VGH Baden-Württemberg

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Zitieren als:
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.09.2007 - 11 S 561/07 - asyl.net: M11568
https://www.asyl.net/rsdb/M11568
Leitsatz:

Bei Anfechtung einer isolierten Abschiebungsandrohung ist in Verfahren der Hauptsache der gesetzliche Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG festzusetzen.

 

Schlagwörter: Abschiebungsandrohung, Zielstaatsbezeichnung, Staatsangehörigkeit, Berufungszulassungsantrag, ernstliche Zweifel, besondere tatsächliche Schwierigkeiten, besondere rechtliche Schwierigkeiten, Streitwert, Anfechtungsklage
Normen: VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1; VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 2; AufenthG § 59 Abs. 2; GKG § 52 Abs. 2
Auszüge:

Bei Anfechtung einer isolierten Abschiebungsandrohung ist in Verfahren der Hauptsache der gesetzliche Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG festzusetzen.

(Amtlicher Leitsatz)

 

Aus den von dem Kläger dargelegten Gründen bestehen - auch bei Beachtung verfassungsrechtlicher Anforderungen (BVerfG, Beschlüsse vom 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 - VBlBW 2000, 392 und vom 08.03.2001 - 1 BvR 1653/99 - DVBl. 2001, 894) - keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

Das Verwaltungsgericht hat vielmehr zutreffend dargelegt, dass die angefochtene Androhung der Abschiebung des Klägers in die Türkei rechtmäßig ist, ohne dass es hierfür entscheidend auf die Frage seiner tatsächlichen Staatsangehörigkeit(en) ankommt. Wesentlicher Bestandteil einer Abschiebungsandrohung ist der Zielstaat der Abschiebung, auf dessen Bezeichnung auch wegen der Schutzfunktion allenfalls bei Vorliegen einer atypischen Konstellation verzichtet werden darf (vgl. § 59 Abs. 2 Hs. 1 AufenthG und VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.06.1996 - 13 S 1281/95 - VBlBW 1996, 436). Da weder die Ausländerbehörde noch gegebenenfalls das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ohne entsprechende Anhaltspunkte gehalten ist, Abschiebungsverbote hinsichtlich aller Staaten der Welt zu prüfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.12.2001 - 1 C 11.01 - BVerwGE 115, 267), andererseits die Abschiebung effizient durchgeführt werden soll, sobald ein geeigneter Zielstaat ermittelt wurde, ist in der Abschiebungsandrohung zunächst selbst der Hinweis auf Abschiebung "in den Herkunftsstaat" möglich (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2000 - 9 C 42.99 - BVerwGE 111, 343) und hat der Gesetzgeber den allgemeinen Hinweis auf andere mögliche Zielstaaten in § 50 Abs. 2 Hs. 2 AuslG bzw. § 59 Abs. 2 Hs. 2 AufenthG geregelt (vgl. BT-Drs. 12/2062, S. 44 sowie Senatsbeschluss vom 13.09.2007 - 11 S 1684/07 -). Rechtlich zulässig ist es zudem, zugleich mehrere Zielstaaten der Abschiebung alternativ in der Abschiebungsandrohung zu bezeichnen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 04.03.1999 - 13 S 742/98 - NVwZ Beilage 1999, 84).

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass eine Abschiebungsandrohung grundsätzlich nicht deshalb rechtswidrig sein kann, weil der Ausländer nicht die Staatsangehörigkeit des bezeichneten Zielstaates besitzt. Das Bundesverwaltungsgericht hat so auch überzeugend entschieden, dass der in der Abschiebungsandrohung nach § 50 Abs. 2 Hs. 1 AuslG bzw. § 59 Abs. 2 Hs. 1 AufenthG zu bezeichnende Zielstaat nicht mit dem Staat identisch sein muss, dessen Staatsangehörigkeit der Ausländer besitzt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 01.09.1998 - 1 B 41/98 - InfAuslR 1999, 73, und vom 29.06.1998 - 9 B 604/98 - juris). Der Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung an.

Für die Bemessung des Streitwerts einer Anfechtungsklage gegen eine isolierte Abschiebungsandrohung nach dem Aufenthaltsgesetz gilt nach Auffassung des Senats nichts Anderes als im Falle eines Verpflichtungsbegehrens auf Aussetzung der Abschiebung (Duldung). Insoweit entspricht es ständiger Rechtsprechung des Senats, in Verfahren der Hauptsache den gesetzlichen Auffangwert nach § 52 Abs. 2 GKG und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes den halben Betrag dieses Wertes festzusetzen, wobei der Senat der anderweitigen Empfehlung in Nr. 8.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 07./08.07.2004 in Leipzig beschlossenen Änderungen (NVwZ 2004, 1327) nicht folgt (ausführlich: Senatsbeschluss vom 27.02.2002 - 11 S 2554/01 - AuAS 2002, 101 und juris, m.w.N.).