu beurteilende Betätigung auf einer religiösen Überzeugung beruhen muss bzw. auf diese zurückgeführt werden kann, ohne aber zwingenden Charakter derart haben zu müssen, dass der oder die Betreffende im Falle des Unterlassens Gewissensnot erleiden oder sündig werden würde. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass Art. 10 Abs. 1 lit. b QRL ausdrücklich etwa auch die Nichtteilnahme an religiösen Riten schützt, somit die Entscheidung, sich religiöser Betätigungen gerade zu enthalten, indem Handlungen, die die Religion als Verhaltensweise zu bestimmten Anlässen vorgibt, gerade unterlassen werden (in diesem Sinne auch SaarlOVG, U.v. 26.06.2007 - 1 A 222/07 - juris).

Allerdings sind die vorgenannten menschenrechtlichen Gewährleistungen nicht schrankenlos eingeräumt. Sowohl Art. 18 IPbpR als auch Art. 9 EMRK differenzieren zwischen der grundsätzlich nicht beschränkbaren Freiheit, eine Religion eigener Wahl zu haben oder anzunehmen einerseits, sowie der Beschränkbarkeit der freien Religionsausübung (d.h. des Bekenntnisses) andererseits. Nach Art. 9 Abs. 2 EMRK (wie auch vergleichbar nach Art. 18 Abs. 3 IPbpR) darf die religiöse Betätigung Einzelner oder der Gemeinschaft allerdings nur zum Schutz der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung, der Gesundheit, der Sittlichkeit (Moral) und der Rechte und Freiheiten anderer verboten oder reglementiert werden, sofern dieses gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist. Dabei muss das verbietende bzw. einschränkende Gesetz allgemeiner Natur sein, d.h. es muss für alle Staatsbürger - gleich welcher religiösen Ausrichtung sie angehören - gleichermaßen Geltung beanspruchen, darf daher nicht auf bestimmte religiöse Gruppen zielen und ausschließlich für diese Einschränkungen vorsehen und muss v.a. einen angemessenen und verhältnismäßigen Ausgleich herbeiführen. Den jeweiligen Staaten wird dabei aber regelmäßig ein nicht unerheblicher Beurteilungsspielraum zugebilligt (vgl. zu alledem Meyer-Ladewig, EMRK, 2. Aufl., Art. 9 Rdn. 8 m.w.N. vgl. zu den jeweiligen Schrankenvorbehalten auch Marx, Handbuch des Flüchtlingsrechts § 17 Rdn. 24 f.).

Ausgehend hiervon liegt es nahe, diese universal anerkannten Grenzen der Religionsausübungsfreiheit auch zur Konkretisierung des Art. 10 lit. b QRL und seiner Grenzen sinngemäß heranzuziehen.

Die Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes setzt darüber hinaus voraus, dass eine flüchtlingsschutzrelevante Verfolgungshandlung des maßgeblichen Verfolgers (vgl. hierzu Art. 6 f. QRL) festgestellt werden kann, die allein oder in der Gesamtheit mit anderen Verfolgungshandlungen eine schwerwiegende Verletzung eines grundlegenden Menschenrechts ausmacht (vgl. Art. 9 Abs. 1 lit. a oder b QRL), wobei in Art. 9 Abs. 2 QRL beispielhaft verschiedene in Betracht zu ziehende Verfolgungshandlungen benannt werden. Erst an dieser Stelle erweist sich im jeweils konkreten Einzelfall, sofern auch die nach Art. 9 Abs. 3 QRL erforderliche Verknüpfung zwischen Verfolgungshandlung und Verfolgungsgrund festgestellt werden kann, ob der oder die Betreffende die Flüchtlingseigenschaft besitzt.

Auch wenn hiernach formal betrachtet gewissermaßen eine "bloße" oder "einfache" Beeinträchtigung eines Menschenrechts nicht schutzbegründend sein kann, so darf andererseits, wie dargelegt, nicht aus dem Auge verloren werden, dass Art. 10 Abs. 1 lit. a QRL Ausdruck einer Anerkennung bzw. eines Bekenntnisses zu dem grundlegenden Menschenrecht einer gerade auch öffentlichen Glaubensbetätigung ist. Deshalb wäre es nach Auffassung des Senats verfehlt, kurzschlüssig von einer flüchtlingsschutzrelevanten Verfolgungshandlung nur dann auszugehen, wenn die bisher im asylrechtlichen Kontext relevanten Kriterien eines asylerheblichen Eingriffs in das religiöse Existenzminimum erfüllt sind (vgl. etwa VG Sigmaringen, B.v. 24.10.2007 - A 6 K 1566/07). Bei dieser Sichtweise würde sich die Anerkennung dieses Menschenrechts in der Rechtswirklichkeit nicht durchsetzen und bliebe wirkungs- und folgenlos.

