VG Arnsberg

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Zitieren als:
VG Arnsberg, Urteil vom 26.04.2007 - 3 K 1264/06.A - asyl.net: M11437
https://www.asyl.net/rsdb/M11437
Leitsatz:
Schlagwörter: Serbien, Kosovo, Widerruf, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Krankheit, multiple Erkrankungen, medizinische Versorgung, Finanzierbarkeit
Normen: AsylVfG § 73 Abs. 3; AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Die Voraussetzungen des allein als Ermächtigungsgrundlage für den Widerrufsbescheid in Betracht kommenden § 73 Abs. 3, 2 Alt. AsylVfG liegen nicht vor.

Grundlage des Verpflichtungsurteils vom 18. Oktober 2004 war zunächst die Annahme, der Kläger leide an Herz-, Nerven- und orthopädischen sowie einer Vielzahl von weiteren Krankheiten, sei daher auf dauerhafte und intensive ärztliche sowie medikamentöse Behandlung angewiesen und müsse ohne die erforderliche Behandlung mit einer lebensbedrohlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes rechnen. Diese Sachlage hat sich nachträglich nicht so wesentlich und nachhaltig gebessert, dass eine Durchbrechung der Rechtskraft des Urteils vom 18. Oktober 2004 gerechtfertigt wäre. Die Kammer hegt angesichts der im vorliegenden Verfahren vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen und Bescheinigungen sowie insbesondere aufgrund des persönlichen Eindrucks vom gesundheitlichen Zustand des Klägers in der mündlichen Verhandlung und dessen Schilderungen bezüglich seines aktuellen Krankheitsbildes keine Zweifel daran, dass dieser – weiterhin – an einer derartigen Vielzahl verschiedenster – gravierender – Erkrankungen leidet, die eine intensive, dauerhafte medizinische Betreuung sowie medikamentöse Therapie erfordern und dass ein Ausbleiben der erforderlichen Behandlung zu existentiellen Gesundheitsgefahren führen würde. Zwar teilt die Kammer die Auffassung der Beklagten, dass die Wiederherstellung der medizinischen Grundversorgung der Bevölkerung im Kosovo in der Vergangenheit immer weiter vorangeschritten ist und viele Erkrankungen inzwischen auch dort behandelt werden können. Ob dies allerdings auch auf das äußerst komplexe und vielschichtige Krankheitsbild des Klägers – der im übrigen seit dem Jahr 2005 als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von 70% anerkannt worden ist – zutrifft, erscheint jedoch äußerst zweifelhaft. Jedenfalls aber ist im Hinblick auf die dem Urteil vom 18. Oktober 2004 und auch dem Bescheid vom 3. Dezember 2004 zugrundeliegende Einschätzung, dass die für den Kläger erforderliche Behandlung wegen fehlender finanzieller Mittel tatsächlich nicht erreichbar sein dürfte, keine wesentliche Sachlagenänderung eingetreten.

Im übrigen hat der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt, dass er derzeit auf die tägliche Einnahme von 21 verschiedenen Präparaten angewiesen ist, die gerade nicht sämtlich in der Essential Drugs List aufgeführt und damit grundsätzlich kostenfrei an bestimmte Patientengruppen abgegeben werden (vgl. Bundesamt, Loseblattwerk "Serbien und Montenegro (inkl. Kosovo)", 9. Gesundheitswesen, Juni 2004, S. 45 ff.).