VG Wiesbaden

Merkliste
Zitieren als:
VG Wiesbaden, Beschluss vom 15.06.2007 - 8 G 732/07.A - asyl.net: M11532
https://www.asyl.net/rsdb/M11532
Leitsatz:

Eine unmittelbar bevorstehende Eheschließung ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn der Standesbeamte die Antragsunterlagen an den für die Entscheidung über den Antrag auf Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses zuständigen Präsidenten des Oberlandesgerichts weitergeleitet hat.

 

Schlagwörter: D (A), Duldung, Abschiebungshindernis, inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse, beabsichtigte Eheschließung, Schutz von Ehe und Familie
Normen: VwGO § 123 Abs. 1; AufenthG § 60a Abs. 2; GG Art. 6 Abs. 1
Auszüge:

Eine unmittelbar bevorstehende Eheschließung ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn der Standesbeamte die Antragsunterlagen an den für die Entscheidung über den Antrag auf Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses zuständigen Präsidenten des Oberlandesgerichts weitergeleitet hat.

(Amtlicher Leitsatz)

 

Der gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch begründet.

Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen der bevorstehenden Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen und einer daraus resultierenden Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60 a Abs. 2 AufenthG kommt nur dann in Betracht, wenn die Eheschließung im Bundesgebiet unmittelbar bevorsteht. In Vorwirkung der Eheschließungsfreiheit aus Art. 6 Abs. 1 GG ist eine unmittelbar bevorstehende Eheschließung anzunehmen, wenn der Eheschließungstermin feststeht oder jedenfalls verbindlich bestimmbar ist (OVG Hamburg, Beschluss vom 04.04.2007 - 3 Bs 28/07 -, zitiert nach juris). Sind die Vorbereitungen in dem Verfahren der Eheschließung bereits soweit vorangeschritten, dass die Anmeldung der Eheschließung (§ 4 PStG) vorgenommen wurde, die Verlobten die gemäß § 5 Abs. 1 und 2 PStG von dem Standesbeamten geforderten Urkunden beschafft haben und bei der Prüfung der Ehefähigkeit von ausländischen Verlobten ein Antrag auf Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses gestellt wird, ist eine unmittelbar bevorstehende Eheschließung grundsätzlich dann zu vermuten, wenn dem Standesbeamten im Hinblick auf den gestellten Befreiungsantrag alle aus seiner Sicht erforderlichen Unterlagen vorliegen (vgl. Nr. 60a. 2.3 i.V.m. Nr. 30.0.6 der vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum Aufenthaltsgesetz und zum Freizügigkeitsgesetz/EU v. 22.12.2004; so bereits Nr. 55.2.3 i.V.m. Nr. 18.0.1 AuslG-VwV; VGH München, Beschluss vom 20.04.2006 - 19 CE 06.981 -; OVG Sachsen, Beschluss vom 16.05.2006 - 3 BS 61/06 -; alle zitiert nach juris). Dies ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Standesbeamte die Antragsunterlagen an den für die Entscheidung über den Antrag auf Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses zuständigen Präsidenten des Oberlandesgerichts weitergeleitet hat (vgl. GK-AufenthG, Rdnr. 89 zu § 27 AufenthG), da dem Standesbeamten gemäß § 5 a Satz 1 PStG die Vorbereitung dieser Entscheidung obliegt und er die hierfür notwendigen Nachweise von den Verlobten anzufordern hat. Stellt sich im weiteren Verfahrensgang jedoch heraus, dass eine Entscheidung des Präsidenten des Oberlandesgerichts deshalb nicht ergehen kann, weil der Standesbeamte diese nur unzureichend vorbereitet hat und es noch an Unterlagen fehlt, die von den Verlobten auch beigebracht werden können, ist die Vermutung der unmittelbar bevorstehenden Eheschließung bis zu dem Zeitpunkt, in dem die für die Entscheidung über den Antrag noch fehlenden Unterlagen nachgereicht worden sind, widerlegt.

In Anwendung dieser Grundsätze steht die beabsichtigte Eheschließung unmittelbar bevor, da der Standesbeamte die Unterlagen bereits an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main weitergeleitet hat und nach telefonischer Auskunft des zuständigen Bearbeiters am Oberlandesgericht Frankfurt am Main alle erforderlichen Unterlagen im Verfahren auf die Befreiung vom Ehefähigkeitszeugnis, die bislang nicht erteilt wurde, beigebracht wurden. Ausstehend ist allein die Vorlage der ausländerbehördlichen Unterlagen zur Prüfung, ob von dem Antragsteller jemals Alias-Namen oder unterschiedliche Geburtsdaten angegeben wurden. Die Beschaffung dieser Unterlagen steht jedoch nicht in der Macht der Verlobten (Hailbronner, AuslR, Rdnr. 30 zu § 60 a AufenthG).