Daraus folgt, dass jedenfalls Beschneidungen bzw. Verbote öffentlicher Glaubensbetätigungen bzw. Praktiken, die nach dem Verständnis der jeweiligen Religion bzw. Weltanschauung, aber auch nach dem des einzelnen Flüchtlings von grundlegender Bedeutung sind, zur Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft führen können, sofern sie nicht in völkerrechtskonformer Ausübung der jeweiligen Schrankenregelungen erfolgen. Insbesondere kann hiernach den Betroffenen nicht angesonnen werden, diese zu unterlassen, um keine entsprechend vorgesehenen Sanktionen herauszufordern. Die Beschränkung auf lediglich grundlegende Betätigungen bzw. Äußerungen hat ihren Grund darin, dass, wie ausgeführt, nicht jede Beeinträchtigung des Menschenrechts die Qualität einer flüchtlingsschutzrelevanten Verfolgungshandlung erlangt, sondern nur eine solche schwerwiegender Art.

Ausgehend hiervon kann der Senat offen lassen, ob etwa die in Pakistan ausschließlich zu Lasten der Ahmadis geltenden strafbewehrten Verbote, sich in der Öffentlichkeit als Muslime zu bezeichnen und anderweitige in diesem Zusammenhang bestehende und hieran anknüpfende Diskriminierungen (vgl. hierzu etwa AA Lagebericht vom 30.05.2007, S. 14 ff. mit dem Hinweis auf über 1000 anhängige sog. Blasphemieverfahren; U.S. Department of State, Pakistan vom 14.09.2007, S. 2), das seit 1983 für Ahmadis geltende Verbot öffentliche Veranstaltungen, Konferenzen, Tagungen etc. durchzuführen sowie als Ahmadi an der Hajj nach Mekka teilzunehmen (vgl. U.S. Department of State, Pakistan vom 14.09.2007, S. 4 f.), das Verbot, in der Öffentlichkeit für den eigenen (islamisch begründeten) Glauben (friedlich) zu werben und diesen als solchen zu verkünden (vgl. U.S. Department of State, Pakistan vom 14.09.2007, S. 4) und die damit im Zusammenhang stehenden Verbote zahlreicher Publikationsorgane der Ahmadis (vgl. Home Office, Country of Origin Information Report Pakistan vom 20.04.2007, Ziffer 18.42) jedenfalls in ihrer Gesamtheit als flüchtlingsschutzbegründende Verfolgungshandlungen zu begreifen sind. Relevante Verfolgungshandlungen könnten sich in diesem Zusammenhang im Übrigen teilweise schon daraus ergeben, dass hier an die Religion anknüpfende, in die physische Freiheit eingreifende Strafsanktionen vorgesehen sind (vgl. BVerwG, U.v. 13.5.1993 - 9 C 49.92 - NVwZ 1993, 278), wobei allerdings für den Fall der Rückkehr einem nicht Verfolgten zur Vermeidung einer Strafsanktion zugemutet werden kann, nicht grundlegend bedeutsame öffentliche Betätigungen zu unterlassen (vgl. auch BVerfG, B.v. 01.07.1987 - 2 BvR 478/86 - BVerfGE 76, 143 <163 f.>.

Denn - nicht anders als im Falle des Asylgrundrechts (vgl. BVerfG, B.v. 01.07.1987 - E 76, 143 <160>) - gilt auch im vorliegenden Kontext, dass eine pauschale Betrachtung aller Angehörigen einer Religionsgemeinschaft nicht sachgerecht sein kann und daher ausscheiden muss. Es leuchtet unmittelbar ein, dass nach Maßgabe der jeweiligen religiösen Bindungen des einzelnen Asylsuchenden die Betroffenheit in dem Menschenrecht und daher dessen Beeinträchtigung überhaupt, jedenfalls aber deren Schwere völlig unterschiedliches Gewicht haben können.

Wie bereits unter II 2 ausgeführt, ist der Senat aber zu der Überzeugung gelangt, dass beim Kläger über seine bloße Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft hinaus engere und tiefer gehende Bindungen nicht vorhanden sind, weshalb er, wenn überhaupt, von den vorgenannten Verboten etc. nicht in einer schwer wiegenden Art und Weise betroffen ist.