VG Stuttgart

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Zitieren als:
VG Stuttgart, Urteil vom 18.09.2007 - A 5 K 949/06 - asyl.net: M11790
https://www.asyl.net/rsdb/M11790
Leitsatz:

Kein Widerruf der Flüchtlingsanerkennung eines syrisch-orthodoxen Christen aus der Türkei (im Anschluss an OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5.6.2007 - 10 A 11576/06.OVG - ASYLMAGAZIN 9/2007, S. 17).

 

Schlagwörter: Türkei, Widerruf, Flüchtlingsanerkennung, Christen (syrisch-orthodoxe), Verfolgung durch Dritte, nichtstaatliche Verfolgung, Gruppenverfolgung, Situation bei Rückkehr
Normen: AsylVfG § 73 Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Kein Widerruf der Flüchtlingsanerkennung eines syrisch-orthodoxen Christen aus der Türkei (im Anschluss an OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5.6.2007 - 10 A 11576/06.OVG - ASYLMAGAZIN 9/2007, S. 17).

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die zulässige Klage ist begründet. Der Widerruf zur Feststellung, dass in Bezug auf die Türkei die Voraussetzung des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen und die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegen, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Der Kläger hat - worauf er in der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat - bereits früher individuelle politische Verfolgung durch nicht staatliche Akteure erlitten. Es ist ihm deshalb eine Rückkehr nicht zuzumuten, weil er bei einer Rückkehr schweren Repressalien ausgesetzt wäre. So hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 05.06.2007 (Az.: 10 A 11576/06. OVG) darauf hingewiesen, dass nicht nur Jeziden im Thur Abdin sondern auch syrisch-orthodoxe Christen bei einer von ihnen erwogenen freiwilligen Rückkehr in den Thur Abdin schweren Repressalien ausgesetzt sind. So berichtete der Menschenrechtsinformationsdienst von einem Bombenanschlag vom 06. Juli 2005 auf eine dreiköpfige Delegation syrisch-orthodoxer Christen, die sich im Thur Abdin aufhielt, um dort das Projekt "freiwillige Rückkehr der syrischen Volksgruppe" umzusetzen. Nur durch ein Zufall blieb die Delegation unverletzt (vgl. IMK - Menschenrechtsinformationsdienst Nr. 242 bis 243 vom 28. Mai 2005, S. 2). Der Menschenrechtsinformationsdienst kommentierte den Vorfall dahingehend, dass die von kurdischen Stämmen rekrutierten staatstreuen Dorfschützer nach der Vertreibung der Jeziden und syrisch-orthodoxen Christen deren Dörfer und Siedlungen mit Einverständnis der Gouverneure, Landräte und Militärkommandanten des türkischen Staates besetzt hätten. Diese hätten im Einklang mit den staatstreuen kurdischen Stammesführern und Großgrundbesitzern kein Interesse an einer Rückkehr der Christen und damit an einer Wiederinbesitznahme der landwirtschaftlichen Flächen durch die Rückkehrer.