Stellt ein Ausländer nicht rechtzeitig den Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis und tritt dadurch eine Unterbrechung des Besitzes der Aufenthaltserlaubnis ein, so ist zwar nicht die Zeit der Unterbrechung zu berücksichtigen, wohl aber die Zeiten des Besitzes der Aufenthaltserlaubnis vor der Unterbrechung bei der Berechnung der Aufenthaltsdauer nach § 26 Abs. 4 AufenthG oder § 9 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG.
Stellt ein Ausländer nicht rechtzeitig den Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis und tritt dadurch eine Unterbrechung des Besitzes der Aufenthaltserlaubnis ein, so ist zwar nicht die Zeit der Unterbrechung zu berücksichtigen, wohl aber die Zeiten des Besitzes der Aufenthaltserlaubnis vor der Unterbrechung bei der Berechnung der Aufenthaltsdauer nach § 26 Abs. 4 AufenthG oder § 9 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG.
(Leitsatz der Redaktion)
Die Beschwerde bleibt im Ergebnis ohne Erfolg, weil derzeit nicht erkennbar ist, dass das auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis gerichtete Klagebegehren hinreichende Erfolgsaussichten hat (§§ 166 VwGO, 114 ZPO).
Dies ergibt sich allerdings entgegen der Auffassung der Beklagten und des Verwaltungsgerichts nicht bereits daraus, dass die für die Anwendung des § 26 Abs. 4 AufenthG erforderlichen Besitzzeiten einer Niederlassungserlaubnis zum Zeitpunkt des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis am 19. August 2005 nicht erfüllt waren. Vielmehr dürfte die Klägerin zu diesem Zeitpunkt mehr als neuneinhalb Jahre anrechenbare Zeiten aufzuweisen haben. Die Auffassung, diejenigen Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis würden für die Berechnung entfallen, die vor einer Unterbrechung des Besitzes etwa aufgrund verspäteter Antragstellung liegen, erscheint nicht zutreffend. Vielmehr spricht Überwiegendes dafür, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und der Beklagten in solchen Situationen § 85 AufenthG dergestalt angewendet werden kann, dass die Zeit der Unterbrechung nicht auf die Zeit des Besitzes angerechnet wird, vorangegangene Besitzzeiten aber berücksichtigungsfähig bleiben (für Anwendbarkeit von § 85 AufenthG Jakober/Welte, Aktuelles Ausländerrecht, § 26 AufenthG Rdnr. 20 und zur entsprechenden Problematik bei § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG: § 9 Rdnr. 28; Hailbronner, Ausländerrecht, § 26 AufenthG Rdnr. 18 und § 9 Rdnr. 9; a. A. VG Hamburg, Urteil vom 17.02.1998 - 10 VG 249/97 - juris, zu den Vorgängervorschriften der §§ 35, 97 AuslG).
Der Zweck des § 26 Abs. 4 AufenthG besteht – ebenso wie etwa das Erfordernis nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG – darin, nach langjährigem legalem Aufenthalt die Möglichkeit einer Aufenthaltsverfestigung zu eröffnen (siehe Jakober/Welte, a.a.O., Rdnr. 19) und dieser Zweck entfällt nicht durch kurze Unterbrechungen, die durch – etwa versehentlich – geringfügig verspätete Beantragung einer Verlängerung entstehen. Dieser Sichtweise steht auch nicht der Umstand entgegen, dass der Gesetzgeber in § 26 Abs. 4 AufenthG – ebenso wie in § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG – ausdrücklich auf den Besitz eines Aufenthaltstitels und nicht auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts abstellt. Denn durch die Anwendung des § 85 AufenthG in der beschriebenen Weise werden nicht Zeiten ohne Besitz einer Aufenthaltserlaubnis auf die erforderlichen Wartefristen angerechnet, sondern es werden Unbilligkeiten vermieden, die sich ansonsten bei formalen Nachlässigkeiten des Ausländers ergeben würden. Auf die Bereinigung von geringfügigen Ordnungsverstößen ist aber die Vorschrift des § 85 AufenthG gerade zugeschnitten. Die Anwendung des § 85 AufenthG auf die Situation der hiesigen Klägerin ist schließlich nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Vorschrift erst am 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist. Vorher galt nämlich die gleichlautende Vorgängervorschrift des § 97 AuslG.
Gleichwohl ist derzeit nicht erkennbar, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG vollständig vorliegen.
Es kann jedoch nicht prognostiziert werden, dass der Lebensunterhalt gesichert ist oder angenommen werden, dass die Klägerin von der Erfüllung dieser Voraussetzung wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung suspendiert ist (§ 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 6 und Satz 3 AufenthG). Vielmehr deuten die vorgelegten Belege zum Prozesskostenhilfeantrag darauf hin, dass der Lebensunterhalt der Klägerin nicht gesichert ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann von diesem gesetzlichen Erfordernis auch nicht pauschal unter Hinweis auf ihr Alter abgesehen werden. Vielmehr muss für eine Abweichung im Einzelfall eine körperliche, geistige oder seelische Krankheit oder Behinderung maßgebend sein, die auch altersbedingt sein kann und eine Sondersituation im Einzelfall darstellt (siehe Jakober/Welte, a.a.O., § 26 Rdnr. 27). Die Nachweise hierfür hat die Klägerin zu führen (§ 82 Abs. 1 AufenthG).