VG Berlin

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Zitieren als:
VG Berlin, Urteil vom 12.07.2007 - 29 A 15.07 - asyl.net: M11741
https://www.asyl.net/rsdb/M11741
Leitsatz:
Schlagwörter: Aufnahmezusage, Juden, Verlängerung, Rücknahme, Fristverlängerung, Erlasslage, Aufnahme
Normen: AufenthG § 23; VwVfG § 48 Abs. 3
Auszüge:

Die Klage ist jedenfalls unbegründet. Der Bescheid der Botschaft von Baku vom 26. Juli 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für diesen Bescheid ist § 7 i.V.m. § 23 AufenthG i.V.m. ermessensbindenden Teilrunderlass des Auswärtigen Amtes vom 25. März 1997 (Gz: 514 bis 516.20/7). Nach IV Nr. 3 und 4 dieser Weisung erteilen die Länder nach Maßgabe der verfügbaren Plätze Aufnahmezusagen die den Antragstellern unverzüglich zuzustellen sind. Nach Nr. 4 der Vorschrift entscheiden über Anträge auf Fristverlängerung die Auslandsvertretungen. Fristverlängerungen sind nur bei Vorliegen triftiger Gründe (nachgewiesene längere Krankheiten des Antragstellers oder eines nahen Verwandten) zu gewähren. Nach IV Nr. 7 der Vorschrift sind alle Schritte bis zur Erteilung oder Verweigerung des Visums grundsätzlich als internes Verwaltungsverfahren anzusehen. Erst die eigentliche Entscheidung über den Visumsantrag ist ein Verwaltungsakt mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen.

Einzig in Betracht kommende Rechtsgrundlage für die Rücknahme der Aufnahmezusage ist § 48 Abs. 1, 3, 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG. Dies erfordert zunächst die Vorlage eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes.

Es ist fraglich, ob die Aufnahmezusage ein Verwaltungsakt darstellt, denn es handelt sich nur um eine die eigentliche Aufnahmeentscheidung vorbereitende Entscheidung. Insbesondere enthält sie keine rechtlich bindende Vorentscheidung über die materiellen Aufnahmevoraussetzungen, also insbesondere den Nachweis der jüdischen Abstammung. Nach dem Zweck der Weisung sollte es der Behörde möglich sein, sich von der Aufnahmezusage ohne deren Rücknahme oder Widerruf zu lösen, wenn aufgrund erneuter Überprüfung die Botschaft zu dem Schluss kommt, dass eine materielle Aufnahmeberechtigung nicht vorliegt. Allerdings heißt es unter Nr. 7 der Weisung, dass das Visum nach Zustellung der Aufnahmezusage möglichst nur noch wegen später bekannt gewordener Gründe verweigert werden sollte. Insoweit liegt aber nur ein in das Ermessen der Botschaft gestellte Einschränkung vor; die Bindungswirkung kann durchbrochen werden. Auf der anderen Seite wird Außenwirkung (vgl. § 35 VwVfG) dadurch dokumentiert, dass die Aufnahmezusage den jüdischen Emigranten zugestellt wird. Auch enthält sie insofern eine Bindungswirkung, als die für die Durchführung der Zuwanderung erforderliche Bereitstellung eines Aufnahmeplatzes im Inland nun für einen bestimmten Zeitraum zugesagt wird. Das Gericht neigt aber wegen des nur vorbereitenden Charakters der Aufnahmezusage – auch um Missverständnisse im Hinblick auf die Bindungswirkung in Bezug auf die materielle Berechtigung zu vermeiden – zu der Annahme, dass es sich um kein Verwaltungsakt handelt.

Wie aus dem Vorangegangenen deutlich wird, besteht noch eine eingeschränkte Bindungswirkung im Hinblick auf die Bereitstellung der erforderlichen Ressourcen für die Durchführung der Zuwanderung vorbehaltlich einer endgültigen Prüfung der materiellen Aufnahmeberechtigung für einen bestimmten Zeitraum. Damit handelt es sich bei der Aufnahmezusage um eine Maßnahme mit einem VA ähnlicher Bindungswirkung über und unter Verhältnis auf die jedenfalls § 48 VwVfG analog anwendbar ist (Kopp/Rammsauer VwVfG, 8. Aufl. § 48 Rnr. 8). Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die hier dargelegte Rechtsauffassung nicht für die in der Neufassung des § 23 Abs. 2 AufenthG (BGBl. I) erwähnte Aufnahmezusage des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge gilt.

Die Verlängerung der Aufnahmezusage durch die Auslandsvertretung war auch rechtswidrig, denn diese ist nur zulässig bei Vorliegen triftiger Gründe. Triftige Gründe lagen hier aber ein halbes Jahr nach dem Tod der vom Kläger gepflegten Mutter nicht mehr vor. Damit kann die Aufnahmezusage grundsätzlich zurückgenommen werden.

Da die Aufnahmezusage keine einmalige oder laufende Geldleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, fällt sie unter § 48 Abs. 3 VwVfG.